Strenger als der Freistaat
Beim Artenschutz schneidet Baden-Württemberg besser ab
Volksbegehren - Beim Artenschutz schneidet Baden-Württemberg im Vergleich zum Nachbarland besser ab.
Stuttgart Baden-Württemberg, du machst es besser. Dieser Zungenschlag klingt immer wieder an, wenn die Initiatoren desbayerischen Volksbegehrensihre Forderungen begründen. Stimmt das denn? Ist das Naturschutzgesetz hierzulande so viel strenger? „Wir haben das mal eingehender untersucht“, sagt Ralf Heineken, der Sprecher des Stuttgarter Umweltministeriums, und bilanziert: „Die große Mehrheit der im Volksbegehren aufgeführten Regelungen ist in Baden-Württemberg bereits vorhanden und wurde inhaltlich und teilweise sogar wörtlich übernommen.“
Das lässt sich nachprüfen. Wo findet sich zum Beispiel das in Bayern geforderte Umbruchverbot für Dauergrünland? Es steht in § 27a des hiesigen Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes. Die Forderung, an den ökologisch sensiblen Gewässerrandstreifen nicht zu düngen, ist ebenfalls bereits umgesetzt – im baden-württembergischen Wassergesetz. Und wie steht es mit dem Verbot, Moore und Feuchtwiesen zu entwässern? Auch das gibt es bereits. Ebenso wie den gesetzlichen Schutz von Alleen und Hecken. „Unzulässig“ ist laut § 21 auch die Verwendung von Himmelsstrahlern, die in die Insektenfauna eingreifen. Das Pestizidverbot in geschützten Gebieten schließlich, die wohl umstrittensten Forderung des Volksbegehrens, geht sogar über den bayerischen Wunschzettel hinaus, denn es umfasst auch Biosphärengebiete.
„Von den Forderungen konnten wir auf Anhieb nur zwei identifizieren, die es bei uns im Gesetz überhaupt nicht gibt“, sagt Heineken: darunter jene, dass Streuobstwiesen gesetzlich geschützte Biotope sein sollen. Doch das sei gar nicht erforderlich, heißt es, ja kontraproduktiv, „weil die Eigentümer versucht sein könnten, die Wiesen vor Inkrafttreten einer entsprechenden Gesetzesänderung sozusagen aufzuräumen, damit sie keine Streuobstwiesen mehr sind“.
Also alles in Butter? Selbst Nabu-Landeschef Johannes Enssle kommt um ein Lob nicht herum. „Tatsächlich sind viele der geforderten Punkte in Baden-Württemberg bereits als Ziel verankert oder werden schon umgesetzt“, sagt der Vorsitzende des mit 100 000 Mitgliedern größten Umweltverbandes im Land. Die Landesregierung mache vieles besser als andere – aber eben noch immer nicht gut genug. So vermisst Enssle großflächige Maßnahmen, etwa durch eine Umstellung der Förderpolitik: „Landwirte, die insektenfreundlich arbeiten, sollten deutlich besser verdienen als solche, die das nicht tun.“ Deshalb lobt er das vom Land kürzlich beschlossene Sonderprogramm (18 Millionen Euro jährlich) zur Stärkung der biologischen Vielfalt. Leider, so Enssle, merke man davon noch nicht viel. Agrarminister Peter Hauk widerspricht ihm: „Dieses Programm wird stürmisch nachgefragt, es ist fast schon überzeichnet“, sagt der CDU-Politiker. Mit dem Geld sollen Bauern Blühflächen für Insekten anlegen.https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.naturschutz-schwaermen-die-buerger.b912c841-f962-4db7-8ad5-04b844d2fc42.html