Tierrettung Unterland zieht sich aus Backnang zurück
Seit Juni 2022 übernimmt die Tierrettung Unterland Einsätze in Backnang und Umgebung. Damit soll nun Schluss sein. Grund dafür ist ein Zerwürfnis mit der Backnanger Stadtverwaltung, zu dem es unterschiedliche Versionen gibt.
Von Lorena Greppo
Backnang. Bei der Tierrettung im Rems-Murr-Kreis scheint der Wurm drin zu sein. Im Juni 2018 war eigens der Verein Tierrettung Rems-Murr gegründet worden, um eine Lücke in der Versorgung zu schließen. Als etwa ein Jahr später die Initiatorin verstarb, wurde es ruhig um den Verein. Wenig später stellte er seine Aktivität ein. Im Oktober 2020 verkündete dann die Tierrettung Unterland mit Sitz in Neckarsulm, künftig Einsätze im Rems-Murr-Kreis zu übernehmen. Das Ganze sollte in einer Testphase erprobt werden, um dann verstetigt zu werden. Doch auch damit ist nun wieder Schluss. In einem Facebook-Post verkündete der Verein vor wenigen Tagen, sich ab sofort aus der Abdeckung der Stadt Backnang sowie zum Jahresende aus der generellen Abdeckung des Rems-Murr-Kreises im Umfeld des Altkreises Backnang zurückzuziehen. Man reagiere damit auf ein Schreiben der Stadt Backnang.
Wie genau sich alles abgespielt hat, schildern Tierrettung und Stadt Backnang unterschiedlich. Es scheint aber, dass auf beiden Seiten Fehler unterlaufen sind. Dabei war eine Kooperation anfangs von beiden erwünscht. Eine Vereinbarung hierfür hatte die Tierrettung Unterland im Juni 2022 auch unterschrieben an die Stadt Backnang gesandt. „Diese hatte unserer Kenntnis nach seither Bestand“, heißt es in der Stellungnahme des Vereins. Darin räumen die Verantwortlichen aber ein, dass ihnen nicht aufgefallen war, dass man den Vertrag nicht unterschrieben von der Stadt Backnang zurückbekommen hatte.
Vor einer Vereinbarung gab es vonseiten der Stadt Klärungsbedarf
Der städtische Pressesprecher Christian Nathan erklärt auf Anfrage, dass der Verwaltung mit der unterzeichneten Vereinbarung eine Liste der Einsätze übermittelt worden war. „Auf dieser Liste waren 25 Einsätze benannt, wovon 21 Einsätze Wildtiere betrafen. Diese Einsätze waren nicht nachvollziehbar und vor allem nicht mit dem Jagd- und Wildtiermanagementgesetz vereinbar.“ Der Vertrag wurde daher nicht als unterschriftsfähig angesehen. Oberbürgermeister Maximilian Friedrich habe daraufhin in einer E-Mail an den Verein Klärungsbedarf gemeldet und diesem ein Gesprächsangebot unterbreitet. Jedoch: „Dieses wurde nicht angenommen.“
Damit der Verein dennoch zeitnah die Arbeit aufnehmen kann und nicht warten muss, bis eine Kooperationsvereinbarung getroffen ist, habe die Stadt Backnang freiwillige Zuwendungen in Höhe von 1500 Euro im Jahr 2022 und 1200 Euro im Jahr 2023 geleistet. „Dass mit den geleisteten Zahlungen automatisch ein gültiges Vertragsverhältnis zustande gekommen sei, wie vom Verein behauptet, ist nicht korrekt“, betont der Pressesprecher.
Einsätze habe es insgesamt 34 gegeben, teilt ein Mitglied der Tierrettung Unterland mit. „Es wären wohl deutlich mehr gewesen, wenn alles so geklappt hätte, wie es sollte.“ Es habe Abstimmungsprobleme unter den Beteiligten gegeben. Wie genau diese aussahen, will das Vereinsmitglied nicht sagen und verweist auf die Stellungnahme des Vereins auf dessen Facebook-Seite. Darüber hinaus wolle man sich nicht äußern.
