TV-Duell-Talk bei Caren Miosga

Söder mutmaßt über Scholz: Vorher „fünf Red Bull“ getrunken

CSU-Chef Markus Söder und SPD-Chef Lars Klingbeil streiten im ARD-Talk über das TV-Duell von Merz und Scholz. Eine Journalistin empfindet das als „Theaterdonner“.

Im Talk von Caren Miosga folgte dem TV-Duell prompt die Analyse.

© dpa/Kay Nietfeld

Im Talk von Caren Miosga folgte dem TV-Duell prompt die Analyse.

Von Christoph Link

Mal abgesehen davon, dass Moderatorin Caren Miosga die penetrante Duzerei des CSU-Vorsitzenden Markus Söder von allen Studiogästen nicht stoppen konnte, stellte sie in ihrer Sendung am Sonntagabend immerhin eine geschickte Eingangsfrage: Was Söder und der ebenfalls eingeladene SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil denn „gut“ am jeweiligen politischen Kontrahenten gefunden hätten, also im TV-Duell von Friedrich Merz (CDU) und Kanzler Olaf Scholz (SPD). „Der Scholz hat sich bemüht, Gefühlsregungen zu zeigen“, attestierte Söder dem Kanzler und später fragte er, ob der vielleicht vorher fünf Red Bull getrunken habe. Lars Klingbeil würdigte eine Aussage von Merz, dass in Deutschland in den drei Ampel-Jahren immerhin „nicht nichts“ passiert sei, wo er sonst doch immer alles schlecht rede. Aber natürlich lobten beide ihre jeweiligen Parteifreunde über den Klee, Merz sei der „einzige klare Sieger“ meinte Söder, und Klingbeil empfand dies beim seiner Ansicht nach „faktenstarken“ Bundeskanzler.

„Merz war überzeugender“

Als neutrale Beobachterin war die Journalistin Melanie Amann („Spiegel“) im Studio und deren Analyse fiel eher zu Gunsten von Merz aus: Ja, Olaf Scholz sei kämpferisch aufgetreten, aber unterm Strich sei die Performance von Friedrich Merz für sie überzeugender gewesen. Es sei wieder ein Duell von Herz und Verstand gewesen. Scholz habe erneut sein Fachwissen dargelegt, was manche auch als „Fachidiotentum“ auslegten, er habe erklärt, dass er die schärfsten Asylgesetze gebracht habe, die härtesten Sanktionen beim Bürgergeld und die größten Investitionen bei der Bahn, aber die Bürger zweifelten daran: „Die sagen, das kriege ich gar nicht mit – und das sagt auch Merz so.“ Auf diese Weise könne Merz punkten, dem Amann bescheinigte, dass er in dieser Sendung seine Emotionen im Griff hatte und sich keinen Lapsus leistete: „Ich habe mich gefragt, was hat Merz denn eingeworfen, dass er so die Kontrolle behält.“

Schlimmer Moment im Parlament

In der Bewertung von inhaltlichen Positionen verlief die Talkrunde eng an den bekannten Parteilinien. Einen „Wort- und Tabubruch“ hatte Scholz dem CDU-Vorsitzenden im TV-Duell vorgeworfen, weil er vor zwei Wochen einen Antrag zur Migration mit den Stimmen der AfD im Bundestag durchbrachte, was er im vergangenen November noch als ausgeschlossen erklärt habe. Söder konnte darin keinen Wortbruch erkennen, schließlich habe sich die Lage seither ja verändert, es hätten sich die Bluttaten von Magedburg und Aschaffenburg ereignet und im übrigen sei es das „Linksbündnis“ gewesen, dass mit seiner verfehlten Politik die AfD erst stark gemacht habe.

Klingbeil hingegen empfand Merz‘ Verhalten genauso, wie Scholz es beschrieben hatte, das Vertrauen zu ihm sei „massiv geschädigt“. Wie Merz nach der Tat von Aschaffenburg vorgegangen sei, mit einer Mail an die anderen Parteien, das gehe so nicht, so gehe man nicht mit demokratischen Parteien um. Bei der Abstimmung gemeinsam mit der AfD sei eine politische Kultur zerstört worden, für ihn sei der Moment, als die AfD-Abgeordneten jubelten und feixten nach dem Verkünden des Votums im Bundestag der schlimmste in seiner parlamentarischen Zeit gewesen. Merz habe „sein Ding“ einfach durchziehen wollen. Melanie Amann meinte hingegen, der Christdemokrat sei ohne Sinn, Verstand oder Plan einfach in die Bundestagssitzung hineingestolpert, doch die SPD habe die Chance vertan, die Situation zu nutzen. „Eine Form von Führungsstärke“ erkannte nur Markus Söder im Verhalten von Merz, der sein Projekt kompromisslos durchsetzen wollte.

Steilvorlage für Söder

In den Städten finden derzeit nach der Unions-AfD-Abstimmung zahlreiche Demonstrationen gegen Rechts statt, doch der ARD-Deutschland-Trend zeigt, dass nicht alle die Aufregung teilen: nur für 49 Prozent der Befragten ist es „inakzeptabel“, wenn Gesetze oder Anträge im Bundestag eingebracht werden, die nur mit AfD-Stimmen eine Mehrheit finden können. In den Wahlumfragen halten sich die Werte für die CDU/CSU stabil, Söder berichtete gar von aktuellen Eintritten in die CSU. Melanie Amann sah da eine Parallele zum Falle des Freie-Wähler-Politikers Hubert Aiwanger mit der Flugblattaffäre. Auch da habe es zunächst einen „Aufschrei in den Medien“ gegeben und am Ende hätten die Freien Wähler ein besseres Ergebnis erzielt. Markus Söder nahm diese Steilvorlage der Journalistin gerne an: „Die Bürger wollen von den Medien nicht ständig erzählt bekommen, wie sie zu denken haben.“

Eine Steilvorlage für SPD-Chef Klingbeil war hingegen die „kleine Öffnung“ für eine Reform der Schuldenbremse, bei der Merz im Duell zugesagt hatte, sie möglicherweise später anzupacken. Sollte Merz auf irgendwelche Weise doch in Verantwortung kommen, so Klingbeil, dann werde es „keine fünf Minuten“ dauern, bis er seinen Kurs ändere, denn anders seien die jährlich 100 Milliarden hohen Defizite aus dem Unions-Wahlprogramm gar nicht zu decken. Er wundere sich, so Klingbeil, wie Merz bei Blackrock eigentlich mit Zahlen umgegangen sei. Die vom Unionskanzlerkandidaten angekündigte Zurückweisung von Migranten an den Grenzen bezeichnete Klingbeil als eine Grenzschließung, die das europäische Projekt zerstören werde, im übrigen könnten 4000 Kilometer Grenze gar nicht überwacht werden. Er möge bitte bei den Fakten bleiben, ermahnte Miosga daraufhin den Sozialdemokraten, eine Zurückweisung sei ja keine Grenzschließung. Im Schlusswort sagte die Journalistin Amann auf Nachfrage, dass sie eine schwarz-rote Koalition für „absolut möglich“ halte. Der Dissens in der Talkrunde sei nur Theaterdonner.

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Erstellt:
10. Februar 2025, 07:16 Uhr
Aktualisiert:
10. Februar 2025, 11:54 Uhr

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