Nach Amtseinführung des US-Präsidenten
So reagiert die deutsche Politik auf Trumps erste Amtshandlungen und Pläne
Rückzug aus dem Pariser Klimaabkommen, geplanter Austritt aus der WHO oder Drohungen in Richtung Panama: Unmittelbar nach seiner Amtseinführung sorgt der neue US-Präsident für Furore. Nun äußern sich Politiker aus Deutschland zu seinen Plänen.
Von Sebastian Winter/dpa/AFP/KNA
Noch während seiner Amtseinführung am Montag hat Donald Trump als 47. Präsident der Vereinigten Staaten die ersten Dekrete unterzeichnet. Der Rückzug aus dem Pariser Klimaabkommen ist beschlossen, weitere Forderungen und Drohungen verlautbarte Trump in seiner Antrittsrede.
Unter anderem wolle die USA die Kontrolle über den Panama-Kanal erlangen und aus der WHO austreten, kündigte der neue Präsident an. Nun reagierten die ersten Politiker aus Deutschland auf Trumps erste Amtshandlungen und Pläne.
Baerbock kritisiert Trumps Panama-Äußerungen
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) äußerte sich im RBB Inforadio am Dienstagmorgen zu Trumps Forderung, den Panama-Kanal und Grönland unter die Kontrolle der USA zu bringen: „Jede Drohung gegen ein Nato-Mitglied oder auch andere Staaten sind natürlich vollkommen inakzeptabel.“ Zugleich rief die Ministerin dazu auf, den Äußerungen des neuen Präsidenten mit Besonnenheit zu begegnen: „Wir sollten aber auch, und das betone ich an dieser Stelle, nicht über jedes Stöckchen springen.“
Ihr komme es nicht so sehr darauf an, was Trump sage, sondern vor allem, warum er etwas sagt, fuhr die Außenministerin fort. Im Fall des Panamakanals gehe es zum Beispiel um den Einfluss Chinas: „Wir sehen, dass China weltweit massiv in Häfen und andere wichtige Infrastruktur investiert“, sagte Baerbock. „Wir haben da lange einfach blind zugeschaut, auch das war ein Fehler“.
Trump in Antrittsrede: „Wir holen ihn uns zurück“
Der neue US-Präsident Trump hatte zum Start seiner Amtszeit am Montag seine Drohung mit Übernahme des Panamakanals durch die Vereinigten Staaten wiederholt. „Wir holen ihn uns zurück“, sagte Trump in seiner Antrittsrede über die einst von den USA gebaute Wasserstraße zwischen Atlantik und Pazifik. Wie die Übernahme des Kanals vonstatten gehen soll, führte Trump in seiner Rede nicht aus.
Seine Ankündigungen aus den vergangenen Wochen, dass er den USA auch das zu Dänemark gehörende Grönland einverleiben wolle, wiederholte Trump in seiner Antrittsrede aber nicht.
Habeck: US-Rückzug aus Pariser Klimaabkommen „fatales Signal“
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat derweil den von Trump besiegelten Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaabkommen als „fatales Signal“ für die Welt bezeichnet. Was in den USA passiere, sei der Beginn von historischem Versagen, sagte der Grünen-Kanzlerkandidat auf dem „Handelsblatt“-Energiegipfel in Berlin.
„Deswegen war das kein guter Tag für Deutschland und für Europa, für die Weltgemeinschaft.“ Habeck sagte, er sei heute Morgen mit einem „flauen Gefühl in der Magengrube“ aufgewacht.
Diese politische Generation werde daran gemessen werden, ob sie einen Beitrag geleistet habe, die globale Erderwärmung einzudämmen. Dies sei ein langer Prozess, sagte Habeck. „Aber wenn wir nicht agieren, dann werden wir am Ende historisch versagt haben.“
Trump unterzeichnet Beschluss am Tag seiner Amtseinführung
Trump hatte am Tag seiner Amtseinführung zur Kündigung des Pariser Klimaschutzabkommens zur Begrenzung der Erderwärmung ein Schreiben unterzeichnet, das an die Vereinten Nationen übermittelt werden soll. Das Abkommen sieht eine Kündigungsfrist von einem Jahr vor.
Trump hatte die USA bereits während seiner ersten Amtszeit aus dem Abkommen geführt, weil er darin „Abzocke“ und Wettbewerbsnachteile sieht. Der Austritt hatte allerdings nur wenige Monate Bestand, weil sein Nachfolger Joe Biden sich wieder zu dem Vertrag bekannte.
Ziel des Pariser Übereinkommens ist, die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre auf einem Niveau zu stabilisieren, sodass eine gefährliche Störung des Klimasystems verhindert wird.
