Sondervermögen der anderen Art

Von George Stavrakis

Glaubt man einer Studie des renommierten Gallup Instituts ist Deutschland zu einem Land der Lustlosen geworden. Der sogenannte Dienst nach Vorschrift habe deutlich zugenommen. Emotionale Bindung und Loyalität waren gestern. Das hat, so man die Zahlen ernst nimmt, nichts mit der viel zitierten Work-Life-Balance zu tun, sondern mit einem tiefgreifenden Vertrauensverlust und einer zunehmenden Verunsicherung vieler Beschäftigter angesichts zehntausendfachen Stellenabbaus.

Unternehmen und Politik in der Pflicht

Ursachen für den Dienst nach Vorschrift und die innere Kündigung sind sowohl in den Führungsetagen der Unternehmen wie auch in der Politik zu finden. Es wird viel über Wertschätzung gesprochen, aber offensichtlich findet sie nicht in ausreichendem Maße statt. Die emotionale Bindung zum Unternehmen schwindet, wenn Leistung nicht erkannt und honoriert wird. Motivation lässt sich nicht verordnen, sie hängt von der Führungskultur ab.

Beim notwendigen Gegensteuern sind zwar vor allem, aber nicht nur die Unternehmen in der Pflicht. Die Politik muss ebenfalls für eine leistungsorientierte Grundeinstellung sorgen. So wird beispielsweise Arbeit zu stark, Kapital dagegen zu gering besteuert. Wenn sich Arbeit lohnt – Stichwort Abstandsgebot von Lohn und Gehalt zu sozialen Transfers – ist schon viel gewonnen. Wertschätzung bedeutet auch, nicht jeden Tag einen Spagat machen zu müssen, um die Kinder versorgt zu bekommen.

Es sind Anstrengungen von Seiten der Wirtschaft wie auch der Politik vonnöten, um dem Phänomen Herr zu werden – nicht nur wegen der allgemeinen Stimmung im Land. Die Kosten der sogenannten inneren Kündigung in Form von Produktivitätseinbußen belaufen sich laut der Studie auf mehr als 100 Milliarden Euro im Jahr. Ein Sondervermögen der anderen Art, das sich das Land nicht leisten kann.