Hofnarr-Debatte bei Sandra Maischberger
„Sie glauben, dass Olaf Scholz Herrn Chialo ein Kompliment gemacht hat?“
Auf einer Geburtstagsfeier hat Bundeskanzler Olaf Scholz den schwarzen Berliner Kultursenator Joe Chialo als „Hofnarr“ bezeichnet. Im Talk bei Sandra Maischberger wurde der Vorfall von den Gästen ganz unterschiedlich eingeordnet.

© AFP/TOBIAS SCHWARZ
Der Berliner Kultursenator Joe Chialo – vom Kanzler rassistisch beleidigt oder nur rüde angegangen?
Von Sascha Maier
Die Fakten liegen auf dem Tisch: Auf einer privaten Geburtstagsfeier mit rund 300 Gästen hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) vor knapp zwei Wochen als Hofnarr bezeichnet. Das räumte der Kanzler auch ein, will seine Aussage aber keinesfalls rassistisch verstanden wissen – was ihm die CDU wiederum vorwirft.
Scholz geht auch juristisch gegen solche Aussagen vor, die ihm rassistische Absichten unterstellen. Nachdem der Vorfall am Mittwochnachmittag Schlagzeilen gemacht hatte, wurde das Thema am Abend auch im Talk bei Sandra Maischberger im Ersten diskutiert. Dabei interpretierten die Gäste den Vorfall sehr unterschiedlich.
Nachdem die Ereignisse zu Beginn der Sendung kurz rekapituliert wurden, lieferte der Moderator und Politikjournalist Theo Koll die erste Einordnung: „Das Wort Hofnarr finde ich in jedem Fall unangemessen“ – unabhängig davon, ob nun ein rassistischer Zusammenhang vorliege – weil Chialo schwarz ist – oder nicht. Der Begriff sei mit so vielen abschätzigen Konnotationen verbunden, dass der Kontext unerheblich sei.
Beleidigung ja – aber Rassismus?
Die „taz“-Wirtschaftskorrespondentin Ulrike Herrmann nahm Scholz zumindest soweit in Schutz, dass sie die Rassismus-Anklage für komplett konstruiert halte. Im Gegenteil: „Die Aufgabe des Hofnarren ist es, dem Herrschenden die Meinung des Volkes mitzuteilen, in Form von Witzen, dass er das annehmen konnte.“ Maischberger unterbrach Herrmann: „Aber es ist jetzt nicht so, dass sie glauben, dass Olaf Scholz Herrn Chialo ein Kompliment gemacht hat?“ Herrmann verneinte dies: „Nein, ich denke auch, dass das als Beleidigung gemeint war.“ Aber man müsse unterscheiden zwischen Rassismus und einer „nicht freundlichen Beleidigung“.
Miriam Lau, Politikredakteurin der Wochenzeitung „die Zeit“, sah dagegen in der „herablassenden“ und „abschätzigen“ Art, in der Scholz Chialo behandelt hatte, zumindest die Möglichkeit rassistischer Zwischentöne, auch wenn sie vielleicht unbeabsichtigt waren. Begriffe wie „Feigenblatt“ – ein Begriff, der neben „Hofnarr“ ebenfalls auf der Party gefallen ist – würde sie als Mensch mit Migrationshintergrund kennen. Das sei vergleichbar damit, als „Token“ bezeichnet zu werden. Also jemand, der aufgrund seiner Herkunft für etwas instrumentalisiert wird, für das er gar nicht stehen will.
Die Frage nach dem „Laschet-Moment“
Von einem „Laschet-Moment“, in Anlehnung an den unpassenden Lacher des CDU-Politikers in einem Flutgebiet kurz vor der Bundestagswahl 2022, der einen Kipppunkt für die Union darstellte, wollten die ZDF-Experten aber zumindest noch nicht sprechen. Dennoch bemerkte Lau: „Die Umfragen beeinflusst das vielleicht nicht, aber für jemanden, der mal mit dem Slogan ,Respekt’ angetreten ist, macht das nicht einen so guten Eindruck.“ Der SPD im Wahlkampfendspurt förderlich, da waren sich alle einig, war die Entgleisung des Kanzlers aber nicht.
Die ganze Sendung ist hier verfügbar.
Inzwischen hat sich auch Joe Chialo selbst zu den Vorgängen geäußert. In einem schriftlichen Statement teilte er der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit, Scholz’ Worte als „herabwürdigend und verletzend“ empfunden zu haben. Er halte Scholz trotzdem nicht für einen Rassisten. Nach einem Telefonat am Mittwochabend sei die Angelegenheit für ihn nun aber erledigt. Ob das auch für die Union im Wahlkampfmodus gilt, bleibt abzuwarten.