Habeck kündigt Reaktion bei möglichen US-Importzöllen an
Auch zu möglichen US-Importzöllen äußerte sich Habeck und kündigte eine Reaktion der EU an, sollte es so weit kommen. Man solle gegenüber der Trump-Administration zwar mit einer ausgestreckten Hand agieren, „aber uns nicht grenzenlos die Hand wegschlagen“ lassen, so Habeck. Er warnte vor „Duckmäusertum“.
Die EU sei im Falle von US-Zöllen vorbereitet: „Dann wissen wir, welche Zölle wir zu erheben haben. Das wollen wir nicht“, sagte Habeck. „Das ist schlecht für die Menschen. Es ist schlecht für unsere Beziehung, es ist schlecht für uns insgesamt. Aber wir müssen uns ja auch nicht herumschubsen lassen.“
US-Präsident Trump will Zölle und Steuern gegen andere Länder verhängen, um so die amerikanischen Bürger zu entlasten, wie er in seiner Antrittsrede nach seiner Vereidigung im US-Kapitol sagte. Auch im Wahlkampf hatte Trump Importzölle angekündigt, um die US-Wirtschaft zu stärken.
SPD-Chef Klingbeil ist „irritiert“
Mit Blick auf die von Trump angedrohten Handelszölle sagte SPD-Chef Lars Klingbeil, es gehe „jetzt erstmal um Gespräche, die mit der amerikanischen Regierung geführt werden sollten“. Für Deutschland und Europa sei es „ganz wichtig“, ein „enges transatlantisches Verhältnis“ zu haben.
Gleichzeitig zeigte sich der SPD-Chef mit Blick auf Trumps Äußerungen bei der Amtseinführung und die zahlreichen Dekrete, die der neue US-Präsident noch am Montag unterzeichnete, „irritiert“. Es werde „ein schwieriger Balanceakt, genau rauszufinden, wo kann man zusammenarbeiten, wo muss man sich auch abgrenzen“, sagte Klingbeil.
Lauterbach spricht nach geplantem WHO-Rückzug von schwerem Schlag
Als schweren Schlag für den internationalen Kampf gegen globale Gesundheitskrisen wertet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Ankündigung von Donald Trump, aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auszutreten. „Ohne den Beitrag der USA zur WHO wird es deutlich schwieriger, Ländern zu helfen, die vom Ausbruch von Infektionskrankheiten oder Umweltkatastrophen betroffen sind“, erklärte Lauterbach am Dienstag in Berlin. Viele Programme gegen die Folgen von Hungersnöten, Kriegen und Naturkatastrophen würden über diese Mittel bezahlt.
Hunderttausende Menschen wären gefährdet, insbesondere sehr viel Kinder, fügte der Minister hinzu. Deutschland werde versuchen, den US-Präsidenten umzustimmen. „Auch weiterhin werden wir eng mit den USA in globalen Gesundheitsfragen zusammenzuarbeiten. Globale Gesundheitssicherheit liegt im Interesse aller Nationen – auch den USA.“
Lauterbach sieht Stärkung der WHO als zentralen Pfeiler
Lauterbach versicherte, Deutschland sei sich als langjähriger Partner der WHO seiner Verantwortung in der globalen Gesundheitspolitik bewusst. „Wir haben unsere WHO-Beiträge in den letzten Jahren erhöht. Weil die Stärkung der WHO ein zentraler Pfeiler unseres Engagements für eine sichere und gesündere Welt ist.“ Das gelte nicht nur für die Bekämpfung und Vermeidung der nächsten Pandemie, sondern auch für die zunehmenden gesundheitlichen Schäden des Klimawandels.
Die USA waren im Zeitraum 2022–2023 mit 1,28 Milliarden US-Dollar der größte internationale Geber der Weltgesundheitsorganisation. Es folgten Deutschland mit 856 Millionen US-Dollar und die Gates-Stiftung mit 830 Millionen. Der Gesamthaushalt für 2024–2025 beträgt 6,83 Milliarden US-Dollar.
Bundeskanzler Scholz betont Partnerschaft mit den USA
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte laut Bundespresseamt, Deutschland und die USA seien „seit langer Zeit enge Partner und freundschaftlich verbunden. „Gemeinsam können wir entscheidende Impulse für Freiheit, Frieden und Sicherheit sowie für Wohlstand und wirtschaftliche Entwicklung auf beiden Seiten des Atlantiks setzen.“
Auf X unterstrich Scholz zudem, die USA seien der engste Verbündete und ein gutes transatlantisches Verhältnis stets Ziel der Politik.
