Trumps Offerte an Buren

Südafrikas exklusive Oase für Weiße

Mit seinem Asylangebot hat Donald Trump weißen Buren in Südafrika weltweite Aufmerksamkeit verschafft. In Orania, ihrer umstrittensten Siedlung, wo sich ausschließlich ihresgleichen niederlassen dürfen, denkt aber keiner daran, nach Amerika umzusiedeln.

Auch Nelson Mandela, Südafrikas Held, hat Orania schon besucht.

© AP/Greg English

Auch Nelson Mandela, Südafrikas Held, hat Orania schon besucht.

Von Christian Putsch

Unter einem Zeltdach sitzen Hunderte weiße Südafrikaner und zeigen, wo sie ihre Zukunft sehen. Keineswegs in den USA, obwohl ihnen Präsident Donald Trump dort Asyl angeboten hat. Sondern hier: in Orania – in der Mitte Südafrikas.

Auf den ersten Blick ist Orania ein Farmer-Städtchen wie viele: 3000 Einwohner, verschlafene Geschäfte, Häuschen und Vorgärten reihen sich aneinander. Doch der Ort ist seit seiner Gründung 1991 ein Politikum. Denn dort dürfen ausschließlich „Buren“ leben. So nennen sich die Nachfahren der weißen Siedler aus den Niederlanden, Frankreich und Deutschland, die in Südafrika eine neue Existenz gründeten.

Umsiedlung in die USA?

Die Bürger von Orania sind somit das Gegenteil der multiethnischen Regenbogennation an der Südspitze Afrikas. Sie verkörpern Trumps Narrativ von Weißen, denen der Zeitgeist entgegenstehe, die regelrecht unterdrückt würden. „Die Vereinigten Staaten werden einen Plan erstellen zur Umsiedlung benachteiligter Minderheiten in Südafrika, die aufgrund ihrer Rasse diskriminiert werden“, hatte der US-Präsident verkündet. Anlass war eine im Januar in Kraft getretene Verordnung, welche die entschädigungslose Enteignung weißer Farmer erleichtern soll. Das ist auch künftig aber nur unter strengen Auflagen möglich. Trump sah sich dennoch zu einer Reaktion veranlasst. Südafrikas Regierung wurden alle finanziellen Zuwendungen gestrichen, es drohen weitere Konsequenzen, wie der Rauswurf aus dem Freihandelsabkommens der USA mit Afrika.

Vorrangig galt Trumps Asylangebot wohl den Farmern, aber in Südafrika fühlen sich auch viele Buren angesprochen, die nicht in der Landwirtschaft arbeiten. In Orania ist Trumps Offerte jedenfalls Gesprächsthema Nummer eins. Hier erzählen die Bürger, dass es 142 rassenbasierte Gesetze gebe, die Weißen würden systematisch bei der Besetzung von Arbeitsplätzen benachteiligt. Selbst ihre Sprache Afrikaans werde unterdrückt.

„Wir sind Trump dankbar“

Seit dem Enteignungsdekret kommt das Handy von Joost Strydom (32) kaum mehr zur Ruhe. Er ist der PR-Mann von Orania und dort aufgewachsen. „Wir sind Trump dankbar, dass er uns Anerkennung verschafft hat“, sagt er. Laut einer Umfrage von 2019 fühlen sich zwölf Prozent der fünf Millionen Weißen diskriminiert. Im Schnitt haben sie aber ein mehrfach höheres Einkommen als Schwarze, sind seltener arbeitslos.

In Orania ist der Anteil der Skeptiker weit höher als in den meisten anderen Gegenden des Landes. Doch Strydom kennt niemanden, der einen Umzug in die USA plant. „Meine Vorfahren waren schon 100 Jahre in Südafrika, bevor die USA überhaupt unabhängig wurden“, sagt er, „ich gehöre hier nach Orania – und ich möchte kein Flüchtling sein.“

Drähte zu Donald Trumps Umfeld

Die US-Botschaft in Pretoria teilt auf Anfrage mit, sie habe zur Zahl der Übersiedlungsanträge „nichts mitzuteilen“. Man arbeite noch an den „Umsetzungsdetails“. Vor der Botschaft forderten jüngst weiße Demonstranten auch nicht etwa Asyl, sondern Hilfe beim „Verjagen des ANC“, der größten Partei der Regierungskoalition.

So radikal spricht keiner in Orania. Aber auch hier unterstützen sie Buren-Lobbygruppen wie „AfriForum“, die mit dem Trump-Umfeld vernetzt sind. Elon Musk, der aus Südafrika stammende Einflüsterer Trumps, den die ausbleibende Marktzulassung von Starlink in Südafrika erzürnt, tut sein Übriges.

