Tierschutz – kaum Kontrollen in Ställen
Mängel finden Prüfer auf jedem fünften Hof – Landesagrarminister Hauk unterstützt harte Linie bei Einbrüchen in Tierhaltungen
Missstand - In Baden-Württemberg müssen Landwirte äußerst selten mit einem Besuch des Amtsveterinärs rechnen.
Stuttgart Die Nutztierbetriebe im Südwesten werden durchschnittlich nur alle 19,3 Jahre durch das Veterinäramt nach den tierschutzrechtlichen Vorgaben der EU kontrolliert. Dies geht aus einer Statistik der Bundesregierung für die Jahre 2009 bis 2017 hervor, die unserer Zeitung vorliegt.
In der Rangliste der 16 Bundesländer liegt Baden-Württemberg auf Platz elf, nur in Bayern, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern schauen noch seltener Behördenmitarbeiter nach, wie die Tiere in den Ställen gehalten werden.
Knapp 30 000 amtliche Tierschutzkontrollen gab es 2017 nach Auskunft der Bundesregierung. Bei jedem fünften Bauernhof wurden demnach Mängel festgestellt. Die Zahlen erhalten eine zusätzliche Brisanz dadurch, dass die Bundesregierung beabsichtigt, gegen Tierschützer härter vorzugehen, die in Agrarbetriebe eindringen, um Missstände aufzudecken. Im Koalitionsvertrag heißt es: „Wir wollen Einbrüche in Tierställe als Straftatbestand effektiv ahnden.“
Landesagrarminister Peter Hauk (CDU) begrüßte die Initiative. „Die Landesregierung hat sich bereits stets klar und deutlich gegen jegliche Einbrüche in Tierhaltungen positioniert und sich für eine effektive strafrechtliche Ahndung ausgesprochen. Diese Linie wird auch in Zukunft beibehalten“, sagte er unserer Zeitung.
Jens Bülte, Professor für Wirtschaftsstrafrecht an der Universität Mannheim, kritisiert die Politik scharf. „Sollen tatsächlich Menschen bestraft werden, die im Interesse des Tierschutzes als Verfassungsgut und in echter Gewissensnot handeln, um elementares Versagen des Staates und systematische Rechtsverstöße der Agrarwirtschaft aufzudecken?“, sagte Bülte unserer Zeitung. Die Veterinärämter, aber auch die Strafjustiz hätten zu wenig Personal, um Missstände aufzudecken und zu ahnden.