Sexuelle Belästigung? Opposition will mehr Aufklärung
dpa/lsw Stuttgart. SPD und FDP im Landtag fordern eine konsequentere Aufklärung der Vorwürfe gegen Führungskräfte wegen sexueller Belästigung in der baden-württembergischen Landespolizei. Es verfestige sich der Eindruck, dass bekannt gewordene mutmaßliche Verfehlungen nur die Spitze des Eisbergs seien, sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke am Donnerstag in Stuttgart. „Ja mehr nachgebohrt wird, desto mehr kommt raus.“ Rülke drohte der Landesregierung und Innenminister Thomas Strobl (CDU) mit einem Untersuchungsausschuss. Es gehe darum, was die politische Führung wusste und ob etwas vertuscht wurde. Strobl kläre nur mit einer Salamitaktik auf, proaktiv werde nicht gehandelt, kritisierte Rülke.
Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit in zwei Fällen gegen Polizisten - einmal gegen einen ehemaligen Ausbilder einer Polizeischule, der sich als Ausbilder systematisch jungen Polizeischülerinnen genähert zu haben. Er soll bei Festen regelmäßig Kontakt zu angetrunkenen jungen Beamtinnen gesucht haben, teilweise hätten diese die Feier dann mit ihm verlassen. Die Vorfälle hätten sich demnach an der Landespolizeischule in Böblingen ereignet. Dem Ausbilder sei der Ruf vorausgeeilt, es könne von Vorteil sein, wenn junge, hübsche Polizeischülerinnen „nett“ zu ihm seien.
Seit November schon sorgt ein weiterer Fall wegen Verdachts der sexuellen Belästigung für Wirbel bei der Polizei. Die Staatsanwaltschaft ermittelt dabei gegen einen führenden Polizisten der baden-württembergischen Polizei. Der Mann soll eine Hauptkommissarin dem Vernehmen nach in einem Videochat mit seinen Vorstellungen sexueller Praktiken belästigt haben.
Auch die SPD-Fraktion forderte eine konsequentere Sachaufklärung. Man sehe die Geschehnisse mit großer Besorgnis, sagte Fraktionschef Andreas Stoch am Donnerstag. Er rechne mit weiteren Fällen. Man müsse erfahren, wie weit das Phänomen reiche. Es deute sich an, dass es nicht nur um Einzelfälle gehe. Das Innenministerium erkenne die Dimension des Problems in keiner Weise. Das reaktive Bedauern von Strobl sei zu wenig, sagte Stoch. Der Forderung nach einem Untersuchungsausschuss wolle sich die SPD zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht anschließen. Man wolle nicht gleich zum schärfsten Schwert greifen, sagte Stoch.
© dpa-infocom, dpa:220113-99-697827/3