Sparen will gelernt sein
Frage der Statistik: Die private Sparquote der Deutschen steigt, ihre staatliche Pro-Kopf-Verschuldung auch.
Von Eidos Import
Reden wir über Geld. Schließlich war Weltspartag und damit Grund genug, sich mit dem Stoff zu befassen, aus dem die Träume sind. Auch die Albträume. Denn es ist ja genug davon da, wenn oft auch ungerecht und unklug verteilt. Ende 2023 waren in der Euro-Zone 29,8 Milliarden Banknoten mit einem Gegenwert von 1,57 Billionen Euro und 148 Milliarden Münzen im Gegenwert von 33,5 Milliarden Euro im Umlauf. Da sind die Beträge auf den Sparkonten (von Sparbüchern spricht ohnehin kaum keiner mehr) nur Peanuts, um es im lässigen Jargon eines früheren Deutsche-Bank-Chefs zu formulieren.
Immerhin: Zur Hälfte dieses Jahres stieg laut Statistischem Bundesamt die Sparquote auf 11,2 Prozent. Das heißt: Von 100 Euro kommen im Schnitt gut 11 Euro auf die hohe Kante – monatlich je Einwohner 280 Euro. Wobei Geld und Statistik nie zusammenpassen. Wer über die Geldverteilung statistisch informiert, setzt sich nicht zu Unrecht dem Vorwurf aus, eine durchschnittliche Körpertemperatur zu vermelden, wenn die Füße im Ofen und der Kopf im Kühlschrank liegen. Soll heißen: Die Angaben sind abhängig von Einkommenshöhe, Lebenslage und Sparneigung. Mit gewaltigen Unterschieden.
Die Wirklichkeit ist eine andere. Laut einer repräsentativen YouGov-Umfrage geben zwei von fünf Befragten an, zu wenig verfügbares Einkommen zum Sparen zu haben, 18 Prozent legen gar kein Geld zur Seite. Bei den Frauen sind es sogar 22 Prozent, was ein zusätzliches Problem ist, weil Frauen in der Regel eine größere Rentenlücke als Männer haben. Ähnlich sieht es auf dem Sparkonto aus. Laut Schätzung der Bundesbank hat jeder Bürger 27 600 Euro auf dem Sparkonto. Da möge sich jeder selbst prüfen. Im Übrigen: Auch sparen will gelernt sein. Mehr als die Hälfte der deutschen Ersparnisse liegt auf Giro- oder Tagesgeldkonten, die im Schnitt nur 0,6 Prozent abwerfen und von der Inflation schnell gefressen werden. Da lässt der Hinweis der Bundesbank aufhorchen, dass der Anstieg der Realeinkommen intakt ist, die Verbraucher sich aber bedingt durch das Misstrauen in Politik und Wirtschaft weigern, die Spielräume zwischen höheren Löhnen und Preisen zu nutzen. Wobei schon Theodor Fontane mahnte: Eine richtige Sparsamkeit vergesse nie, dass nicht immer gespart werden kann; wer immer sparen wolle, ist verloren. Das gilt noch immer. Ein Angstsparen ist der Tod eines spürbar positiven Konsumverhaltens.
Bei der Pro-Kopf-Verschuldung sieht es konkreter aus. Wenn auch nicht besser. 2023 stieg sie in Deutschland auf 28 943 Euro, 778 Euro mehr als 2022. Konkret: Der öffentliche Bereich (Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände plus Sozialversicherung einschließlich aller Extra-Haushalte) war beim nicht-öffentlichen Bereich (Banken oder privaten Unternehmen im In- und Ausland) mit 2 445,1 Milliarden Euro verschuldet. Die Schulden des Bundes betrugen 1696,3 Milliarden, das sind 75,9 Milliarden Euro mehr als zum Ende 2022.
Apropos Politik und Sparen. Wenn es beim Bundesetat in Berlin demnächst zum Showdown kommt, bedeutet Sparen keineswegs, von sprudelnden Einnahmen Geld zurückzulegen, sondern lediglich, etwas weniger Schulden als geplant zu machen. Was an das chinesische Sprichwort erinnert, dass es leicht ist, von Sparsamkeit zu leichtsinnigem Geldausgeben überzugehen, aber schwer, von leichtsinnigem Geldausgeben zu Sparsamkeit. Oder um mit dem früheren US-Präsidenten Abraham Lincoln zu sprechen: „Man kann nicht Wohlstand schaffen, in dem man die Lust zum Sparen nimmt.“ Was uns zwischen Lindners harter Schuldenbremse und Habecks gepumpten Vorinvestitionen vor Augen führt: Im Kalender der Ampel spielt der Weltspartag keine Rolle.