Grüne und CDU nicht einig beim Thema Schwangerschaftsabbruch
dpa/lsw Stuttgart. Die Ampel-Koalition in Berlin will den umstrittenen Gesetzesparagrafen 219a abschaffen. Ein schwieriges, sensibles Thema, bei dem die Regierungsfraktionen im Stuttgarter Landtag nicht auf einen Nenner kommen.
Grüne und CDU im Landtag sind sich im Umgang mit Schwangerschaftsabbrüchen nicht einig. Isabell Huber, familienpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, wies die Pläne der Bundesregierung zur Abschaffung des Paragrafen 219a in der Parlamentsdebatte am Donnerstag scharf zurück. Damit werde der Schwangerschaftsabbruch von der Ausnahme zur vermeintlichen Normalität erklärt. Die Grünen-Abgeordnete Stefanie Seemann nannte die Aufhebung des Paragrafen hingegen „überfällig“. „Klar ist doch, keine schwangere Frau entscheidet sich „mal so“ für einen Abbruch, weil sie im Internet von einem tollen Angebot gelesen hat.“
Die Ampel-Koalition will den Paragrafen 219a aus dem Strafgesetzbuch streichen. Das Vorhaben soll Ärzten und Ärztinnen rechtlich ermöglichen, ausführlichen Informationen über Schwangerschaftsabbrüche öffentlich zur Verfügung zu stellen.
„In Deutschland haben wir seit 1995 eine gesetzliche Regelung, nach der Ärztinnen und Ärzte Abbrüche straffrei und rechtmäßig vornehmen können. Dann kann es nicht sein, dass diesen verboten wird, über ihre Leistungen sowie über Risiken und Nebenwirkungen bei einem Schwangerschaftsabbruch sachlich zu informieren“, sagte Seemann. Das Thema müsse außerdem stärker im Medizinstudium verankert werden, um auch künftig ein wohnortnahes Angebot zur Abtreibung sicherzustellen. „Etliche derjenigen, die diese Abbrüche vornehmen, sind kurz vor dem Rentenalter und deshalb brauchen wir auch dringend die Jungen, die sich des Themas neu annehmen.“
Ein Schwangerschaftsabbruch sei aber kein normaler medizinischer Eingriff, sondern beende ungeborenes Leben, wandte Huber ein. Der Paragraf 219a sei eine über Jahre gewachsene Abwägung zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren und dem Lebensrecht des Ungeborenen. Weil es bereits Beratungslösungen und rechtlich abgesicherte Schwangerschaftsabbrüche gebe, handle es sich um eine Scheindebatte.
Die Staatssekretärin im Sozialministerium, Ute Leidig, wollte sich noch nicht klar zur Aufhebung des Paragrafen positionieren: „Zu dieser Frage werden wir uns äußern, wenn die Entscheidung im Bundesrat ansteht.“
Um das medizinische Angebot für Schwangerschaftsabbrüche im Land zu erheben, führte das Sozialministerium Anfang 2021 eine Befragung von 1510 Gynäkologen und Gynäkologinnen durch. Von 768 der antwortenden Ärztinnen und Ärzte nehmen demnach 706 keine Schwangerschaftsabbrüche vor. Einen „akuten Notstand“ beim Angebot an Schwangerschaftsabbrüchen sieht das Ministerium aber nicht. Nur für sieben Praxen sei die unsichere Rechtslage der Grund dafür, keine Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen.
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