Volkszählung: Ehrenamtliche dringend gesucht

dpa/lsw Stuttgart. Nach mehr als zehn Jahren macht Deutschland wieder Inventur. Im vergangenen Jahr war die Volkszählung wegen Corona nicht möglich. In diesem Jahr soll sie kommen - doch die Pandemie erschwert immer noch die Umsetzung.

Passanten laufen auf einer Treppe. Foto: Bernd Weißbrod/dpa/Archivbild

Passanten laufen auf einer Treppe. Foto: Bernd Weißbrod/dpa/Archivbild

Für den Zensus 2022 werden noch ehrenamtliche Helfer gebraucht. Die Kommunen suchen nach Männern und Frauen, die zu den Haushalten gehen, um Daten zu Haushaltsgröße, Alter oder Staatsangehörigkeit zu sammeln. Wegen Corona war der zunächst für 2021 geplante Zensus verschoben worden, aber auch in diesem Jahr steht er immer noch im Zeichen der Pandemie. „Die Gewinnung von Personal, das die Daten erhebt, ist auch aufgrund der aktuellen Corona-Situation weiterhin schwierig“, sagte Städtetagsdezernent Norbert Brugger der Deutschen Presse-Agentur.

Einerseits gebe es immer noch die Angst, dass es bei den Terminen der sogenannten Erhebungsbeauftragten mit Bürgern zu Ansteckungen mit dem Coronavirus kommen könne. „Aber auch manch einer der gesetzlich zur Kooperation verpflichteten Bürger mag in der momentanen gesellschaftlichen Stimmung eine behördliche Befragung ablehnen.“ Darüber hinaus würden im Südwesten mit 1,7 Millionen Haushalten deutlich mehr befragt als 2011. Damals waren es 1,2 Millionen. Bezogen auf die Einwohnerzahl sind das rund 15 Prozent.

Die Landkreise bemühen sich aktuell, Personal anzuwerben. „Denn auch wenn vieles im Zusammenhang mit dem Zensus online beantwortet werden kann, kommt der persönlichen Abfrage vor Ort ein hoher Stellenwert zu“, heißt beim Landkreistag. Die pandemische Lage stelle eine zusätzliche Herausforderung da. Geworben wird mit einer intensiven Werbekampagne, auch über die sozialen Medien. Voraussetzungen für die Interviewer sind Volljährigkeit, freundliches Auftreten, Verschwiegenheit und gute Deutsch- und Ortskenntnisse.

Die Bundesregierung hatte die für 2021 geplante Erhebung wegen der Pandemie in das Jahr 2022 verlegt. Neuer Stichtag für den Beginn ist der 15. Mai 2022. Der Zensus beruht nicht nur auf den Stichproben, die an den 103 Erhebungsstellen im Land gebündelt werden, sondern auch auf den Angaben der Melderegister. Das Land bezahlt die Zensus-Kosten der Kommunen in Höhe von 44,4 Millionen Euro.

Die Volkszählung sei wichtig, betonte Brugger. „Zahlreiche Entscheidungen in Bund, Ländern und Gemeinden beruhen auf Bevölkerungs- und Wohnungszahlen.“ Die Daten helfen dabei, den Bedarf an Schulen, Alten- und Seniorenheimen und an Wohnraum festzustellen.

Die Erhebungsbeauftragten sollen von Mitte Mai bis Ende Juli 2022 jeweils etwa zwischen 90 und 150 zufällig ausgesuchte Haushalte zu ihren Verhältnissen befragen. Die Beauftragten können ihre Arbeit nach Feierabend oder auch am Wochenende verrichten. Sie füllen mit den Bürgen entweder einen Fragebogen aus oder übergeben ihnen ein Schreiben mit Zugangsdaten zu einem Onlinefragebogen. Die Erhebungen dürfen zwar nicht im eigenen Wohnviertel stattfinden, aber durchaus in der Wohnsitzkommune der Beauftragten.

Wie der Zensus die städtischen Finanzen beeinflussen kann, zeigte der Zensus 2011. Damals fanden Haushaltsstichproben nur in Städten und Gemeinden ab 10.000 Einwohnern statt. Daher wurden die Zahlen aus den jeweiligen Melderegistern auch nur bei diesen größeren Kommunen aufgrund der Haushaltsstichproben korrigiert, zumeist nach unten. Ein fehlender Einwohner in der Stichprobe bedeutete für Kommunen ab 10.000 Einwohnern nach Hochrechnungen des Städtetags durchschnittlich rund 100.000 Euro weniger Zuweisungen aus dem Finanzausgleich binnen der Geltungsdekade des Zensus 2011. Deshalb klagten 350 Kommunen bundesweit, davon 144 aus Baden-Württemberg, gegen das Zensusergebnis - allerdings vergeblich. Deshalb werden diesmal Haushaltsstichproben in allen Städten und Gemeinden vorgenommen.

Der Rhein-Neckar-Kreis ist ein Vorzeige-Kreis. Dort fehlen nur noch 20 bis 30 Ehrenamtliche. Über 500 Männer und Frauen sind bereits gefunden worden, davon sind 44 Mitarbeitende des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis und des Eigenbetriebs Bau, Vermögen und Informationstechnik. Über die Aufwandsentschädigung von bis zu 800 Euro hinaus bekommen Behördenmitarbeiter noch einen Tag Sonderurlaub obendrauf.

© dpa-infocom, dpa:220211-99-75427/4

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Erstellt:
11. Februar 2022, 07:26 Uhr

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