Sparkassenverband Baden-Württemberg

Sparkassenkunden füllen in der Krise ihre Konten

Matthias Neth, der Präsident des Sparkassenverbands Baden-Württemberg, stellt einen hohen Zuwachs bei den Einlagen der Sparkassen fest – vor allem von Privatkunden. Warum legen so viele Menschen ihr Geld auf die hohe Kante?

Sparkassenpräsident  Matthias Neth vermisst Impulse der Politik für den Neubau – wovon die Geldinstitute als Kreditfinanzierer sicher profitieren würden.

© Lichtgut/Max Kovalenko

Sparkassenpräsident Matthias Neth vermisst Impulse der Politik für den Neubau – wovon die Geldinstitute als Kreditfinanzierer sicher profitieren würden.

Von Matthias Schiermeyer

In der Krise halten die Sparer ihr Geld zurück wie nie, um es auf die hohe Kante zu legen. Zugleich stärken sie damit die 50 Sparkassen in Baden-Württemberg, deren gesamte Bilanzsumme mittlerweile 250 Milliarden Euro beträgt – vor allem aufgrund der stark steigenden Kundeneinlagen. Denn diese sind im vorigen Jahr um drei Prozent auf 176,7 Milliarden Euro gewachsen; allein 129,2 Milliarden Euro (plus 3,6 Prozent) kommen von den Privatkunden.

„Die erhöhten Realeinkommen tragen mit Sicherheit dazu bei, dass die Menschen wieder mehr sparen können und es angesichts unsicherer wirtschaftlicher Perspektiven auch tun“, sagt Matthias Neth, Präsident des Sparkassenverbands Baden-Württemberg. Die Sparquote sei 2024 bundesweit auf 11,6 Prozent deutlich angestiegen, und in Baden-Württemberg liege sie stets über dem Bundesschnitt. Dies schlage sich unmittelbar in den Bilanzen der Sparkassen nieder.

Unternehmen parken ihre liquiden Mittel

Auch Unternehmen und Selbstständige haben ihre Einlagen deutlich erhöht – um gut fünf Prozent auf 31,6 Milliarden Euro. „Hier zeigt sich die große Investitionszurückhaltung“, erläutert Neth. „Auch die Unternehmen sparen und investieren nicht.“ Liquide Mittel würden bei den Geldinstituten geparkt. Das bedeute zugleich: Sobald sich Rahmenbedingungen bessern, könnten diese Unternehmen ihre Investitionen sehr kurzfristig mit Hilfe eigener Mittel stemmen. Folglich „könnten Reformen sehr kurzfristig Wirkung zeigen“, schlussfolgert Neth.

Beim Sparen verfestigen sich neue Trends: Während das Geschäft mit Spareinlagen sowie festverzinslichen Wertpapieren zurückgeht, setzt sich die Umschichtung in höher verzinste eigene Anlageprodukte und Termingelder (Festgelder) fort. Die Kunden hätten sich das höhere Zinsniveau längerfristig gesichert, so Neth. „Das ist vernünftig, nachdem die Europäische Zentralbank seit dem vergangenen Sommer begonnen hat, ihre Zinsen wieder zu senken.“ Das Wertpapiersparen gewinnt nun auch bei der Klientel der baden-württembergischen Sparkassen an Zuspruch: die Zahl der Depots wurde 2024 auf fast 1,1 Millionen gesteigert.

Den weitaus größten Anteil an den Kundeneinlagen haben die Sichteinlagen (auf Giro- oder Tagesgeldkonten). Dabei sehen die Sparkassen auf den Vergleichsportalen zumeist schlecht aus, weil sie kaum Zinsen auf flexible Anlagen zahlen. Der Verbandspräsident verteidigt die Strategie: „Man muss das Gesamtkonstrukt betrachten“, sagt er. Die Sparkassen verkauften ihren Kunden „zielgerichtete“ Produkte. Ihr Geschäftsfeld sei es nicht, an den EZB-Referenzwert angelehnte Tagesgeldkonditionen anzubieten. „Wir begleiten die Kunden, wir haben passgenaue Angebote – das ist unsere Stärke.“ Außerdem machten die 50 Häuser „absolut marktgerechte Konditionen“. Die Zahlen belegten: Es sei nicht so, dass die Menschen „irgendwohin gehen, wo sie 0,2 oder 0,5 Prozent mehr Zins bekommen“.

Im Handel mit Kryptowährungen wie Bitcoin zeigen sich die Sparkassen defensiv – Neth lässt es offen, wie lange das noch anhält: „Ich habe da eine grundsätzlich zurückhaltende Einstellung“, sagt er. „Aber wir werden immer wieder unseren Standpunkt überprüfen müssen.“ Heißt: Sollten es die Kunden wünschen, muss reagiert werden.

Zur Förderung des Wohnungsneubaus muss mehr kommen

Belebung stellen die Sparkassen bei den Immobilienkrediten fest. Doch wendet der Verbandschef ein: „So erfreulich die jüngste Entwicklung bei Kauf und Erwerb ist, insgesamt kann uns die Lage beim Wohnungsbau nicht zufriedenstellen.“ Im privaten Bereich gebe es nach wie vor Handlungsbedarf für die Politik. Die Reform der Landesbauordnung sei ein wichtiger Baustein. Weitere Schritte zur Senkung der Baunebenkosten, etwa durch den Verzicht auf die Grunderwerbssteuer beim Ersterwerb oder einen steuerlichen Schuldzinsenabzug, würden jedoch vielen Familien helfen.

Weniger Filialen – mehr Beschäftigte

Die Zahl der Sparkassenfilialen ist 2024 auf 1712 (inklusive SB-Stellen) weiter gesunken. „Unser Anspruch muss sein, dass wir in der Fläche vertreten sind“, sagt Neth. Das sei ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal. Als Arbeitgeber haben die 50 Sparkassen 30 620 Menschen unter Vertrag – hier zeigt die Kurve seit 2022 wieder aufwärts.

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Erstellt:
11. Februar 2025, 16:58 Uhr

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