Tourismus
Spaniens Ziel ist der gläserne Gast
Wer ein Zimmer, ein Ferienhaus oder ein Mietauto bucht, muss ab dem 1. Oktober mehr Daten preisgeben. Hoteliers und Reiseveranstalter sind alarmiert.
Von Martin Dahms
Reisen hinterlassen Spuren, manche davon bei der Polizei. Für die Anmeldung im Hotel gelten in Spanien Regeln, die seit 1959 im Wesentlichen unverändert sind: Was die Behörden vom Reisenden wissen wollen, sind Name, Geschlecht, Geburtsdatum, Pass- oder Ausweisdaten und das Datum der ersten Übernachtung.
Die spanische Regierung findet, das sei nicht mehr genug. Vor drei Jahren erließ sie ein Königliches Dekret, das im Namen des Kampfes gegen Terror und organisiertes Verbrechen Hotelgäste und Automieter etwas gläserner macht: Jetzt sollen sie auch ihre Heimat- und Mailadresse, Telefonnummern und vor allem alle Details der Bezahlung offenlegen. Die Reise- und Hotelverbände sind verzweifelt: Sie halten die neuen Regeln für „unverhältnismäßig und unnötig“ und fürchten Chaos bei der Umsetzung.
Das Dekret mit dem harmlosen Namen „Königlicher Erlass 933/2021, der die Melde- und Informationspflichten von natürlichen oder juristischen Personen festlegt, die Beherbergungs- und Kraftfahrzeugvermietungstätigkeiten ausüben“, bewegt die Reiseindustrie mehr als viele Reisende. Wer sich an Online-Zahlungen gewöhnt hat, kennt kaum noch Störgefühle, was die eigenen Daten angeht.
Hoteliers und Vermieter beknien den Innenminister
Hoteliers, Ferienwohnungsbesitzer und Autovermieter sehen das anders: Sie müssen die Daten bei ihren Kunden einsammeln und sie an die Polizei weiterreichen, was komplizierter ist, als es klingt. Deswegen ist das Dekret von 2021 bisher auch noch nicht in Kraft getreten. Die Umsetzung wurde hinausgeschoben. Nun soll es am 1. Oktober so weit sein. Wenn die Hoteliers nicht doch noch Gehör beim Innenminister finden.
Das spanische Fachblatt Hosteltur berichtet am Mittwoch von einem Protestbrief von fünf Reiseverbänden, darunter den European Travel Agents‘ and Tour Operators‘ Associations, in dem sie die „unnötige“ Reform beklagen und eine „unverhältnismäßige Verwaltungslast“ auf ihre Mitglieder zukommen sehen. Arbeit werde sich verdoppeln, weil viele Kunden ihre Zimmer, Wohnungen oder Autos über Reiseveranstalter buchen und nun vor Ort noch einmal die Daten ihrer längst getätigten Zahlung hervorkramen müssten. Das werde Zeit und Nerven an der Rezeption kosten: „Die Unternehmen, insbesondere die Kleinstunternehmen, werden nicht in der Lage sein, die vorgeschlagenen Verpflichtungen zu erfüllen“.