Katholische Exorzisten warnen vor Missbrauch

Teufel und Dämonen: Was es mit dem Exorzismus auf sich hat

Die meisten Menschen verbinden mit Exorzismus gruselige Hollywood-Filme. In Wahrheit ist die katholische Dämonenaustreibung aber ein streng geregeltes Ritual ohne sensationellen Hokuspokus. Das soll auch so bleiben.

Gabriele Amorth (1925-2016) war ein italienischer römisch-katholischer Priester, der ab 1986 Exorzist der Diözese Rom war. Von 1994 bis 2000 war Amorth Vorsitzender der Internationalen Exorzistenvereinigung.

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Gabriele Amorth (1925-2016) war ein italienischer römisch-katholischer Priester, der ab 1986 Exorzist der Diözese Rom war. Von 1994 bis 2000 war Amorth Vorsitzender der Internationalen Exorzistenvereinigung.

Von Markus Brauer/KNA

Die Internationale Vereinigung der Exorzisten (italienisch: Associazione internazionale degli esorcisti/AIE) hat auf „falsche und unzulässige Praktiken im Exorzismus“ hingewiesen. Die 1994 gegründete Organisation betont in einer aktuellen Mitteilung die Notwendigkeit von „Unterscheidung, Ausbildung und dem Handeln unter kirchlichem Mandat“, um Schaden zu vermeiden.

Warnung vor Sensationalismus und Improvisation

Ausdrücklich warnt die Vereinigung vor Sensationalismus und improvisierten Methoden, die nicht von der Kirche autorisiert sind. Immer müsse ein Exorzismus im Namen und in Vertretung der Kirche ausgeübt werden. Zudem handle der Exorzist als „Diener Christi, der allein Macht über alle Dämonen besitzt“.

Nach katholischer Lehre können Menschen vom Teufel und Dämonen besessen sein und mittels vorgeschriebener Rituale durch Geistliche, die zu Exorzisten speziell ausgebildet und kirchlich ernannt wurden, davon befreit werden. Vor einem Exorzismus ist unter anderem die „Konsultation von Psychiatern“ vorgeschrieben. Katholische Exorzisten unterscheiden zwischen Besessenheit, religiöser Hysterie und diversen psychischen Erkrankungen.

Exorzisten haben mehr zu tun

Laut der rund 900 Mitglieder weltweit umfassenden Vereinigung ist in den vergangenen Jahren die Zahl der Menschen, die Exorzisten aufsuchen, gestiegen. Immer mehr Menschen glaubten, Opfer übernatürlicher dämonischer Einflüsse wie Besessenheit oder Obsession zu sein.

Die AIE verurteilt Aberglaube und Praktiken wie das „Diagnostizieren“ von dämonischen Einflüssen anhand von Fotos oder Kleidungsstücken sowie den Missbrauch geweihter Gegenstände wie Wasser oder Öl. Solche Methoden seien „nicht nur theologisch falsch, sondern fördern eine magische Denkweise“.

Exorzismus sei kein Akt des Schreckens, wie oft in Filmen dargestellt, sondern des Glaubens und der Freude, weshalb ein von manchen Exorzisten praktizierter Fokus ausschließlich auf den Teufel falsch sei, heißt es weiter. Exorzisten sollten sich am Beispiel des barmherzigen Samariters orientieren und den Leidenden mit Hoffnung und Demut begegnen.

Das Böse und die Teufelsaustreibung

Für die Katholische Kirche ist die Existenz des Bösen eine Glaubenswahrheit. Unter Exorzismus wird in vielen Religionen die rituelle Vertreibung böser Mächte oder Geister aus Menschen, Tieren oder Gegenständen verstanden. In der Katholischen Kirche war der Exorzismus von „Besessenen“ im Mittelalter gang und gäbe. Heute unterliegt er sehr strengen Auflagen.

Zum Exorzismus (griechisch: exorkismós, das Hinausbeschwören) gehören in der katholischen Kirche das Besprengen mit Weihwasser, die Anrufung Gottes und das Handauflegen.