Auf Facebook schildern die Beteiligten jeweils ihre Sicht der Dinge
Offenbar hatte sich der Verein – im Glauben, es bestünde ein Vertragsverhältnis – mit einer Änderung und einer gewünschten Vertragsanpassung an die Verwaltung gewandt. Man habe daraufhin vom Backnanger Ordnungsamt eine Korrespondenz „in entsprechend aggressiver Tonart“ bekommen. Darin hieß es unter anderem: „Die Stadt Backnang hat einen Kooperationsvertrag mit dem Tierschutzverein Backnang e.V. Eine darüber hinausgehende Regelung ist nicht vorgesehen.“
Ja, dieses Zitat sei richtig „und leider ein Baustein in einer Kette von Kommunikationsschwierigkeiten“, räumt Christian Nathan ein. Der missverständliche Passus habe insbesondere herrenlose Fundtiere gemeint, gar nicht die Kooperation als solche. „In Reaktion darauf hat es die Tierrettung Unterland vorgezogen, ihre subjektive und zu Teilen auch nicht den Tatsachen entsprechende Sicht der Dinge auf Facebook zu teilen, anstatt eine Klärung bei der Stadt Backnang herbeizuführen. Ein erneutes Gesprächsangebot seitens der Stadt Backnang wurde abgelehnt.“
Zwar hatte die Stadt Backnang auch den besagten Facebook-Post kommentiert und betont, einem Klärungsgespräch zum Wohl der Tiere weiterhin offen gegenüberzustehen. Die Tierrettung wiederum schließt eine weitere Zusammenarbeit zum jetzigen Zeitpunkt und aufgrund der zurückliegenden Korrespondenz jedoch aus. „Wir bedauern sehr, nun bereits als zweiter Tierrettungsdienst innerhalb weniger Jahre im Rems-Murr-Kreis zu scheitern und den Rückzug antreten zu müssen. Im Interesse der Tiere hoffen wir sehr, dass die Stadt einen besseren Weg finden wird“, heißt es abschließend vom Verein.
Auch die Stadt Backnang drückt ihr Bedauern darüber aus, dass die Tierrettung eine weitere Zusammenarbeit ausschließt. Das sei „aus Sicht der Stadt Backnang sachlich nicht nachvollziehbar“. Unabhängig davon werde man sich weiterhin für gute Lösungen beim örtlichen Tierschutz einsetzen. Die Zusammenarbeit mit dem Tierschutzverein Backnang und Umgebung bezeichnet der städtische Pressesprecher als sehr gut. Dieser versorge seit Jahren die Fundtiere sowie Tiere aus Beschlagnahmen erfolgreich auch bezüglich der Weitervermittlung. „Die bisherigen und bestehenden Strukturen sind auch fortan ausreichend, um alle Leistungen zu erbringen.“
Von Lorena Greppo
Es hätte alles so schön sein können. Mit der Tierrettung Unterland, die 2015 gegründet wurde und in zehn Landkreisen aktiv ist, hat der Rems-Murr-Kreis einen erfahrenen, verlässlichen und kompetenten Partner an der Seite. Sollte man meinen. Nun soll die Zusammenarbeit also Geschichte sein. Und aus der Sache gehen alle Parteien als Verlierer hervor. Die Stadt Backnang und die Umlandgemeinden haben einen Ansprechpartner weniger in Sachen Tierrettung. Deren Aufgaben müssen nun andere übernehmen. Man kann der Verwaltung auch vorwerfen, dass sie nicht früher Klarheit in puncto Kooperationsvereinbarung geschaffen hat. Die Tierrettung Unterland muss sich wiederum den Vorwurf gefallen lassen, nicht über ihren eigenen Schatten springen zu können. Ja, in der Kommunikation mit der Stadt Backnang ist manches schiefgelaufen – aber längst nicht nur bei der Verwaltung. Deshalb nicht einmal mehr das Gesprächsangebot zur Klärung anzunehmen, zeigt nicht gerade Größe. Und nicht zuletzt leiden Tiere in Not darunter, um deren Wohl angeblich alle so bemüht sind.
l.greppo@bkz.de