Sternekoch bringt nur regionale Produkte auf den Teller
Auf Einladung des Landtagsabgeordneten Ralf Nentwich stellt Simon Tress sein außergewöhnliches Gastronomiekonzept vor. Beim „Küchenschwatz“ im Kabirinett geht es auch um ein mögliches Modellprojekt in der Region.
![Sternekoch bringt nur regionale Produkte auf den Teller Sternekoch Simon Tress (links) spricht über seine Vorliebe für regionale Bioprodukte und zeigt nebenbei sein Können. Unterstützt wird er von Patrizia Rall, Florian Keimer und Cornelia Wöhrle (von links), Hausherr Thomas Weber (rechts) moderiert. Foto: Alexander Becher](/bilder/sternekoch-simon-tress-links-spricht-ueber-seine-vorliebe-747646.jpg)
© Alexander Becher
Sternekoch Simon Tress (links) spricht über seine Vorliebe für regionale Bioprodukte und zeigt nebenbei sein Können. Unterstützt wird er von Patrizia Rall, Florian Keimer und Cornelia Wöhrle (von links), Hausherr Thomas Weber (rechts) moderiert. Foto: Alexander Becher
Von Kornelius Fritz
Spiegelberg. Tomaten aus Spanien, Äpfel aus Neuseeland und Rindfleisch aus Argentinien – was in deutschen Supermärkten verkauft und in Restaurants und Kantinen aufgetischt wird, hat oft eine schlechte Ökobilanz. Auch geschmacklich kann die Importware mit frischen heimischen Produkten nicht immer mithalten. Ralf Nentwich, Landtagsabgeordneter im Wahlkreis Backnang und ernährungspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, wünscht sich deshalb mehr regionale Produkte auf den Tellern, am besten in Bioqualität. Um darüber zu sprechen, wie das gelingen kann, hatte er gestern unter dem Motto „Tischlein deck dich“ nach Großhöchberg eingeladen. Aus dem geplanten „Gartenschwatz“ wurde wetterbedingt allerdings ein „Küchenschwatz“ im Theaterraum des Kabirinetts.
Gemahlener Senf statt Pfeffer
Dazu hatte Nentwich den Spitzenkoch Simon Tress eingeladen. Der 41-Jährige setzt in seinem Restaurant „1950“ in Hayingen auf der Schwäbischen Alb nicht nur konsequent auf Bioprodukte, sondern verwendet, abgesehen von Salz, auch ausschließlich Zutaten, die aus einem Umkreis von
25 Kilometern stammen. Mit diesem radikal regionalen Ansatz hat Tress auch die Tester des Guide Michelin überzeugt, die ihm im Frühjahr erstmals einen Stern verliehen haben. Und das, obwohl er auf exotische Zutaten komplett verzichtet.
„Die Natur macht uns den Teller“, erklärt Tress. Das bedeutet, der Koch schaut, welche Zutaten gerade in der Region zu finden sind, und kreiert dazu die passenden Rezepte. Selbst Pfeffer sucht man in seiner Küche vergeblich: „Ich nehme stattdessen gemahlenen Senf, der ist genauso scharf.“
Zu Tress’ Küchenphilosophie gehört auch, dass er praktisch nichts wegwirft. „Bei mir gibt es keinen Abfall, sondern nur Beifall“, sagt er. Denn fast immer fällt ihm ein, wie er auch die Reste noch sinnvoll verwerten kann. „Aus den Schalen der Roten Bete mache ich zum Beispiel Eis“, erzählt er. Für den Koch, der zusammen mit seinen drei Brüdern insgesamt vier Restaurants, ein Hotel und eine Firma für Biofertiggerichte betreibt, ist Nachhaltigkeit in der Küche nicht nur eine Herzenssache, sie lohnt sich für ihn auch finanziell. „Die Warenkosten liegen bei unseren Menüs nur bei 18 Prozent“, erzählt er, in anderen Sternerestaurants machten sie bis zu 50 Prozent aus.
Murrtal soll zum Vorreiter werden
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Es bleibt an diesem Nachmittag aber nicht bei der Theorie. Parallel zu den Küchengesprächen zaubert der Sternekoch für die Gäste ein leckeres Buchweizenrisotto mit Grillgemüse und Ziegenfrischkäse. Tatkräftig unterstützt wird er dabei von mehreren „Schnippelhelfern“, die im Gespräch mit Hausherr Thomas Weber über ihre Erfahrung mit gesunder Ernährung berichten. Zum Beispiel Cornelia Wöhrle, Geschäftsführerin des Zweckverbands Bildungszentrum Weissacher Tal. In der Bize-Mensa gebe es leider keine Möglichkeit, frisch zu kochen. „Aber in unserer Lehrküche versuchen wir, die Kinder an gesundes Essen heranzuführen“, erzählt sie. Wobei sie einräumt, dass das nicht immer gelingt. Im Teenageralter gelte es bei den Schülern als uncool, in der Mensa zu essen. Stattdessen holten sich viele lieber ungesunde Snacks vom Supermarkt nebenan.
Einer, der dazu beiträgt, dass heimische Produkte auf dem Teller landen, ist Florian Keimer. Auf sieben Hektar baut er in seiner Demeter-Gärtnerei in Großhöchberg Gemüse an. Seine Produkte vertreibt er über das Modell der solidarischen Landwirtschaft direkt an die Endkunden. Der Verkauf an Großabnehmer sei für ihn nicht attraktiv, berichtet Keimer. Die Großhändler versuchten, ihm die Preise zu diktieren, und Großküchen stellten häufig Anforderungen, die er nicht erfüllen könne: „Die wollen den Salat fertig gewaschen und portioniert, sodass sie ihn nur noch auf dem Teller anrichten müssen.“ Das sei für ihn als Kleinbetrieb nicht zu leisten.
Genau das ist aus Sicht von Ralf Nentwich auch ein Grund, warum Kantinen und Mensen zu wenige regionale Zutaten verwenden. „Wir müssen Angebot und Nachfrage besser zusammenbringen“, fordert der Abgeordnete. Er denkt dabei etwa an einen Biogroßmarkt, der das Angebot vieler kleiner Erzeuger bündelt und die Produkte so weiterverarbeitet, wie die Großküchen es brauchen. Gerne würde der Abgeordnete das obere Murrtal zu einer Modellregion für die „Ernährungswende“ machen. Falls der Bund dafür Fördermittel bewilligt, könne der Raum Backnang zum Vorreiter werden.