Infrastruktur würde für fünfmal so viele Einwohner reichen

In Orania wollen sie weiter ihr eigenes Ding durchziehen. So wie immer schon. Noch während der Apartheid kauften die Gründer dem Staat eine verlassene Siedlung am gleichen Ort ab. Wer hierher zog, wurde auch von den meisten Buren verspottet. Von einem „ Traumland“ könne man kaum reden, spottete eine Zeitungskarikatur, welche die ersten „Oranians“ in einer trostlosen Wüstenlandschaft zeigt.

Ein Bewohner hat die Karikatur in seinem Büro aufgehängt – als triumphierendes Statement. Die Stadt wächst um zehn Prozent jährlich, wenn auch nicht so schnell wie geplant. Die Infrastruktur ist für 15 000 Menschen ausgelegt, fünfmal mehr als jetzt.

In Orania gibt es sogar eine eigene Währung

So rückwärtsgewandt die Weltsicht auch sein mag, so innovativ sind die Bewohner in anderen Fragen. Vor Gericht erstritten sie die Klassifizierung als Gemeinde, können demnach lokale Steuern eintreiben. Die werden auch in den Bau von Solaranlagen investiert, um so weit wie möglich vom maroden Stromkonzern Eskom unabhängig machen. Selbst eine eigene Währung wurde eingeführt: der „Ora“.

Zuletzt empfingen die Oranier Delegationen vom Ostkap, welche die Weißen in der Landfrage um Rat baten. Lukrative Landstriche ihrer Provinz gehören dem Staat. Die lokalen Chiefs dürfen es zwar verwalten, entwickeln können sie ihre Gegend so aber nicht. Selbst der berüchtigtste linksradikale Politiker des Landes zeigte sich bei einem Besuch überrascht. Julius Malema stimmt ansonsten gerne das Lied „Tötet den Buren“ an. Er habe erwartet, von bewaffneten Buren aufgehalten zu werden, sagte er – nachdem er freundlich empfangen worden war.

„Toiletten werden nicht von Schwarzen geputzt“

Strydom erzählt, in Orania werde „keine einzige Toilette von einem schwarzen Bürger geputzt“. Man sehe die Ausbeutung schwarzer Arbeitskräfte als Kardinalfehler der Apartheid an. Orania ist wohl der einzige Ort in Südafrika, an dem ausschließlich Weiße den Zapfhahn der Tankstelle bedienen und im Supermarkt die Waren einpacken. Auch für schwarze Kunden.

Doch wer länger als vier Wochen bleiben will, der muss vor einem Bürgerausschuss das „Recht auf Anwohnerschaft“ erlangen. Abgefragt werden Afrikaans, Religiosität, konservatives Familienbild – die Bausteine der Burenidentität. Mit Rassismus habe das nichts zu tun, behauptet Strydom, „wir machen hier keine DNA-Tests“. Es gehe in Orania nur um gemeinsame Ursprünge, die Erhaltung der Kultur. „Wer hier Rassisten sucht, den schicken wir sofort weiter.“

Mandela kommt im Museum nicht vor

Es kann länger dauern, bis man auf der Hauptstraße Menschen mit dunkler Hautfarbe trifft. Nach einer Stunde parkt ein Kurierfahrer. „Alles ist ok“, sagt er, „die Leute sind freundlich zu mir.“ Ähnlich äußert sich eine Farmarbeiterin beim Einkaufen. Doch als Nachbarn bleiben sie unerwünscht. Für viele Südafrikaner bleibt Orania ein Symbol der schmerzhaften Geschichte des Landes.

Dies liegt wohl auch an einem Eckhaus in einer Seitenstraße von Orania. Es gehörte einst der Witwe des ehemaligen Premierministers Hendrik Verwoerd, die hier ihre letzten Jahre verbrachte. Heute ist es ein Museum zum Gedenken an Verwoerd, der als „Architekt der Apartheid“ gilt.

Ein Museumsführer erzählt, der Mann sei „für viele bis heute ein Held“. Im Wohnzimmer des Hauses saß einst Nelson Mandela. 1995 besuchte er die Witwe Verwoerds, man trank Tee, aß das Buren-Gebäck Koeksisters. Es war eine der großen Versöhnungsgesten Mandelas gegenüber den Unterdrückern. Ein Foto des historischen Treffens sucht man in dem Museum vergeblich.

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Erstellt:
16. März 2025, 15:36 Uhr

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