Tod von drei Teenagern in Pforzheim

„Sie sollen in Ruhe trauern können“ – Frau sammelt Spenden für Familien

Der mutmaßliche Suizid von drei Teenagern bewegt die Menschen in und um Pforzheim. Anna Bobyr kennt die Eltern eines Mädchens und hat eine Spendenaktion für alle drei Familien gestartet.

Anna Bobyr  möchte sich nicht mit  Gesicht in der Zeitung zeigen. Sie wolle nur helfen, die Spendenaktion soll im Vordergrund stehen, sagt die 46-jährige Mutter.

© STZN/Dürr

Anna Bobyr möchte sich nicht mit Gesicht in der Zeitung zeigen. Sie wolle nur helfen, die Spendenaktion soll im Vordergrund stehen, sagt die 46-jährige Mutter.

Von Florian Dürr

Das Schlimmste, was Eltern passieren kann, sagt Anna Bobyr, „ist, das eigene Kind zu beerdigen“. Die 46-jährige Mutter will sich nicht ausmalen, was die Familien der drei toten Mädchen gerade durchmachen. Am vergangenen Donnerstag hat ein Passant die Jugendlichen leblos vor einem Aussichtsturm bei Pforzheim gefunden – sie haben sich mutmaßlich mit einem Sprung von dem 40 Meter hohen Bauwerk das Leben genommen.

Anna Bobyr kannte eines der Mädchen. „Sie war ein Engel – und wird ein Engel bleiben“, sagt die 46-Jährige: „Ein liebes Kind.“ Was genau passiert ist, kann sich auch Bobyr nicht erklären, Anzeichen habe es im Vorfeld nicht gegeben, auch nicht für die Eltern, erzählt sie am Montagmittag vor den Kerzen und Blumen, die Trauernde am Absperrgitter vor dem Turm abgelegt haben.

„Kinder würdevoll bestatten und finanzielle Last etwas lindern“

Wenigstens eine Last will Bobyr den Eltern aber nun abnehmen: „Wenn du so etwas Grausames erlebst, dann kannst du nicht auch noch ans Geld denken, das ist noch mehr Stress“, sagt die 46-Jährige: „Ich will, dass sie in Ruhe trauern können.“ Deshalb hat Bobyr am vergangenen Sonntag eine Spendenaktion gestartet – und innerhalb kurzer Zeit knapp 9000 Euro zusammenbekommen.

„Dieser Spendenaufruf soll die Familien dabei unterstützen, ihre Kinder würdevoll zu bestatten und ihre finanzielle Last etwas zu lindern“, heißt es auf der Internetseite der Spendenkampagne. Um den Link weiterzuverbreiten, ist Bobyr im Austausch mit der Stadt und allen Gymnasien in Pforzheim. Am Ende soll das eingesammelte Geld auf das Konto des Pforzheimer Gymnasiums, an dem die Mädchen die 8. Klasse besuchten, überwiesen werden – und allen drei hinterbliebenen Familien zugutekommen.

Bobyrs Großmutter: „Für alles andere finden wir einen Weg“

„Ich will einfach helfen“, sagt Bobyr. Auch um selbst das Unerklärliche zu verarbeiten. Ihre Botschaft an junge Menschen: „Wenn du Probleme hast, dann kannst du immer kommen, zu Freunden, zur Familie, zu Lehrern.“ Die 46-Jährige ist überzeugt, dass „man immer was machen kann“. Immer wieder muss die Mutter in den vergangenen Tagen an die Worte ihrer Großmutter denken: „Meine Oma hat immer gesagt: ‚Erst wenn du unter der Erde bist, gibt es keinen Weg mehr zurück. Für alles andere finden wir einen Weg’“.

Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222 und unter https://ts-im-internet.de/ erreichbar. Eine Liste mit Hilfsangeboten findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention: https://www.suizidprophylaxe.de/

Der Aussichtsturm „Hohe Warte“ ist 40 Meter hoch.

© STZN/Dürr

Der Aussichtsturm „Hohe Warte“ ist 40 Meter hoch.

Wegen der drei tot aufgefundenen Teenager ist der Turm vorübergehend geschlossen.

© STZN/Dürr

Wegen der drei tot aufgefundenen Teenager ist der Turm vorübergehend geschlossen.

Vor dem Absperrgitter wird mit  Blumen und Kerzen an die Jugendlichen gedacht.

© STZN/Dürr

Vor dem Absperrgitter wird mit Blumen und Kerzen an die Jugendlichen gedacht.

„Die gemeinsame Zeit wird immer in meinen Erinnerungen bleiben“, schreibt eine Trauernde auf zwei Kerzen.

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„Die gemeinsame Zeit wird immer in meinen Erinnerungen bleiben“, schreibt eine Trauernde auf zwei Kerzen.

Fabijan Perkovic, Vater von zwei Kindern im Teenager-Alter, hat sich am Montag in der Mittagspause den Turm noch einmal genauer angeschaut. Er fordert mehr Sicherheit.

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Fabijan Perkovic, Vater von zwei Kindern im Teenager-Alter, hat sich am Montag in der Mittagspause den Turm noch einmal genauer angeschaut. Er fordert mehr Sicherheit.

Der Turm wurde vor 22 Jahren erbaut.

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Der Turm wurde vor 22 Jahren erbaut.

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Erstellt:
3. Dezember 2024, 16:54 Uhr
Aktualisiert:
4. Dezember 2024, 15:26 Uhr

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