Phlegräische Felder
Erdbeben als Warnzeichen für Ausbruch von Europas Supervulkan?
Der größte aktive Supervulkan Europas unter den Phlegräischen Feldern macht Sorgen. Ein Ausbruch hätte verheerende Folgen – für Italien, Europa und die Welt.

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Das malerische Bild mit Sonnenaufgang und rauchenden Schloten trügt: Unter der Erde der Phlegräischen Felder im Großraum von Neapel brodelt einer der gefährlichsten und größten Supervulkane der Erde.
Von Markus Brauer
Das Gebiet um die süditalienische Großstadt Neapel war zuletzt am 16. Februar und 13. März 2025 von mehreren Erdbeben erschüttert worden. Das Nationale Institut für Geophysik und Vulkanologie (Istituto Nazionale di Geofisica e Vulcanologia/INGV) verortete das heftigste Beben mit einer Stärke von 3,9 gegen 15.30 Uhr im Westen der Stadt bei dem Supervulkan der Phlegräischen Felder.
Beunruhigende neue Studie
Das Istito Nazionale di Geofisica e Vulcanologia hatte im Februar eine Pressemitteilung über mehrere neue Studien im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht, die wenig zur Beruhigung beitragen dürften.
Die „Nature“-Studien sind von einer Gruppe von Vulkanologen des INGV in Zusammenarbeit mit dem Institut für elektromagnetische Umwelterfassung (CNR) in Neapel durchgeführt worden. Sie haben die vulkanisch-tektonischen Bebensequenzen identifiziert, die durch sehr kurze Zeitintervalle zwischen den Erdstößen gekennzeichnet sind und die seit Anfang 2021 immer häufiger in der Region um Neapel auftreten.
Inchiesta Esclusiva Gospa News“CAMPI FLEGREI: SUPERVULCANO A RISCHIO ERUZIONE”. Allarmante Studio su Nature Geoscience sull’Agitazione della CalderaLa Settima più grande del Mondohttps://t.co/C00CyoI4dqpic.twitter.com/VST4NtvUCD — ⛔LVOGRUPPO.COM⛔ (@LVOGRUPPOBIS) March 26, 2025
Bebeschwärme kündigen drohendes Unheil an
Forscher bezeichnen diese Schwarmbeben als „Burst-like swarms“ (ausbruchartige Schwärme). Die Abstände zwischen den einzelnen Beben sind so kurz, dass die einzelnen Erdstöße im Seismogramm oft nur schwer zu identifizieren sind.
Die Campi Flegrei, wie sie auf Italienisch heißen, sind ein Gebiet in der süditalienischen Region Kampanien mit hoher vulkanischer Aktivität. Das etwa 150 Quadratkilometer große Areal bereitet Forschern schon seit Jahren sehr große Sorgen. Denn die Phlegräischen Felder befinden sich recht nah an ihrem bekannteren Nachbarn – dem Vesuv. Die Felder zeichnen sich durch ein seit über 80.000 Jahren aktives Vulkangebiet mit mehreren vulkanischen Zentren aus.
Mögliche Vorläufer von phreatischen Explosionen?
Auch beim großen Beben der Magnitude 4,6 am 13. März 2025 im Raum der Phlegräischen Felder stellten die Forscher fest, dass es sich um zwei Stöße handelte, die in sehr schneller Folge auftraten.
„In diesem Zusammenhang haben einige Forscher Burst-Schwärme als mögliche Vorläufer von phreatischen Explosionen interpretiert, insbesondere wenn sie zusammen mit niederfrequenten und hybriden seismischen Ereignissen aufgezeichnet wurden“, schreibt das INGV.
Zur Info: Eine phreatische Explosion, auch hydrovulkanische oder hydromagmatische Dampfexplosion genannt, ist eine vulkanische Explosion, die aus einer Wasserdampfexplosion im Zusammenhang mit magmatischer Tätigkeit resultiert.
