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Südkorea verbietet DeepSeek
Seit Wochen erstaunt die Künstliche Intelligenz von DeepSeek aus China die Welt. Doch Zweifler melden sich zu Wort: In Südkorea ist das Programm gesperrt worden, weil Datensicherheit nicht gegeben sei. Wobei dahinter auch Industriepolitik stecken kann.
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© dpa/Ahn Young-joon
17. Februar 2025, Südkorea, Seoul: Menschen schauen auf einen Fernseher im Bahnhof, auf dem während einer Nachrichtensendung über die chinesische KI DeepSeek berichtet wird.
Von Felix Lill
Was dieses neue Ding aus China leistet, ist beachtlich: Die Ende Januar auf den Markt gekommene Künstliche Intelligenz (KI) R1 des Unternehmens DeepSeek schneidet in einigen Tests schon ähnlich gut ab wie ChatGPT, die KI der US-Organisation Open AI, die seit ihrem Erscheinen vor gut zwei Jahren die Welt verändert hat. Denn nun kann auch DeepSeek diverse Fragen smart beantworten – ist zudem kostenlos in der Nutzung und kommt im Gegensatz zu ChatGPT mit deutlich weniger Rechenleistung aus.
Wie hoch die Wellen sind, die DeepSeek derzeit schlägt, deutet sich nicht nur dadurch an, dass die App kurz nach ihrer Veröffentlichung in mehreren Ländern die Downloadcharts angeführt hat. Mit dem Erscheinen von R1 rasten sogar die Aktienkurse anderer KI-orientierter Unternehmen wie Nvidia, SK Hynix oder ASML in den Keller. Weltweit fragt sich seither die Techbranche: Wird die chinesische KI schon in Kürze die beste des Planeten sein?
In einem Land scheint man schon die Antwort parat zu haben, und die lautet: „Nein“, oder zumindest: „So nicht.“ In Südkorea ist der chinesische Chatbot vorläufig gesperrt worden. Der Download der Anwendung aus den App-Stores sei ausgesetzt worden, nachdem man festgestellt habe, dass DeepSeek nicht vollständig mit den lokalen Datenschutzgesetzen übereinstimme, erklärte die nationale Datenschutzbehörde (PIPC). Der Dienst werde erst wieder zugelassen, wenn er den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Laut PIPC arbeitet DeepSeek aktiv mit der Datenschutzbehörde zusammen.
Auch Frankreich und Italien haben DeepSeek kürzlich dazu aufgefordert, offenzulegen, auf welche Weise Userdaten verwendet werden. Die italienische Datenschutzbehörde leitete eine Untersuchung ein, um zu prüfen, ob die App gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstößt. Da die Antworten von DeepSeek als unzureichend angesehen wurden, wurde die App aus den App-Stores entfernt. Zudem haben Taiwan und Australien DeepSeek für Regierungsbehörden und staatliche Einrichtungen verboten. Und Nadir Izrael, Chief Technology Officer beim Techunternehmen Armis, erklärte zuletzt: „Die größte Sorge ist die Möglichkeit von Datenlecks des KI-Modells an die Regierung.“ Man wisse nicht, wohin die Informationen letztlich gehen.
Taiwan und Australien haben die Verwendung von DeepSeek für Regierungsbehörden und staatliche Einrichtungen verboten. In den USA gibt es kein landesweites Verbot, jedoch haben mehrere Bundesbehörden wie die Nasa und das Verteidigungsministerium ihren Mitarbeitern die Nutzung der App untersagt. Auch in Deutschland meldeten Behörden und Cybersicherheitsfachleute gravierende Sicherheitsbedenken an
Dem chinesischen Ein-Parteienstaat, der in diversen Unternehmen des Landes vernetzt ist, wurde über die letzten Jahre immer wieder Spionage vorgeworfen. In China selbst werden Daten umfassend gesammelt, womit die Bevölkerung überwacht und kontrolliert wird. Auch deshalb verursacht die Angabe von Deepseek, die eigene KI sei binnen Monaten entwickelt worden und habe nur sechs Millionen US-Dollar Budget gekostet, Nervosität. Es wäre ein Bruchteil dessen, was in ChatGPT geflossen ist.
Schock für Samsung und SK Hynix
Wobei die Gründe für die auffallend ablehnende Haltung gegenüber DeepSeek in Südkorea auch durch andere Dinge als Datensicherheit zu erklären sein könnten. Interimspräsident Choi Sang-mok hat R1 als „frischen Schock“ bezeichnet, da die Software mit Chips funktioniere, die wesentlich simpler sind als jene, die von südkoreanischen Konzernen wie Samsung und SK Hynix entwickelt werden. Deren bisher dominante Stellung auf dem Weltmarkt scheint damit bedroht. Samsung und SK Hynix haben diese Tage durchblicken lassen, dass sie die Marktlage nun neubewerten und bald neue Investitionspläne beschließen könnten. Zudem hat Interimspräsident Choi angekündigt, die Regierung werde einen neuen Fonds in Höhe von 34 Billionen Won (rund 22,5 Milliarden Euro) auflegen, um die Entwicklung neuer Technologien zu fördern.
Woher stammt Kimchi?
Aber auch die Frage, wie gut DeepSeek wirklich ist, wird in Südkorea gestellt. Yonhap, die führende Nachrichtenagentur, veröffentlichte einen Artikel mit dem Titel: „DeepSeek gibt unterschiedliche Antworten über den Ursprung von Kimchi.“ Den scharfen, fermentierten Kohl, der in Südkorea als Nationalspezialität bekannt ist, bezeichne die KI als südkoreanisch, wenn man auf Koreanisch frage. Doch wenn man die Frage auf Chinesisch stelle, behaupte DeepSeek, Kimchi sei aus China.
Im in vielerlei Hinsicht sehr patriotischen Südkorea kann dies nun als ein weiterer Grund gelten, warum man DeepSeek nicht brauche. In Europa wiederum kann das auch als ein Anlass gelten, in den jüngsten Entwicklungen rund um KI einen Hoffnungsschimmer zu sehen. Bisher hinken die EU-Länder im boomenden KI-Bereich hinterher. Aber wenn ein nicht-US-amerikanisches Produkt es erstens schafft, schnell für Furore zu sorgen, und zweitens doch nicht alles weiß, ist vielleicht noch nichts verloren.
Deutsche Behörde ist alarmiert
Tastaturrhythmen Deutsche Behörden und Cybersicherheitsfachleute hegen gegenüber der KI DeepSeek gravierende Sicherheitsbedenken: Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) verweist etwa darauf, dass DeepSeek nach eigenen Datenschutzhinweisen „Tastatureingabemuster oder -rhythmen“ erfasst, die dazu genutzt werden könnten, individuelle Nutzerprofile zu erstellen und wiederzuerkennen.
Eingabe Dem BSI zufolge gibt es zudem die Möglichkeit, dass Tastatureingaben innerhalb der App mitgelesen werden, bevor sie abgeschickt werden. (dpa)