Private Haushalte reich wie nie
Sparen ist eine Tugend – aber auch ein Problem
Deutschland ist fast Sparweltmeister – doch das ist nicht nur eine gute Nachricht, sondern auch eine Folge der Wirtschaftskrise, meint Hauptstadtkorrespondentin Rebekka Wiese.
Von Rebekka Wiese
Der Wirtschaft geht es schlecht, doch die deutschen Privathaushalte sind reich wie nie. Bei 9,3 Billionen Euro lag das nominale Geldvermögen im vergangenen Jahr laut einer Hochrechnung der DZ Bank, sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Das hat zwei Gründe: Zum einen haben die Aktienmärkte zugelegt, das ist die gute Nachricht. Vor allem aber sparen die Deutschen derzeit besonders viel. Und das ist eine Entwicklung, die auch eine Kehrseite hat.
Sparen gilt hierzulande als Tugend. Mit einer durchschnittlichen Sparquote von etwa 11 Prozent liegen die Deutschen im internationalen Vergleich dabei weit vorn. Das ist eigentlich nichts Schlechtes. Doch wird mehr Geld beiseitegelegt und dafür weniger ausgegeben, weist das auf ein Problem hin – und wird selbst zu einem. Die nächste Bundesregierung wird dafür sorgen müssen, dass die Menschen in diesem Land wieder mehr von ihrem Geld ausgeben.
Ein Henne-Ei-Problem
Was aktuell passiert, wird auch als „Angstsparen“ bezeichnet: Wer sich um die Wirtschaft sorgt, gibt weniger Geld aus. Man legt etwas zurück, um für schlechte Zeiten gerüstet zu sein. Was aus persönlicher Sicht nachvollziehbar, sogar empfehlenswert ist. Damit die Wirtschaft sich stabilisiert, braucht es allerdings auch privaten Konsum. Ein klassisches Henne-Ei-Problem.
Zwar sind die Reallöhne zuletzt gestiegen. Doch das vergangene Jahr war gleichzeitig von Meldungen über Stellenstreichungen und Kurzarbeit geprägt – und dazu von einer Ampelkoalition, die sich selbst blockierte.
Nun wird demnächst eine neue Bundesregierung vor der Aufgabe stehen, die deutsche Wirtschaft zu retten. Noch ist völlig unklar, wie die nächste Koalition wohl aussehen wird. In jedem Fall aber wird es eine ihrer wichtigsten Aufgaben sein, ein großes Konjunkturprogramm umzusetzen. Vor allem aber muss die Regierung Vertrauen zurückgewinnen. Denn das ist nötig, damit die Deutschen weniger zurücklegen – und dafür mehr ausgeben.