Bundestagswahl einfach erklärt

So funktioniert die Wahl 2025: Sitzverteilung, Direktmandate und Co.

Die Wahlrechtsreform wird das Parlament verkleinern. Das hat Folgen für die Bundestagswahl 2025. Fragen und Antworten zu Erst- und Zweitstimmen, Wahlkreisen und mehr.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): Die Ampel-Koalition ist zerbrochen, Deutschland steht vor Neuwahlen.

© dpa/Kay Nietfeld

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): Die Ampel-Koalition ist zerbrochen, Deutschland steht vor Neuwahlen.

Von Karla Schairer

Am 23. Februar wählt Deutschland einen neuen Bundestag. 59,2 Millionen Menschen sind wahlberechtigt. Diese Bundestagswahl ist aus gleich zwei Gründen besonders: Es sind vorgezogene Neuwahlen, und zudem greift erstmals bei einer Bundestagswahl die Wahlrechtsreform.

Warum wird die Legislaturperiode des Bundestags verkürzt?

In Deutschland wird exakt alle vier Jahre ein neuer Bundestag gewählt. Zuletzt war dies im September 2021 der Fall, also würde es eigentlich im September 2025 wieder Wahlen geben. Nach dem Bruch der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigt, am 16. Dezember im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. Damit ist der Weg für die Neuwahl frei.

Bundestagswahl 2025: Was ändert sich durch die Wahlrechtsreform?

2025 greift erstmals bei einer Bundestagswahl die Wahlrechtsreform. Das bedeutet, dass es keine Überhangs- und Ausgleichsmandate mehr gibt. Dies kann bedeuten: Wahlkreis-Sieger können leer ausgehen.

Warum gab es die Wahlrechtsreform?

Der Bundestag wächst seit vielen Jahren. Eine Wahlrechtsreform soll unter anderem die Zahl der Abgeordneten dauerhaft auf 630 begrenzen. Seit Juni 2023 ist das neue Wahlgesetzt in Kraft.

Bundestagswahl 2025: Warum war die Reform umstritten?

Einzelne Wahlkreise könnten nach der Bundestagswahl 2025 nicht mehr durch Abgeordnete im Bundestag vertreten sein. Dadurch wird die Direktwahl künftig abgewertet. Daran gab es Kritik. 4000 Privatpersonen, die CSU und die Linke – beide Parteien hatten bei der Bundestagswahl 2021 stark von den Direktmandaten profitiert – klagten gegen die Reform vor dem Bundesverfassungsgericht. Dieses sah die Reform jedoch größtenteils als verfassungskonform an.

Warum ist der Bundestag so groß geworden?

Der Bundestag ist in den vergangenen Wahlperioden immer voller geworden. Gesetzlich lag seine Größe früher bei 598 Sitzen. Tatsächlich sind es zurzeit aber 736 Sitze, also 138 mehr als vorgesehen. Der Grund sind Überhangmandate und Ausgleichsmandate. Diese wird es nun erstmals nicht mehr geben.

Was sind Überhangmandate und Ausgleichsmandate?

Das Problem war vor der Reform Folgendes: Erhielt eine Partei über die Erststimmen (für einen Kandidaten oder eine Kandidatin) mehr Direktmandate, als ihr eigentlich über die zweite Stimme (Stimme für eine Partei) zustanden, kam es zu sogenannten Überhangmandaten. Diese wurden durch zusätzliche Sitze an die anderen Parteien ausgeglichen – die Ausgleichsmandate. Das sollte sicherstellen, dass zwar jeder über die Erststimmen direkt gewählte Abgeordnete im Bundestag sitzt, aber das Kräfteverhältnis bei den Zweitstimmen – mit denen man eine Partei wählt – trotzdem richtig war.

Wegen der zahlreichen Überhang- und Ausgleichsmandate war das Parlament immer weiter angewachsen.

Wie wirkt sich diese Änderung auf die Stimmen aus?

Kommt es nun bei der Wahl im Februar dazu, dass mehr Kandidaten einer Partei einen Wahlkreis gewinnen als ihrer Partei in dem Bundesland gemäß Zweitstimmen-Anteil Sitze im Bundestag zustehen, können nicht alle Direktkandidaten der Partei in den Bundestag einziehen. Es gehen diejenigen Wahlkreis-Sieger einer Partei leer aus, die in ihren Wahlkreisen im Vergleich zu innerparteilichen Konkurrenten in anderen Gebieten die schlechtesten Direktwahl-Ergebnisse eingefahren haben.

Bundestag: Warum 630 Sitze und nicht 598 Sitze?

Es gibt 299 Wahlkreise – gemessen an ihnen wäre die Standardgröße für den Bundestag 598 Sitze (doppelt so viele wie die Anzahl der Wahlkreise). Um zu verhindern, dass viele Direktkandidaten den Sprung nach Berlin verpassen, wurde die Parlamentsgröße auf 630 hoch gesetzt. Die zusätzlichen 32 Plätze wurden ihrer Einwohnerzahl entsprechend auf die Bundesländer verteilt.

Baden-Württemberg hat zum Beispiel 82 statt zuvor 76 feste Sitze im Bundestag. Die größere Anzahl an Sitzen steigert die Wahrscheinlichkeit für Wahlkreissieger ins Parlament zu kommen – eine Einzugsgarantie für alle Direktkandidaten mit dem höchsten Stimmenanteil im Wahlkreis ist das aber nicht.

