Sparen wie zu Omas Zeiten hilft nicht weiter

Frauen können es sich nicht leisten, in puncto Geldanlage den Kopf in den Sand zu stecken

Sich mit den eigenen Finanzen zu beschäftigen sollte Frauen in Fleisch und Blut übergehen – so wie das Zähneputzen. Diese Empfehlung einer erfahrenen Finanzfachfrau stößt bei den meisten Frauen auf taube Ohren. Finanzthemen sind ähnlich beliebt wie Mathekurse oder Zahnarztbesuche. Selbst wenn die Notwendigkeit erkannt wird, wird die Beschäftigung damit gern auf später verschoben. Dabei können es sich gerade Frauen nicht leisten, den Kopf in puncto Geldanlage in den Sand zu stecken. Sie verdienen oft weniger als Männer, können weniger zur Seite legen und haben dadurch auch im Alter weniger zur Verfügung. Weil sie im Schnitt aber älter werden als Männer, müssen sie mit weniger Geld länger auskommen. Schöne Aussichten.

Was Frauen mit dem Großteil der Männer gemein haben, ist die Scheu davor, etwas in ihrem Sparverhalten zu ändern. Nach wie vor meiden es deutsche Anleger und Anlegerinnen, sich langfristig auf Aktien oder Aktienfonds einzulassen. Stattdessen legen sie ihr Erspartes kurzfristig auf Tagesgeldkonten oder Sparbüchern an. Noch immer wirkt nach, dass sich etliche Sparer schon einmal mit der Volksaktie Telekom die Finger verbrannt haben. Und auch das abgelaufene Jahr, das der Deutsche Aktienindex (Dax) mit einem Minus von 18 Prozent beendet hat, ist Wasser auf die Mühlen all derer, die Aktien für Teufelszeug halten.

Die wenigsten machen die Gegenrechnung auf. Seit der Finanzkrise vor gut zehn Jahren hat die Europäische Zentralbank die Niedrigzinsphase eingeleitet. Seit 2014 liegt der Leitzins in Europa bei null Prozent. Vermeintlich sichere Geldanlagen werfen seit Jahren nicht genügend ab, um allein die Inflation auszugleichen. Für einen langfristigen Vermögensaufbau reicht eine Rendite nahe null aber nicht aus. Im Gegenteil: Bei einer Inflationsrate von zuletzt 1,9 Prozent wird das Ersparte immer weniger wert.

Selbst diejenigen, die sich dessen bewusst sind, verharren wie in Schockstarre. Nach einer aktuellen repräsentativen Umfrage sind 62 Prozent der Anleger mit der Entwicklung ihrer eigenen Geldanlage unzufrieden, das sind deutlich mehr als noch zwei Jahre zuvor. Jeder Zweite hat demnach im vergangenen Jahr gar kein Geld angelegt. Und das in einer Zeit, in der mehr Menschen denn je in diesem Land Arbeit haben. Frei nach dem Motto: Wenn es sich auf dem Sparbuch nicht lohnt, kann ich mein Geld besser gleich ausgeben.

Das ist der falsche Ansatz, und die meisten wissen das auch. Doch sie sind unsicher. Früher hätten sich Anleger mit ihren Fragen an ihre Bank oder Sparkasse gewandt. Heute sitzt bei vielen Kunden das Misstrauen tief, dass der Berater bestimmt Bankprodukte verkaufen muss – ob sie zu einem passen oder nicht. Viele Institute haben sich zudem aus der Beratung von Kleinaktionären herausgezogen, weil die bürokratischen Hürden zu groß sind.

Anleger – Frauen wie Männer – sollten sich vom Aktienkauf nicht abschrecken lassen, wenn sie ein paar Grundregeln beachten. Es klingt simpel, wird aber gerne vergessen: Nicht auf Geheimtipps vertrauen und nicht auf einzelne Firmen setzen, das ging schon bei der Telekom schief. Besser ist es, Anteile an einem weltweit gestreuten Aktienfonds oder Indexfonds zu kaufen, um das Risiko zu streuen. Sein Geld in Raten investieren, am besten einen Sparplan abschließen. Nur Aktienfonds kaufen, wenn man auf das Geld zehn bis 15 Jahre verzichten kann, damit man Talfahrten an der Börse durchstehen kann. Langfristig zahlt sich das aus. Und nicht zuletzt: Den Aktienkauf nicht auf die lange Bank schieben, sondern tun. Wer anfängt, sich damit zu beschäftigen, wird Gleichgesinnte finden. Gemeinsam lernen fällt oft leichter.

sabine.marquard@stzn.de

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Erstellt:
8. Januar 2019, 03:14 Uhr

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