Hochrechnungen zur Bürgerschaftswahl
Hamburg bleibt SPD-Hochburg – AfD nur Platz fünf
Peter Tschentscher hat die Wahl: Weiter so mit den Grünen oder ein Neuanfang mit der CDU. Der Hamburger Wahlsieger hat eine klare Präferenz.
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© dpa/Christian Charisius
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher erneuerte am Wahlabend nach dem klaren Wahlsieg seiner SPD die Präferenz für Rot-Grün.
Von red/dpa
Nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg stehen die Zeichen auf eine Fortsetzung der seit 2015 regierenden rot-grünen Koalition. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher erneuerte am Wahlabend nach dem klaren Wahlsieg seiner SPD die Präferenz für Rot-Grün. Er kündigte Gespräche zunächst mit dem bisherigen Partner, dann aber auch mit der CDU an.
Wie schon bei der Bundestagswahl vor einer Woche war das Interesse auch an der Hamburger Wahl groß: Nach den Zahlen von ZDF und ARD stieg die Wahlbeteiligung auf 67 bis 68 Prozent. 2020 hatten 63,0 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Rund 1,3 Millionen Hamburgerinnen und Hamburger ab 16 Jahren waren wahlberechtigt.
Wie ist die Bürgerschaftswahl ausgegangen?
In der neuen Bürgerschaft sind wie bisher fünf Parteien vertreten. Nach den Hochrechnungen von ARD (20.19 Uhr) und ZDF (20.56 Uhr) rutschte die SPD auf 33,7 bis 34,2 Prozent (2020: 39,2 Prozent) ab. Die Grünen von Spitzenkandidatin und Zweiter Bürgermeisterin Katharina Fegebank büßten ebenfalls auf 18,5 bis 18,9 Prozent ein nach ihrem Rekordergebnis von 2020 (24,2 Prozent).
Die CDU von Spitzenkandidat Dennis Thering konnte sich aus ihrem historischen Tief (2020: 11,2 Prozent) befreien und ihren Stimmenanteil mit 19,2 bis 19,8 Prozent deutlich ausbauen. Die Linke wird erstmalig in Hamburg zweistellig und steigerte sich auf 11,2 bis 11,3 Prozent (2020: 9,1 Prozent). Die AfD verbesserte sich auf 7,5 bis 7,7 Prozent (2020: 5,3 Prozent) und ist damit nicht einmal halb so stark wie im Bund.
Wer hat es nicht in die Bürgerschaft geschafft?
Die FDP scheiterte laut ARD-Hochrechnung mit 2,3 Prozent (4,97) wie 2020 klar an der Fünf-Prozent-Hürde. Das ist ein neuer Negativ-Rekord für die Liberalen bei einer Bürgerschaftswahl.
Das BSW war erstmals bei der Bürgerschaftswahl angetreten und verpasste klar den Einzug ins Landesparlament. Laut ARD-Zahlen kam die Partei auf 1,8 Prozent. Das ZDF wies für beide Parteien keine gesonderten Zahlen aus. Die Europapartei Volt zog an beiden Partei vorbei und kam auf 3,1 Prozent.
Was bedeutet der Wahlausgang für die Regierungsbildung?
Eine Fortsetzung von Rot-Grün an der Elbe ist die wahrscheinlichste Variante. Tschentscher sagte im ZDF, dies bleibe erste Priorität und er sei diesbezüglich zuversichtlich. Es habe eine große Zustimmung zur Regierungsarbeit gegeben, inhaltlich wie im Stil. Die bisherige Zwei-Drittel-Mehrheit hätte Rot-Grün aber nicht mehr. Der 59-Jährige kündigte an, zuerst mit den Grünen zu sprechen, dann aber auch mit der CDU.
Die Grünen gehen von einer Fortsetzung ihres Bündnisses mit der SPD aus. Die Grünen-Bundesvorsitzende Franziska Brantner sagte im ZDF, sie sehe in Hamburg einen „klaren Regierungsauftrag für Rot-Grün“. Fegebank (48) sagte in der ARD zu den von Tschentscher angekündigten Gesprächen, sie nehme den Bürgermeister beim Wort.
CDU hofft auf Rot-Schwarz
Aber auch die CDU macht sich Hoffnungen. CDU-Spitzenkandidat Thering (40) erklärte: „Wir stehen für eine stabile Regierung mit positiven Veränderungen vor allem in den Bereichen Sicherheit, Wirtschaft und Verkehr zur Verfügung“, erklärte er. In der ARD fügte er hinzu, er freue sich auf Sondierungsgespräche mit der SPD. Es helfe Hamburg, wenn dort dieselben Partner wie im Bund regieren würden.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte im ZDF, es wäre Zeit für ein neues Aufbruchsignal in Richtung Rot-Schwarz. Als Zweierbündnis wäre dies ein Novum für die Stadt.
Mehrheit lehnt Rot-Schwarz ab
Bei den Hamburgerinnen und Hamburgern käme ein solches Bündnis nicht gut an. Laut einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen lehnen 52 Prozent der Wahlberechtigten Rot-Schwarz ab. 58 Prozent der Befragten halten eine Koalition aus SPD und Grünen für eine gute Lösung. Die Meinungsforscher stellten ihre Fragen in der Woche vor der Wahl.
Was bedeutet die Hamburg-Wahl für die Bundespolitik?
Eine Woche nach der Bundestagswahl ist die Aussagekraft über Hamburg hinaus begrenzt. Im Bundesrat – Hamburg hat hier 3 der 69 Stimmen – ändert sich nichts, sollte es bei Rot-Grün bleiben. Neben Hamburg wird nur noch Niedersachsen von SPD und Grünen regiert. Die Hamburger SPD konnte sich vom Bundestrend ein Stück weit abkoppeln und ist im Stadtstaat doppelt so stark wie im neuen Bundestag. Das Ergebnis „tut das der SPD insgesamt auch gut“, sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch. Bundeskanzler Olaf Scholz – Tschentschers Vorgänger im Hamburger Rathaus – gratulierte via X dem Wahlgewinner.
CDU, Linke und AfD freuen sich über Stimmenzuwachs auch auf Landesebene. „Das Comeback geht weiter“, sagte Linken-Bundeschef Jan van Aken. AfD-Chef Tino Chrupalla sprach einerseits von einem „Riesenerfolg“. Er räumte in der ARD zugleich schwierige Verhältnisse für seine Partei in Hamburg ein.
Sollten Union und SPD im Bund zu einer Koalition zusammenkommen, müssen sie bis weit ins kommende Jahr keine Rücksicht mehr auf Landtagswahlen nehmen. 2026 folgen Landtagswahlen in fünf Bundesländern mit zusammen rund 23 Millionen Einwohnern, und zwar in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt gewählt, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Am Montag sollen die Sondierungen zwischen Union und SPD auf Bundesebene weitergehen.