Warum ist es gut, wenn der Bundestag kleiner ist?

Ein großes Parlament ist teurer. Unter anderem müssen mehr Abgeordnete und ihre Mitarbeitenden mit Steuergeld bezahlt werden. Dazu kommen Betriebs-, Instandhaltungs- und Verwaltungskosten. Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler, verwies auf Mehrkosten von mindestens 410 Millionen Euro in den kommenden vier Jahren im Vergleich zu einem Bundestag mit der gesetzlich vorgesehenen Mandatszahl von 598. Der kleinere Bundestag soll jährlich über 100 Millionen Euro günstiger sein als der alte.

Auch die Abgeordneten selbst befürworten ein kleineres Parlament: Zu große Fraktionen machen den Bundestag schwerfälliger. Zudem fehlt schlicht der Platz für so viele Abgeordnete.

Was sind Erst- und Zweitstimme?

Jeder Wählende hat bei der Bundestagswahl zwei Stimmen und macht also zwei Kreuze auf dem Wahlzettel. Dieses Wahlrecht nennt man „personalisiertes Verhältniswahlrecht“. Die eine Hälfte der Abgeordneten kommt über die Erststimme in den Bundestag, die andere über die Zweitstimme.

Mit der Erststimme wählt man den Kandidaten oder die Kandidatin aus seinem Wahlkreis. Wer die meisten Erststimmen in seinem Wahlkreis bekommt, erhält ein Direktmandat und kommt als Abgeordneter in den Bundestag. Alle anderen Kandidaten gehen leer aus. Dabei ist es egal, wie viele Stimmen die Partei des Kandidaten oder der Kandidatin bekommt. Deswegen werden sie auch Direktkandidaten genannt. Mit der Erststimme soll sichergestellt werden, dass jede Region in Deutschland im Bundestag vertreten ist.

Die Zweitstimme ist trotz dem Namens wichtiger als die Erststimme: Denn das zweite Kreuz entscheidet über die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag. Also: wie viele der insgesamt 630 Sitze einer Partei zustehen. Man entscheidet sich mit ihr für die Landesliste einer Partei, nicht für eine Person. Auf dieser Liste stehen die Kandidaten, die die Partei in den Bundestag schicken will. Dabei kommt es auf die Reihenfolge auf der Liste an: Wer oben steht, kommt eher dran. Um überhaupt in den Bundestag zu kommen, gibt es für Parteien die sogenannte Fünf-Prozent-Hürde. Eine Partei muss mindestens fünf Prozent aller Zweitstimmen oder drei Wahlkreise gewonnen haben, damit sie Abgeordnete in den Bundestag senden darf. Ist das nicht der Fall, verfallen die Zweitstimmen. Bei den Hochrechnungen am Wahlabend geht es auch um die Zweitstimmen.

Warum gibt es die Fünf-Prozent-Hürde?

Je mehr Parteien im Bundestag sind, desto schwerer können Entscheidungen getroffen werden. Denn mit vielen kleinen Parteien gibt es auch sehr viele Meinungen. Wenn alle etwas anderes wollen, ist es schwierig, sich zu einigen. So ist es auch schwer, eine stabile Regierung zu haben.

Grundmandate müssen bleiben

Die sogenannte Grundmandatsklausel sollte ursprünglich mit abgeschafft werden. Nach dem Gerichtsurteil im Sommer 2024 bleibt sie aber bestehen. Diese Klausel besagt, dass Parteien, die drei Direktmandate erringen, auf jeden Fall in den Bundestag einziehen, auch wenn sie weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten haben. Das könnte bei der Bundestagswahl 2025 womöglich auf die Linke zutreffen und das Ergebnis durcheinander würfeln. Derzeit liegt die Linke unter der Fünf-Prozent-Hürde, hat aber Chancen auf drei Direktmandate, unter anderem mit Gregor Gysi.

Bundestagswahl 2025: Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

  • Überhang- und Ausgleichsmandate werden abgeschafft.
  • Ein Sieg in einem Wahlkreis ist nicht unbedingt gleichbedeutend mit dem Einzug in den Bundestag.
  • Verteilung der Sitze im Bundestag gemäß Zweitstimmenanteil: Wahlkreis-Siegermit dem schlechtesten Direktwahl-Ergebnis gehen gegebenfalls leer aus.
  • Erhöhung der „regulären“ Sitze des Bundestags von 598 auf 630.
  • Grundmandatsklausel bleibt erhalten (mindestens drei Direktmandate statt Fünf-Prozent-Hürde).

Wo kann ich wählen?

Wählerinnen und Wähler können ihre beiden Stimmen entweder im Wahllokal oder per Briefwahl abgeben. In welches Wahllokal man gehen muss, steht auf der Wahlbenachrichtigung, die per Post kommt und zum Wahltag mitgebracht werden sollte. Auf dieser Wahlbenachrichtigung kann auch eine Briefwahl beantragt werden. Online gewählt werden kann in Deutschland bei der Bundestagswahl nicht.

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Erstellt:
16. Dezember 2024, 16:42 Uhr

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