Was geschah am . . . 12. März 1989?
Tim Berners-Lee präsentiert erstmals das World Wide Web
Viele Bausteine des digitalen Lebens stammen aus den USA, vom Internet-Protokoll TCP/IP über die ersten Personal Computer bis hin zum iPhone – der Grundstein für das World Wide Web (WWW) aber nicht.

© © CERN
Tim Berners-Lee arbeitet im Jahr 1989 am Europäischen Kernforschungszentrum Cern in Genf. Hier erfindet er das World Wide Web.
Von Markus Brauer/dpa
Am 12. März 1989 präsentiert der britische Physiker und Informatiker Timothy John Berners-Lee intern am Europäischen Kernforschungszentrum Cern in Genf eine Idee, die sich als bahnbrechend für die Internet-Kommunikation herausstellen soll: ein Programmcode für ein digitales Informationsnetz, bei dem die Inhalte als universeller Hypertext aufbereitet und mit anklickbaren Links vernetzt werden. Das World Wide Web, kurz WWW.
URL, HTML, HTTP
Innerhalb von nur wenigen Monaten hat Berners-Lee zuvor dafür die notwendigen Komponenten entwickelt: URLs wie info.cern.ch für Web-Adressen, die Seitenbeschreibungssprache HTML für Web-Pages, das technische Protokoll HTTP für Links und das Konzept für einen Webbrowser.
- Am 30. April 1993 stellt das Cern den Programmcode des World Wide Web (www) der Öffentlichkeit zu Verfügung und begründet damit einen beispiellosen Siegeslauf der Web-Technologie.
- Als eigentlicher Geburtstag des Webs gilt aber auch der 6. August 1991, der Tag, an dem das Webkonzept in einer Gruppe im Usenet veröffentlicht wurde. Oder die Tage um das Weihnachtsfest 1990 herum, als der erste Webserver online ging.
Schnell sprechender, vor Ideen sprudelnder Physiker
Wie dem auch immer sei: Treibende Kraft hinter der Entwicklung des WWW war Tim Berners-Lee, ein schnell sprechender Physiker, der vor Ideen nur so sprudelt. Der Forscher arbeitet damals am Cern und will nicht nur seine eigenen Gedankengänge sortieren und vernetzen, sondern auch das berüchtigte Informationschaos am Cern in Grenzen halten.
Im März 1989 hat Berners-Lee bereits ein Papier veröffentlicht, in er Kollegen die Grundsätze des Web vorstellt. Aus der Chefetage des Cern erhält er allerdings zunächst wenig Unterstützung.
„Vague, but exciting“ – „Vage, aber aufregend“, lautet der handschriftliche Kommentar seines Chefs Mike Sendall auf dem Titelblatt des Memos. „Es gab kein Forum, von dem ich eine Antwort erwarten konnte. Nichts geschah“, erinnert sich Berners-Lee später in seinem Buch „Der Web-Report“.
Abgeschottete Online-Dienste
Ein plattformübergreifende digitale Kommunikation ist damals nicht nur für die Chefs des Cern schwer vorstellbar. Die Online-Welt besteht Ende der 1980er Jahre noch aus abgeschotteten Online-Diensten.
In den USA buhlen Dienste wie CompuServe und AOL um Nutzer.
In Deutschland unternimmt die Bundespost ab 1977 mit dem Bildschirmtext (Btx) erste Schritte in die Online-Welt. 1992 zählte Btx-Chef Eric Danke aber nur rund 320.000 Teilnehmer, obwohl der Dienst nach den ursprünglichen Prognosen längst ein Service mit mehreren Millionen Mitgliedern hätte sein sollen.
Besser läuft es mit dem technisch vergleichbaren System Minitel in Frankreich, das in den meisten Haushalten zu finden ist. Doch weder Btx, noch AOL noch Minitel können die Inhalte auf ihren Plattformen mit anderen Diensten einfach teilen.
Was fehlt, ist der richtige Webbrowser
Mit dem World Wide Web soll sich das radikal ändern. Doch bevor das Web sich tatsächlich international durchsetzen kann, bedarf es noch einer Anschubhilfe aus den USA. Dem Web von Tim Berners-Lee und seines Kollegen Robert Cailliau fehlt noch ein richtiger Browser mit grafischer Benutzeroberfläche für PCs, Macs und die in der Informatik üblichen Unix-Workstations. Das Cern sieht sich nicht in der Lage, diese Entwicklung zu finanzieren.
- Zur Info: Webbrowser oder allgemein auch Browser (englisch: to browse – stöbern) sind Computerprogramme zur Darstellung von Webseiten im World Wide Web oder allgemein von Dokumenten und Daten. Webbrowser stellen die Benutzeroberfläche für Webanwendungen im World Wide Web dar.
Die Anfänge: ViolaWWW, Netscape, Internet Explorer
Diese Aufgabe übernimmt dann Entwickler aus den USA. 1991 entsteht von der University of California in Berkeley der Browser ViolaWWW, der aber bald wieder in der Versenkung verschwindet.
Ein richtiger Durchbruch für die Web-Technologie gelingt dagegen dem Studenten Marc Andreessen. Er entwickelt an der University of Illinois den ersten Mosaic-Browser und macht sich später mit Netscape daran, seine Software zur führenden Online-Plattform zu machen.
Aber auch der Netscape-Erfolg währt nicht ewig. Microsoft-Gründer Bill Gates erkennt im Jahr 1994 den Trend. Er ruft zur Verfolgungsjagd auf und zettelt den „Browser-Krieg“ an, in dem Netscape auf der Strecke bleibt.
Inzwischen ist auch der Internet Explorer von Microsoft Geschichte. Der Browser-Markt wird seit über zehn Jahren von Google Chrome für den Desktop und Android-Smartphones und Apples Safari für das iPhone dominiert.
Berners-Lee geht zum MIT und wird geadelt
Tim Berners-Lee geht 1994 in die USA, um am Massachusetts Institute of Technology (MIT) das World Wide Web Consortium (W3C) zu gründen. In diesem Gremium werden unter seiner Leitung bis heute die technischen Entwicklungen des Webs standardisiert.
Für seine Verdienste wird der Brite von Königin Elisabeth II. in den Ritterstand erhoben und erhält den Orden „Knight Commander of the Order of the British Empire“.
Im Jahr 1997 wird er in den auf nur 24 Personen begrenzten „Order of Merit“ aufgenommen. Im Jahr 2009 erhält Berners-Lee den Webby Award, die wichtigste Auszeichnung im Online-Bereich, für seine Lebensleistung. Seit 2016 hat der Brite einen Lehrstuhl an der Universität Oxford. Reich wird Berners-Lee durch seine Erfindung allerdings nie.