Südwesten lockert Maskenpflicht in Schulen ab Montag

dpa/lsw Stuttgart. An den Schulen im Südwesten wird die Maskenpflicht gelockert. Doch nicht alle sind überzeugt, dass das eine gute Idee ist.

Eine FFP2-Maske liegt in einer Grundschule auf einem Tisch. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Eine FFP2-Maske liegt in einer Grundschule auf einem Tisch. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Trotz zahlreicher Corona-Fälle bei Kindern und Jugendlichen hält Baden-Württemberg an den Lockerungen der Maskenpflicht in Schulen ab Montag fest. Das Kultusministerium in Stuttgart twitterte am Sonntag: „Gestern haben wir die Corona-Verordnung #Schule notverkündet. Die Änderungen, wie die Lockerung der #Maskenpflicht treten damit wie geplant in Kraft.“

Die Pläne waren schon bekannt: Schülerinnen und Schüler müssen am Platz keine Maske mehr tragen. „Auf den sogenannten Begegnungsflächen gilt die Maskenpflicht aber weiterhin - sie bleibt dort als Sicherheitszaun erhalten“, erläuterte das Ministerium. Auch Lehrer und Lehrerinnen können die Maske ablegen, wenn sie 1,5 Meter Abstand einhalten. „Selbstverständlich verbieten wir das Tragen der Maske nicht. Wer will, kann also im Klassenzimmer weiterhin freiwillig eine Maske tragen“, so Ministerin Theresa Schopper (Grüne). Sollte sich die Corona-Lage verschärfen, greift wieder die Maskenpflicht.

Das Robert Koch-Institut hatte am Freitag berichtet, in den vergangenen vier Wochen seien bundesweit 636 Ausbrüche in Schulen übermittelt worden - wegen möglicher Nachmeldungen sind demnach aber insbesondere die vergangenen beiden Wochen noch nicht zu bewerten.

Schon seit einiger Zeit werden zahlreiche Corona-Infektionen insbesondere bei Kindern ab dem Schulalter und bei Jugendlichen festgestellt. An Kitas und Schulen wird jedoch in der Regel auch zwei Mal in der Woche auf das Virus getestet. Die Covid-19-Impfstoffe sind bislang ab zwölf Jahren zugelassen. Kinder und Jugendliche erkranken zwar deutlich seltener schwer an Covid-19 als ältere Menschen, es gibt aber noch offene Fragen rund um Langzeitfolgen.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zeigte sich besorgt über die hohen Corona-Inzidenzen bei Kindern und die Langzeitfolgen. Parallel zu Lockerungen von Auflagen würden die Zahlen weiter steigen, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Das ist eine Gefahr, denn wir werden große Probleme mit Long Covid bei Kindern bekommen.“ Ein Hauptgrund für Infizierungen sei mangelndes Lüften in Schulen.

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin rief Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren auf, sich gegen Corona impfen zu lassen. Er werbe dafür „so dringlich wie bei Erwachsenen“ und empfehle die Impfung „uneingeschränkt“, nachdem Daten von über zehn Millionen Kindern und Jugendlichen erhoben wurden, sagte Verbandspräsident Jörg Dötsch dem RND. Die Risiko-Nutzen-Abwägung falle eindeutig zugunsten der Impfung aus.

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, sagte der „Passauer Neuen Presse“: „Auch wenn die allgemeinen Infektionszahlen derzeit noch stagnieren, nehmen gerade an Schulen die Infektionsausbrüche aktuell in einem Ausmaß zu, wie wir es bislang im Pandemieverlauf nicht kannten, vor allem nicht zu einem so frühen Zeitpunkt vor dem Winter.“ Ein Licht am Ende des Tunnels sei, dass die Impfquote bei 12- bis 17- Jährigen schnell ansteige.

Dötsch sagte mit Blick auf die Corona-Situation in Schulen: „Wir wollen weiterhin keine Durchseuchung der Kinder - aber wir wollen auch unbedingt vermeiden, dass die Jüngsten nochmal unter den Folgen der Schulschließungen und der Isolationsmaßnahmen leiden müssen.“ Die Infektionszahlen seien „nicht mehr das Entscheidende, auch nicht dann, wenn sie regional sehr hoch sind.“

Stand Freitag waren in Baden-Württemberg nach Angaben des Ministeriums 20 Klassen/Gruppen von landesweit ungefähr 67.500 Klassen wegen Corona-Fällen aus dem Präsenzbetrieb genommen worden. In weiteren Fällen seien nur einzelne Schülerinnen und Schüler beziehungsweise Lehrkräfte infiziert oder in Quarantäne/Isolation. 0,07 Prozent aller Lehrkräfte in Baden-Württemberg und 0,13 Prozent der Schülerschaft seien derzeit positiv auf Coronavirus getestet.

Der Philologenverband Baden-Württemberg, der die Gymnasiallehrerinnen und -lehrer vertritt, hatte ebenfalls Bedenken geäußert: „Ich halte einen solchen Schritt zum jetzigen Zeitpunkt für verfrüht“, erklärte Verbandschef Ralf Scholl im Bezug auf die Lockerungen. Thüringen habe vor einigen Wochen die Maskenpflicht in Schulen aufgehoben - dort seien die Inzidenzwerte bei den 5-14-Jährigen explodiert. „Wenn die Schulen offengehalten werden sollen, sind möglichst umfangreiche Schutzmaßnahmen unumgänglich“, sagte Scholl. Dazu gehörten neben den geforderten Raumluftreinigungsgeräten „auch und gerade Masken“.

© dpa-infocom, dpa:211016-99-618726/5

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Erstellt:
16. Oktober 2021, 14:13 Uhr

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