Campi Flegrei in Italy increase in seismic activity is linked to the buildup of magma or gas beneath the Earth’s surface. The area’s proximity to Mount Vesuvius further compounds the tension.#CampiFlegrei#Italy#Naples#Terremoto#volcanic#phlegraeanfields#Vesuviuspic.twitter.com/Pw0u0TmNNR — Chyno News (@ChynoNews) March 22, 2025
Wie lange hält das Deckgestein noch dem Druck aus der Tiefe stand?
Dem INGV zufolge legen die „Nature“-Studien nahe, „dass auch die ausbruchsartigen vulkanischen Bebenschwärme der Phlegräischen Felder als spröde Reaktion des Gesteins auf den Anstieg des Flüssigkeitsdrucks im hydrothermalen System interpretiert werden können“.
Der Druck setze das Krustengestein einer Spannung aus, die eine Dehnung bewirke. Das wiederum könnte die Gesteinsdecke so schwächen, sodass sie dem immensen Dampfdruck aus der Tiefe nicht mehr standhält. Die Burst-Schwärme wurden vor allem im Gebiet des bekannten Kraters der Solfatara beobachtet.
Besonders große Magmakammer unter dem Supervulkan
Auf den ersten Blick unauffällig sind aus der Luft die zahlreichen Explosionskrater zu sehen: Fumarole – also vulkanische Dampfaustrittsstellen – sowie kochend heiße Thermalquellen lassen darauf schließen, dass es unter der Erde heftig rumort.
Den Vulkanologen zufolge wird die Erdoberfläche der Phlegräischen Felder zunehmend schwächer und anfälliger für Risse. Supervulkane wie die Campi Flegrei zeichnen sich durch eine besonders große Magmakammer aus. Anders als normale Vulkane brechen sie nicht nur aus, sondern explodieren regelrecht. Statt eines Vulkankegels, also eines Berges, hinterlassen sie nach einem Ausbruch einen riesigen Krater. Dieser wird als Caldera bezeichnet.
Warum brechen Vulkane aus?
Vulkane, die nach langer Ruhe wieder erwachen, müssen die in den Jahren der Ruhe gewachsene dicke Kruste zunächst aufbrechen, um das Magma ausstoßen zu können. Einem solchen Bruch gehen eben dieses wiederholte Heben und Senken sowie vulkanische Beben voraus.
Genau das passiert den Forschern zufolge momentan unter den Phlegräischen Feldern. Ein Bruch der Erdkruste würde zur Eruption führen.
Wie verheerende wäre ein Ausbruch?
Die Sorge vor einem Ausbruch ist deshalb so groß, weil die Auswirkungen verheerend sein könnten – und das nicht nur für die unmittelbare Umgebung. Bei einem Ausbruch vor rund 40.000 Jahren wurde eine enorme Menge an Asche in die Atmosphäre geschleudert, die das Klima nicht nur regional, sondern weltweit massiv beeinflusste.
Dasselbe geschah erneut vor circa 15.000 Jahren. Der letzte Ausbruch ereignete der Phlegräischen Felder sich im Jahr 1538.
Bei einer solchen Supereruption könnten binnen kürzester Zeit Tausende oder gar Zehntausende Kubikkilometer Lava, Asche und Schwefelgase ausgestoßen werden. Durch die enorme Zerstörungskraft würde nicht nur ein großes Gebiet zerstört, sondern auch das Weltklima massiv beeinflusst.
Könnte ein vulkanischer Winter in Europa folgen?
Gigantische Mengen an Staub und Gasen würden in die Atmosphäre katapultiert, so dass es zu einem vulkanischen Winter käme, wie es schon öfters in der Erdgeschichte geschehen ist.
Die aus dem Schwefelgasen entstandenen Schwefelsäuretröpfchen sowie der Feinstaub würden einen undurchdringlichen Aerosol-Schleier bilden, der kein Sonnenlicht mehr durchdringen ließe.
Die Folge: Die Temperaturen weltweit würden rapide abfallen, so dass Jahre ohne Sommer mit veränderten Wettermustern, Missernten und Hungersnöten drohten.