Kein esoterischer Hokuspokus

Der Große Exorzismus ist kein esoterischer Hokuspokus, sondern ein theologisches Befreiungsritual.

Die Richtlinien sind sehr streng: Nach den Kirchenvorschriften darf die „Teufelsaustreibung“ nur nach ausdrücklicher Genehmigung des Ortsbischofs durch einen Priester vorgenommen werden, „der sich durch Frömmigkeit, Wissen, Klugheit und untadeligen Lebenswandel auszeichnet“.

Zuvor müssen alle medizinischen oder psychiatrischen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sein. Um religiöse Besessenheit von psychiatrischen Störungen zu unterschieden, muss der Priester zwingend ärztlichen Rat einholen.

So läuft ein Exorzismus-Ritual ab

  • Anzeichen: Es gibt „Anzeichen“, an denen ein Priester erkennen kann, ob Satan von einer Seele Besitz ergriffen hat: wie das Sprechen fremder, dem Besessenen unbekannter Sprachen, unnatürliche körperliche Kraft oder abgrundtiefe Abneigung gegen Gott.
  • Ablauf: Der Priester besprengt den „Besessenen“ mit Weihwasser, legt ihm die Hände auf, betet und liest aus der Bibel. Dann bittet er Gott um Befreiung vom Bösen und befiehlt dem Teufel, den Besessenen zu verlassen.
  • Dämonen: Im Katechismus der Katholischen Kirche heißt es: Der Exorzismus diene dazu, „Dämonen auszutreiben oder vom Einfluss von Dämonen zu befreien, und zwar kraft der geistigen Autorität, die Jesus seiner Kirche anvertraut hat“. Der Hauptdämon sei ein „gefallener Engel, der Satan oder Teufel genannt wird“.

Großer Exorzismus und Befreiungsdienste

Das Rüstzeug, mit dem Priester dem Bösen zu Leibe rücken, heißt offiziell Großer Exorzismus. 1614 wurde sein Ablauf in dem liturgischen Buch „Rituale Romanum“ geregelt.

Die überarbeitete Version von 1999 trägt den Titel „De exorcismis et supplicationibus quibusdam“ (Über die Exorzismen und Bittgebete, die sich darauf beziehen). In verschiedenen christlichen Kirchen, vor allem in evangelikalen und charismatischen Gemeinden sind zudem „Befreiungsdienste“ entstanden, die sich eine ähnliche Aufgabe gestellt haben.

Info: Gabriele Amorth

Teufelsaustreiber Pater Gabriele Amorth, der am 16. September 2016 im Alter von 91 Jahren in einer römischen Klinik Rom starb, galt als berühmtester Teufelsaustreiber der katholischen Kirche. Der aus dem norditalienischen Modena stammende Amorth war als langjähriger Chef-Exorzist der Diözese Rom international bekannt geworden.

Jurist und Exorzist In seiner Laufbahn nahm der studierte Jurist seit Mitte der 1980er Jahre nach eigenen Angaben rund 70 000 Exorzismen vor und veröffentlichte mehrere Bücher. Im strikten Sinn vom Teufel besessen seien nur rund 100 Menschen gewesen, räumte er ein.

Vereinigung der Exorzisten 1990 hatte er die Internationale Vereinigung der Exorzisten gegründet, der er bis zum Jahr 2000 auch vorstand. Sie wurde 2014 vom Vatikan offiziell anerkannt. Amorth beklagte, selbst viele katholische Priester glaubten heutzutage nicht mehr an den Teufel. Dabei seien Teufelsaustreibungen heute weiter nötig, meinte er bei einem seiner letzten Interviews: In der Welt gebe es eine „riesige Zahl“ von Dämonen. „Sie hassen Gott und das Gute und wollen den Menschen zur Sünde verführen und in die Hölle zerren.“

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Erstellt:
15. Januar 2025, 19:26 Uhr
Aktualisiert:
15. Januar 2025, 19:47 Uhr

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