SPD fordert: Ex-Umweltminister soll Einkünfte offenlegen
dpa/lsw Stuttgart. Neun Monate nach seinem Rückzug aus der Politik berät Ex-Umweltminister Untersteller einen großen Energieversorger. Das Engagement des Grünen wirft aus Sicht der SPD einige Fragen auf. Die Regierung müsse Aufklärung betreiben.
Die SPD hat das Land aufgefordert, die Umstände des neuen Beraterjobs von Ex-Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) beim Mannheimer Energieversorger MVV unter die Lupe zu nehmen. Der Rechtsexperte der SPD-Fraktion, Boris Weirauch, sagte der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart: „Die Landesregierung muss sicherstellen, dass die Beratung der MVV Energie AG durch den ehemaligen Energiewirtschaftsminister nicht in einen Interessenkonflikt mündet.“ Es müsse ausgeschlossen sein, „dass Untersteller vertrauliche Informationen, die er während seiner Ministerzeit erlangt hat, etwa zum Nachteil der EnBW einsetzt“.
Der SPD-Mann forderte den 64-jährigen Untersteller zudem auf, seine Einkünfte aus dem Beraterverhältnis gegenüber der Landesregierung offenzulegen, damit eine Verrechnung mit seiner Ministerpension geprüft werden könne. Die Landesregierung gibt aus Datenschutzgründen bisher keine Auskunft über Übergangsgeld und Ministerpension des früheren Ressortchefs.
Das Finanzministerium erklärte nun, die Forderung der SPD laufe ins Leere. Untersteller müsse nach den Vorschriften des Ministergesetzes und des Landesbeamtengesetzes bis zum Überschreiten der gesetzlichen Altersgrenze seine Einkünfte aus der Tätigkeit bei der MVV gegenüber dem Landesamt für Besoldung und Versorgung offenlegen. „Das Landesamt prüft dann auf Basis der versorgungsberechtigten Vorschriften, ob die Höchstgrenze für den Hinzuverdienst überschritten ist und sodann eine Kürzung des Übergangsgeldes oder Ruhegehalts zu erfolgen hat.“
Der Mannheimer Versorger MVV hatte vergangene Woche mitgeteilt, dass Untersteller künftig als Berater beim fünftgrößten Versorger in Deutschland tätig sein wird. Es gebe aber nur eine Aufwandsentschädigung und keine Anstellung.
Im Südwesten gibt es bisher anders als im Bund und einer Reihe von anderen Bundesländern keine Regeln für eine Karenzzeit für frühere Regierungsmitglieder. Untersteller war im Mai als Umweltminister ausgeschieden. Sowohl Transparency als auch FDP und SPD hatten kritisiert, der Seitenwechsel komme zu schnell.
Die SPD-Fraktion will nun einen neuen Vorstoß für ein Karenzzeit-Gesetz machen, weil Grün-Schwarz das bisher verschleppt habe. Sie beschloss einen Gesetzentwurf, der vorsieht, dass amtierende und ehemalige Minister und Staatssekretäre verpflichtet werden sollen, in einem Zeitraum von 18 Monaten nach ihrem Ausscheiden einen Job in der Privatwirtschaft anzuzeigen. Die Beschäftigung soll in der Regel für ein Jahr untersagt werden können, wenn öffentliche Interessen beeinträchtigt werden könnten.
Weirauch sagte dazu: „Der Wechsel aus der Politik in die Wirtschaft und umgekehrt, ist nicht verwerflich, sondern grundsätzlich legitim.“ Es seien aber endlich klare Regeln nötig, „wann und unter welchen Bedingungen der Wechsel von Regierungsmitgliedern in die Wirtschaft möglich ist und wann eine Abkühlphase angemessen ist“.
Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz hatte vergangene Woche angekündigt, die Koalition wolle das Thema Karenzzeit bald angehen. „Wir haben immer betont: Politische Entscheidungen müssen in einem Regierungsamt unabhängig getroffen werden, nicht in Gedanken an den nächsten Arbeitsvertrag“, sagte er. „Hier halten wir Wort und werden eine zeitgemäße Regelung zeitnah auf den Weg bringen.“ Für die CDU sagte der parlamentarische Geschäftsführers Andreas Deuschle: „Wir arbeiten an neuen Transparenzregeln. Dazu wird auch die Karenzzeit für Mitglieder der Landesregierung gehören. Das werden wir mit unserem Koalitionspartner ruhig und besonnen entscheiden.“
© dpa-infocom, dpa:220119-99-762761/3