Städte und Kreise prüfen nächtliche Ausgangsbeschränkung
dpa/lsw Stuttgart. Das Land möchte an nächtlichen Ausgangsbeschränkungen festhalten - zumindest in Regionen mit einem Inzidenzwert über 50. Doch ob die Beschränkungen so schnell in Kraft treten wie von der Regierung gewünscht, ist offen.

Eine FFP2-Maske hängt in einem Auto. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild
Nächtliche Ausgangsbeschränkungen sollen nach dem Willen der Landesregierung möglichst ohne Unterbrechung weitergehen - zumindest in Regionen mit hohen Corona-Zahlen. Bevor sie in Kraft treten können, müssen die betroffenen Kommunen jedoch eine Allgemeinverfügung erlassen. Wie schnell das jeweils geht, ist noch offen. Das Gesundheitsministerium hatte Städte und Kreise mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen verpflichtet, Ausgangsbeschränkungen zwischen 21.00 und 5.00 Uhr zu erlassen. Ein entsprechender Erlass ging am späten Mittwochabend an die Kommunen.
Eigentlich sollten die neuen Regeln von Donnerstag an gelten - denn mit diesem Tag lief die landesweite Regelung nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim aus. Die Landesregierung wollte über Fastnacht keine Lücke bei den Ausgangsbeschränkungen aufkommen lassen. Dies wird voraussichtlich aber nicht überall möglich sein.
Der Ortenau-Kreis folgte dem Erlass insofern nicht, dass er trotz einer Sieben-Tage-Inzidenz von noch über 50 Ausgangsbeschränkungen kippt. Landrat Frank Scherer sagte, dass die Menschen im Ortenaukreis nun ein wenig mehr Freiheit zurückerhalten könnten; denn das Gesundheitsamt habe aufgrund seiner konsequenten Kontaktpersonennachverfolgung einen besonders guten Überblick über das Infektionsgeschehen. Zudem sei nicht davon auszugehen, dass das Eindämmen des Virus durch den Wegfall der Ausgangssperre erheblich gefährdet werde.
Mehrere Kommunen, die bei der sogenannten Sieben-Tage-Inzidenz über dem Wert von 50 liegen, teilten mit, dass sie den Erlass derzeit noch prüfen. In der Landeshauptstadt gibt es bis auf weiteres keine Ausgangsbeschränkungen mehr. Dagegen wird in der zweitgrößten Stadt Mannheim die nächtliche Ausgangssperre fortgeführt. Auch in anderen Kommunen wurde die erneute Mobilitätseinschränkung noch am Donnerstag verkündet, etwa in Heilbronn, im Kreis Karlsruhe, im Neckar-Odenwaldkreis, im Landkreis Biberach oder im Schwarzwald-Baar-Kreis. Mehrere Sprecher von Kommunen sagten, eine Allgemeinverfügung zu Ausgangsbeschränkungen könne frühestens am Donnerstag verkündet werden und um Mitternacht in der Nacht zum Freitag in Kraft treten.
Ein Sprecher des Alb-Donau-Kreises sagte, man werde die Kriterien des Erlasses sowie das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs gründlich prüfen, bevor eine Entscheidung über erneute Grundrechtseingriffe beschlossen werde. Zuletzt lagen 26 der 44 Stadt- und Landkreise im Südwesten über dem Wert von 50.
Bevor die Ausgangsbeschränkungen erlassen werden können, müssen noch zwei weitere Voraussetzungen neben der 50er-Inzidenz erfüllt sein: Das Gesundheitsamt muss „eine erhebliche Gefährdung der wirksamen Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus“ erkennen. Zudem muss ein „diffuses Infektionsgeschehen“ feststellbar sein. Davon spricht man, wenn ein Anstieg der Infektionen nicht einem bestimmten Ort zugeordnet werden kann - beispielsweise einem Pflegeheim. Die neuen Ausgangssperren sollen wieder aufgehoben werden, sobald die Sieben-Tage-Inzidenz mindestens drei Tage in Folge unter 50 liegt.
Damit sich jeder informieren kann, wo derzeit Ausgangsbeschränkungen gelten, möchte das Gesundheitsministerium eine Liste der betroffenen Kommunen auf seiner Webseite veröffentlichen, wie ein Sprecher sagte. Bis wann die Liste verfügbar sein wird, war zunächst unklar.
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke forderte in einer Sondersitzung des Landtags am Donnerstag: „Diese Verordnung gängelt die Bevölkerung. Heben sie diese Ausgangsbeschränkung auf, Herr Ministerpräsident.“
Die landesweiten Ausgangsbeschränkungen hatte der Verwaltungsgerichtshof am Montag gekippt - sie galt eine Stunde länger, nämlich zwischen 20.00 und 5.00 Uhr. Die Richter hatten die Regelung angesichts der sinkenden Infektionszahlen als nicht mehr verhältnismäßig bezeichnet.
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