US-Präsident
Trump droht in viele Richtungen
In einer denkwürdigen Pressekonferenz meldet der künftige US-Präsident Ansprüche auf Kanada, Grönland und den Panamakanal an. Die Nato-Staaten fordert er auf, ihre Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen.
Von Thomas Spang
Die Vereinigten Staaten existierten noch nicht, als die europäischen Entdecker der Meeresgebiete zwischen der Karibik, Nord- und Mittelamerika dem „Golf von Mexiko“ seinen Namen gaben. Donald Trump will das nach mehr als 400 Jahren ändern, weil er sich über das Nachbarland im Süden ärgert. „Wir werden den Namen des Golfs von Mexiko in Golf von Amerika ändern“, verkündete er während seiner zweiten Pressekonferenz vor Übernahme des Präsidentenamtes am 20. Januar.
Die geforderte Umbenennung wäre eigentlich nur eine kuriose Fußnote der mehr als 70-minütigen Pressekonferenz gewesen. Tatsächlich geriet der Vorstoß zum i-Tüpfelchen eines Auftritts, der selbst für den „Amerika-Zuerst“-Nationalisten bizarr war – mit Forderungen nach Einverleibung Grönlands, Kanadas und des Panamakanals durch die USA. Ein Reporter erkundigte sich, ob Trump zusichern könne, keinen „wirtschaftlichen oder militärischen Zwang“ gegen diese Staaten auszuüben. Er antwortete knapp: „Nein, das kann ich nicht.“
„Goldene Zeiten“ für die Amerikaner
Von seinen güldenen Wohngemächern aus versprach Trump den Amerikanern goldene Zeiten. Imperiale, um genau zu sein. Geprägt von einer Großmachtpolitik im Stil von Präsident William McKinley Ende des 19. Jahrhunderts. Dieser erlangte während des Spanisch-Amerikanischen Kriegs die Kontrolle über die Philippinen, Guam und Puerto Rico.
Während der künftige Präsident in Mar-a-Lago imperialistische Lockerungsübungen machte, reiste sein Sohn zu einem „Privatbesuch“ in die Hauptstadt Grönlands. Vor der kargen Fjordkulisse von Nuuk posierte Don Jr. mit einem überdimensionalen Sternenbanner und einer Handvoll lokaler Trump-Anhänger. „Grönland liebt Amerika und Trump!!!“, postete er auf Truth Social.
Damit folgt er der Linie seines Vaters, der die Übergabe der teilautonomen Insel unter Berufung auf die nationale Sicherheit fordert. Trump geht es dabei um Bodenschätze und neue Schifffahrtsrouten, die durch das Auftauen des arktischen Eises entstehen. Die Dänen haben indes nicht das geringste Interesse, Grönland an die USA abzutreten. „Grönland gehört den Grönländern“, ließ die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen den Amerikaner abblitzen.
„So funktioniert das Leben nicht“
Besonders brisant ist Trumps Drohung, weil Dänemark als Nato-Mitglied unter dem Schutz des Bündnisses steht. Ein Angriff „wäre das Ende der Nato“, sagt der ehemalige Generalsekretär der Allianz Anders Fogh Rasmussen. „Wenn der größte Partner das Bündnis von innen zerstört, spielen wir Putin in die Hände.“
Das tut Trump auch mit der neuen Forderung an die Verbündeten nach Verteidigungsausgaben in Höhe von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die europäischen Regierungschefs räumen zwar ein, dass größere Anstrengungen notwendig sind, um Russland in den kommenden Jahrzehnten abzuschrecken, Trumps neue Forderung halten sie aber für weit überzogen. Der droht in Mar-a-Lago, er würde säumige Zahler in Europa ja gerne beschützen. Um dann wie ein Mafiaboss hinzuzufügen: „Aber, so funktioniert das Leben nicht.“
Den Nachbarn Kanada will Trump mit wirtschaftlicher Gewalt in Form von massiven Strafzöllen gefügig machen: „Kanada sollte der 51. US-Bundesstaat werden.“ Die Wahrscheinlichkeit, dass Kanada Teil der USA werde, sei „kleiner als die eines Schneeballs in der Hölle“, antwortete ihm sofort Kanadas Ministerpräsident Justin Trudeau.
„Trump denkt wie ein Immobilienhai“
„Trump denkt wie ein Immobilienhai, nicht wie ein Staatsmann“, analysiert der kanadische Politikwissenschaftler Michael Byers von der University of British Columbia. „Er versteht Kanada als erstklassige Immobilie“. So ähnlich sieht der künftige Präsident den 1977 an Panama zurückgegebenen Kanal, der Atlantik und Pazifik verbindet. Trump behauptete fälschlicherweise, China kontrolliere den einst von US-Ingenieuren gebauten Panamakanal. „Wir brauchen ihn für die wirtschaftliche Sicherheit.“ Vielleicht müsse etwas unternommen werden.
Benjamin Gaden vom Wilson Center warnt, Donald Trumps Drohungen nicht als bloße Rhetorik abzutun. „Er könnte wie Putin das Völkerrecht missachten und in Panama einmarschieren“, meint der Lateinamerika-Experte. Ob Trump seine Drohungen wahr machen will oder sie nur als Verhandlungstaktik nutzt, bleibt unklar.
Es entspricht dem Vorgehen während seiner ersten Amtszeit. Fest steht: Trumps aufsehenerregende Äußerungen zwei Wochen vor Amtsantritt halten die Welt in Atem. Und lenken ab von einem peinlichen Termin an diesem Freitag. Dann erwartet Trump im Schweigegeld-Prozess von New York ein Urteil, das ihn offiziell zum ersten strafrechtlich verurteilten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika macht.