Folgen der US-Wahl
Trump-Präsidentschaft wird Erderwärmung anheizen
Erstickt die Wiederwahl von Donald Trump die letzte Hoffnung für internationale Klimaziele? Diese Frage stellen sich auf dem Klimagipfel viele. Nun gibt es eine Berechnung zum möglichen Trump-Effekt.
Von Markus Brauer/dpa
Die Wiederwahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten könnte die Erderwärmung einer aktuellen Analyse zufolge messbar anheizen. Das geht aus Berechnungen des Climate Action Trackers hervor, der prüft, ob die Klimapolitik von Staaten kompatibel ist mit den internationalen Klimaschutzzielen.
Trump kündigte an, den Weg für mehr Öl- und Gasbohrungen freimachen zu wollen. Der „New York Times“ zufolge bereitet er auch den erneuten Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen vor.
OUT NOW! @climateactiontr just released our latest global temperature update at #COP29. We find: government #climateAction has flat-lined over the last 3 years, Trump policies make only slight increase in warming projections, more details ⤵️ https://t.co/l2Y4cx8XkA — NewClimate Institute (@newclimateinst) November 14, 2024
Messbarer Trump-Effekt befürchtet
Die Experten des Climate Action Trackers berechneten, wie viel das Umsteuern der USA zur Erderwärmung beitragen könnte und beziffern den möglichen Trump-Effekt auf 0,04 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts, allerdings unter der Prämisse, dass nur die USA den Kurs ändern und es keine Nachahmer geben wird.
Dabei legen die Experten etwa die Rückabwicklung des unter Joe Biden eingeführten Inflation Reduction Acts (IRA) zugrunde, einem enormen Investitionsprogramm mit Klima-Fokus.
2,7 Grad + 0,04 Grad = +2,74 Grad – mindestens
Die 0,04 Grad kämen zu den 2,7 Grad hinzu, auf die die Welt derzeit der Analyse zufolge zusteuert, selbst wenn die Staaten alle vorgelegten Klimaschutzpläne einhalten. Dieser Kurs habe sich in den vergangenen drei Jahren nicht verbessert, schreiben die Autoren. Das zeige die Kluft zwischen der Realität der Klimakrise und dem Umgang der Politik damit.
Der Climate Action Tracker liegt mit seiner Prognose im gleichen Bereich wie eine Berechnung der Vereinten Nationen, der zufolge die Welt auf einem Kurs zwischen 2,6 und 3,1 Grad liegt. Erhebliche Teile der Erde wären in einem solchen Szenario Klimaforschern zufolge unbewohnbar.
Scharfe Kehrtwende beim Klimaschutz erwartet
Schon Anfang der Woche hatte der noch amtierende Klimachef der US-Regierung, John Podesta, beklagt, dass Donald Trump als Präsident eine scharfe Kehrtwende beim Klimaschutz einleiten will.
Der Republikaner hatte schon in seiner ersten Amtszeit (2017-2021) Standards beim Klima- und Umweltschutz gesenkt und etliche Projekte gestoppt. Auf seine Initiative hin waren die USA 2020 aus dem Pariser Klimaabkommen ausgeschieden, sein Nachfolger Joe Biden machte das rückgängig.
Klima-Experte Jan Kowalzig von Oxfam meint jedoch: Trump werde den Weg zu einer Welt ohne fossile Energien nur verlangsamen, nicht aufhalten können. Dafür seien etwa erneuerbare Energien mittlerweile zu günstig geworden. Bei der Unterstützung ärmerer Länder wird es ohne die USA jedoch enorm schwierig.
Today at #COP29 we release the latest #StateOfClimate global update and the message is clear: 2024 is on track to be hottest year on record as warming temporarily hits 1.5°C Full report: https://t.co/IRzRXXGPhlpic.twitter.com/RFGvyJi9CU — World Meteorological Organization (@WMO) November 11, 2024
2024 auf Rekordkurs
Die globale Durchschnittstemperatur habe von Januar bis September dieses Jahres bei der Rekordmarke von 1,54 Grad über dem vorindustriellen Niveau (1850-1900) gelegen, berichtet die WMO auf der Weltklimakonferenz in Baku in Aserbaidschan. Klimaforscher rechnen kaum damit, dass sich daran bis Jahresende noch viel ändert.
Dass 2024 das wärmste Jahr seit gewesen sein dürfte, hatte schon der EU-Klimawandeldienst Copernicus berichtet. Die WMO wertet für ihre Prognosen dessen Daten und die von fünf weiteren Instituten aus.
October #Temperature highlights from the #CopernicusClimate Change Service (#C3S). Last month was the 2nd-warmest October globally, after '23, 0.80°C above the 1991-2020 average 1.65°C above the pre-industrial level For more https://t.co/n3oJelJdDapic.twitter.com/3DnKDscMUU — Copernicus ECMWF (@CopernicusECMWF) November 7, 2024
Bislang war 2023 das wärmste Jahr seit der Industrialisierung (1850-1900), mit einer globalen Durchschnittstemperatur von plus 1,48 Grad. Weil die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre weiter steigt, dürfte der Klimawandel sich mit höheren Temperaturen, steigendem Meeresspiegel, mehr Dürren und Waldbränden und Extremwetter weiter beschleunigen, so die WMO.
1,5-Grad-Ziel nur theoretisch noch nicht verfehlt
Das weltweite Ziel, die Erwärmung möglichst unter 1,5 Grad zu halten, um die schlimmsten Klimawandelfolgen abzuhalten, ist mit einem Jahr mit über 1,5 Grad Erwärmung noch nicht verfehlt. Dafür gibt zu viele kurzfristige natürliche Einflüsse auf das Klima, so die WMO. Dazu gehört etwa das alle paar Jahre spürbare Phänomen El Niño, das 2023 und Anfang 2024 noch einen wärmenden Effekt hatte.
Für das Ziel wird ein Durchschnittswert über mindestens zwei Jahrzehnte angesetzt. Im langjährigen Mittel liege die Erwärmung nach Beurteilung von WMO-Experten zurzeit bei etwa 1,3 Grad über vorindustriellem Niveau.
Today at #COP29 we release the latest #StateOfClimate global update and the message is clear: 2024 is on track to be hottest year on record as warming temporarily hits 1.5°C Full report: https://t.co/IRzRXXGPhlpic.twitter.com/RFGvyJi9CU — World Meteorological Organization (@WMO) November 11, 2024
Vorgeschmack auf die Zukunft
„Die rekordverdächtigen Regenfälle und Überschwemmungen, die Wirbelstürme, die plötzlich rapide gefährlicher werden, die tödliche Hitze, die unerbittliche Dürre und die schlimmen Waldbrände, die wir in diesem Jahr in verschiedenen Teilen der Welt erlebt haben, sind leider ein Vorgeschmack auf unsere Zukunft“, betont WMO-Generalsekretärin Celeste Saulo.
Die Zehn-Jahres-Periode 2015 bis 2024 sei die wärmste Dekade seit Beginn der Beobachtungen vor 175 Jahren gewesen, so die WMO. Ozeane seien im vergangenen Jahr im Durchschnitt so warm gewesen wie nie seit Beginn der Aufzeichnungen.