Strobl pocht auf Vorratsdatenspeicherung für Hasskommentare

dpa/lsw Stuttgart. Wenige Tage ist der Terroranschlag von Halle her, bei dem zwei Menschen starben und viele Todesangst hatten. Nun will die Politik gegensteuern. Baden-Württemberg macht einen Vorstoß gegen Hetze im Netz.

Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Nach dem Terroranschlag von Halle drängt der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) auf eine Ausweitung der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung auch auf Hetze im Netz. Die Strafprozessordnung müsse erweitert werden, damit man nicht nur im Fall von schwersten Straftaten auf Verkehrs- und Verbindungsdaten zugreifen kann, sondern auch im Fall von Hasskommentaren im Netz, teilte das Innenministerium der Deutschen Presse-Agentur am Freitag mit.

„Stand heute rutschen genau diese Hasspostings oftmals durchs Raster“, sagte Strobl. „Der Anschlag in Halle hat uns aber traurig deutlich gemacht, dass Hass im Netz kein Kavaliersdelikt ist, sondern zu Radikalisierung führen kann - mit ganz furchtbaren Folgen.“

Unter Vorratsdatenspeicherung versteht man die flächendeckende, anlasslose Erfassung von Telefon- und Internetdaten der Nutzer. Sie wurde einst als Reaktion auf Terroranschläge in Europa eingeführt. Sicherheitsbehörden befürworten sie auch, um zum Beispiel im Kampf gegen Kinderpornografie vorankommen zu können. Kritiker lehnen sie dagegen wegen der Grundrechtseingriffe als viel zu weitgehend ab. In Deutschland ist die Vorratsdatenspeicherung aufgrund mehrerer Gerichtsentscheide in der Praxis ausgesetzt.

Am 9. Oktober hatte der Deutsche Stephan B. schwer bewaffnet versucht, in die Synagoge in Halle an der Saale einzudringen. Als sein Plan misslang, erschoss er auf der Straße eine 40 Jahre alte Frau und kurz darauf einen 20-jährigen Mann in einem Döner-Imbiss. Die Tat hatte B. via Helmkamera live im Internet übertragen. Seine Ausdrucksweise in dem Video zeige, dass B. recht intensiv in einer rechten Internetszene unterwegs gewesen sein müsse, hatte Terrorismus-Experte Peter R. Neumann nach dem Anschlag der dpa gesagt.

Unter der Voraussetzung, dass die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland von den Providern umgesetzt wird, verspricht sich das Innenministerium von einer Ergänzung des Straftatenkatalogs um Hasskommentare nach eigenen Angaben eine effektivere Strafverfolgung. Die Polizei könnte so auch bei Hasskommentaren die Verbindungsdaten abfragen und Tätern auf die Schliche kommen, die anonym Hetze verbreiten, heißt es aus dem Ministerium.

Hasskommentare oder andere strafbare Inhalte, die derzeit von den Providern einfach gelöscht würden, müssten zudem gespeichert und der Polizei zur Verfügung gestellt werden. Auch Plattformbetreiber hätten eine gesellschaftliche Verantwortung, sagte Strobl. Nach Angaben des Innenministeriums steht in dem Zusammenhang eine Verschärfung des sogenannten Netzwerkdurchsetzungsgesetzes im Raum. Das Gesetz legt Anbietern von sozialen Netzwerken bestimmte Pflichten auf, beispielsweise das Einrichten eines Beschwerdemanagements. Im Raum stehe jetzt, das Gesetz zu verschärfen, dass Anbieter sozialer Netzwerke bestimmte strafbare Inhalte direkt den Ermittlungsbehörden melden müssen.

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Erstellt:
18. Oktober 2019, 15:55 Uhr

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