Heute tritt Präsident Trump sein Amt an. Glückwunsch! Die USA sind unser engster Verbündeter und ein gutes transatlantisches Verhältnis ist stets Ziel unserer Politik. Als EU mit 27 Mitgliedern und mehr als 400 Millionen Menschen sind wir eine starke Gemeinschaft. #EUUS — Bundeskanzler Olaf Scholz (@Bundeskanzler) January 20, 2025
Die USA sollen auch nach dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump für Deutschland einer der engsten Verbündeten bleiben. Kanzler Olaf Scholz sagte beim Weltwirtschaftsforum in Davos, er werde alles daransetzen, weil das im beiderseitigen Interesse liege. Zugleich betonte der SPD-Politiker aber, es dürfe kein „falsches Anbiedern oder Nach-dem-Mund-Reden“ geben.
„Nicht jede Pressekonferenz in Washington, nicht jeder Tweet sollte uns gleich in aufgeregte, existenzielle Debatten stürzen. Das gilt auch nach dem Regierungswechsel, der gestern in Washington stattgefunden hat“, sagte Scholz.
Trump und seine Regierung werden die Welt seiner Ansicht nach über Jahre in Atem halten. „Mit all dem können und werden wir umgehen“, betonte der Kanzler. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Europa und den USA sei unerlässlich für Frieden und Sicherheit weltweit und ein Motor für eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung.
Merz sieht dringenden Abstimmungsbedarf
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sieht nach dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Donald Trump dringenden Abstimmungsbedarf in Europa. „Die Europäer müssen sich jetzt schnell zusammensetzen und gemeinsam zwei große Fragen diskutieren“, sagte der CDU-Vorsitzende im Deutschlandfunk.
„Erstens: Was tun wir für unsere eigene Sicherheit? Das ist überfällig.“ Dies sei bereits seit Jahren notwendig. Und zweitens: Wie stärken wir unsere Position auch im Handel mit Amerika?“
Auf den Hinweis, dass sich Trump mit Rechtsaußen-Politikern auch in Europa offensichtlich besonders gut verstehe, sagte Merz: „Das scheint so zu sein. Was aber nicht heißt, dass nicht Donald Trump auch mit allen anderen vernünftige Gespräche führt, wenn es denn im amerikanischen Interesse liegt.“
Von der Leyen warnt Trump vor Handelskrieg
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat den neuen US-Präsidenten Donald Trump vor einem Handelskrieg mit Europa gewarnt und Verhandlungsbereitschaft signalisiert. „Es gibt keine anderen Volkswirtschaften in der Welt, die so eng miteinander verflochten sind wie wir“, sagte die deutsche Spitzenpolitikerin beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Europäische Unternehmen beschäftigten in den USA 3,5 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner. Und eine weitere Million amerikanische Arbeitsplätze hingen direkt vom Handel mit Europa ab.
Als Beispiel für die engen Verbindungen nannte von der Leyen transatlantische Lieferketten, die etwa dazu führen, dass amerikanische Flugzeuge mit Steuerungssystemen und Kohlefasern aus Europa gebaut und amerikanische Medikamente mit europäischen Chemikalien und Laborwerkzeugen hergestellt würden. Gleichzeitig importiere Europa doppelt so viele digitale Dienstleistungen aus den USA wie aus dem gesamten asiatisch-pazifischen Raum und die USA lieferten mehr als 50 Prozent der EU-Flüssiggasimporte.
„Für beide Seiten steht viel auf dem Spiel“
„Das Handelsvolumen zwischen uns beläuft sich auf 1,5 Billionen Euro, was 30 Prozent des Welthandels entspricht. Für beide Seiten steht viel auf dem Spiel“, sagte von der Leyen. Oberste Priorität der EU werde es daher sein, frühzeitig in Kontakt zu treten, gemeinsame Interessen zu erörtern und zu Verhandlungen bereit zu sein. Als ein mögliches Thema hatte von der Leyen bereits im November einen neuen Deal zum Ausbau amerikanischer Exporte von Flüssiggas (LNG) genannt.
Den Namen von Trump erwähnte von der Leyen in ihrer Rede in Davos nicht. Der Republikaner hatte im Wahlkampf angekündigt, auf Importe neue Zölle in Höhe von 10 bis 20 Prozent einführen zu wollen. Für chinesische Waren sollen sie sogar 60 Prozent betragen. Damit will er den Produktionsstandort USA stärken und das Handelsdefizit abbauen. Es ist Trump ein Dorn im Auge, dass europäische Unternehmen deutlich mehr Waren in den USA verkaufen als amerikanische Unternehmen in der EU. Die EU würde auf neue US-Zölle auf europäische Waren aller Voraussicht nach mit neuen EU-Zöllen auf Importe aus den USA reagieren.