Deutschland vor der Wahl
Stimmung im Keller und wenig Hoffnung auf Besserung
Dass die derzeitige Stimmungslage nicht allzu gut ist, kommt kaum als Überraschung. Doch einer Studie zufolge gibt es unter den Wählern auch wenig Hoffnung auf Besserung nach der Bundestagswahl.
Von Markus Brauer/dpa
Die Stimmung vieler Wähler ist einer tiefenpsychologischen Studie zufolge von Sorgen, Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit bestimmt.
Die Folgen einer stotternden Wirtschaft, bröckelnden Infrastruktur und teils fehlgesteuerten Migration würden zunehmend im Alltag der Menschen spürbar, hat eine Studie des Kölner Rheingold-Instituts (Rheingold Wahlstudie 2025 – „Was Deutschland wirklich bewegt“) ergeben.
„Kaum jemand glaubt daran, dass sich die Lage durch einen Regierungswechsel nach der Bundestagswahl verbessern wird“, sagt der Institutsleiter und Psychologe Stephan Grünewald.
Umfrage zur Krisenstimmung in der Bevölkerung
Die Untersuchung basiert auf ausführlichen Interviews mit 50 Wählern in der zweiten Januarhälfte. Die Befragten waren zwischen 20 und 65 Jahre alt, ihre Parteienaffinität entsprach der Stimmenverteilung der Wahlumfragen in der ersten Januarhälfte. Die nicht repräsentative Studie zielt darauf ab, Ängste, Sehnsüchte und Wahrnehmungsmuster zutage zu fördern, die Meinungsumfragen nicht erfassen können.
Schon in früheren Studien, etwa während der Corona-Pandemie und zu Beginn des Ukraine-Kriegs, hatte das Rheingold-Institut eine Krisenstimmung in der Bevölkerung ermittelt. Damals reagierten viele Menschen mit einem Rückzug ins Private, um die äußeren Bedrohungen so weit wie möglich auszublenden. Doch das gelinge inzwischen kaum noch, erklärt Grünewald.
Stimmung der Bundesbürger ist im Keller
Erst jüngst kam das Meinungsforschungsinstituts Ipsos in Hamburg zu einem ähnlich pessimistischen Stimmungsbild:
- Demnach glaubt mit 18 Prozent nicht einmal mehr jeder fünfte Deutsche, dass sich Deutschland auf dem richtigen Weg befindet. So pessimistisch war die Stimmung demnach seit zehn Jahren nicht.
- Die wirtschaftliche Lage wird der Umfrage zufolge nur noch von einem Viertel der Bevölkerung (27 Prozent) als gut bezeichnet. Das sind elf Prozentpunkte weniger als im Vorjahr.
- Für rund ein Drittel (35 Prozent) der befragten Bundesbürger zählt die Migration demnach zu den drei größten persönlichen Sorgen. Damit nimmt die Zuwanderung den ersten Platz im Sorgenbarometer ein, verliert aber im Vergleich zum Vormonat neun Prozentpunkte.
Wirtschaft schrumpft im Schlussquartal 2024
Die Sorgen der Bürger sind nicht unbegründet. Laut neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) findet die deutsche Wirtschaft auch zum Jahreswechsel keinen Weg aus ihrer Krise.
Im vierten Quartal 2024 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,2 Prozent zum Vorquartal und damit etwas stärker als zunächst angenommen, wie Destatis in Wiesbaden nach einer ersten Schätzung jetzt mitgeteilt hat. Noch vor Kurzem war die Behörde von einem Minus von 0,1 Prozent zum Vorquartal ausgegangen.
Auch im Gesamtjahr 2024 sank das Bruttoinlandsprodukt, und zwar um 0,2 Prozent zum Vorjahr. Damit ist die deutsche Wirtschaft das zweite Jahr in Folge geschrumpft. Es handelt sich um die längste Rezession seit mehr als 20 Jahren: Zuletzt war die deutsche Wirtschaftsleistung 2002/2003 zwei Jahre in Folge zurückgegangen.
Deutsche Wirtschaft auch 2025 unter Druck
Ein Aufschwung ist nicht in Sicht. So hat die rot-grüne Bundesregierung ihre Wachstumsprognose für 2025 auf 0,3 Prozent eingedampft, nachdem sie noch im Herbst mit einem Plus von 1,1 Prozent gerechnet hatte. Auch die Bundesbank und der Sachverständigenrat prognostizieren nur ein Mini-Wachstum von 0,2 Prozent bzw. 0,4 Prozent.