USA-Debatte bei Sandra Maischberger

„Trump wird Respekt vor Merz lernen“

Lars Klingbeil (SPD) und Norbert Röttgen (CDU) sorgen sich im ARD-Talk wegen der „dramatischen Lage“ Europas – und der Manager Martin Richenhagen warnt vor Kritik an Trump.

Der Ex-Trump-Berater Martin Richenhagen ist davon überzeugt, dass Merz Trump auf Augenhöhe begegnen wird. (Archivbild)

© dpa/Karlheinz Schindler

Der Ex-Trump-Berater Martin Richenhagen ist davon überzeugt, dass Merz Trump auf Augenhöhe begegnen wird. (Archivbild)

Von Christoph Link

Steht die Große Koalition jetzt schon mit der Einigung auf Milliardenschulden für Verteidigung und Infrastruktur – und wie verändert Donald Trump die Welt? Sandra Maischberger hörte am Mittwoch in der ARD auf ihre Fragen an die Journalistenrunde zunächst mal einhelliges Lob über Union und SPD und dass deren Paukenschlag nach nur zweieinhalb Tagen der Beratung richtig sei.

Der Wissenschaftsjournalist Harald Lesch bezog sich auf den physikalischen Fachbegriff „Phasenübergang“, der bedeute, dass man eine „völlig neue Situation“ habe, in der Regeln und Verhaltensweise neu eingeübt werden müssten und in einer solchen sei man angesichts des „sicherheitspolitischen Notstands“. Da ist Handeln angesagt.

Auch Hannah Bethke („Welt“) sprach von einem Bruch der westlichen Wertegemeinschaft durch die USA, da habe Friedrich Merz den Ernst der Lage erkannt und ein „Zeichen der Stabilität“ für Deutschland gesetzt. Inhaltlich stimmte da Markus Feldenkirchen („Spiegel“) zu, aber im Rückblick sei es „nicht anständig“ gewesen, wie die Union ihren Wahlkampf geführt habe, in dem Merz bis zuletzt ein Aufweichen der Schuldenbremse verneint habe. Im Übrigen habe es ein „Riesen-Geschmäckle“, dass der alte Bundestag jetzt die notwendige Grundgesetzänderung „durchpeitschen“ soll.

Für die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit wird die designierte Gro-Ko noch die Grünen brauchen und in dieser Lage den grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck zu verhöhnen und dem Verlierer „nachzutreten“, wie es CSU-Chef Markus Söder beim Aschermittwoch getan hat („Goodbye, gute Reise, auf Nimmerwiedersehen!“), das hielt keiner in der Runde für besonders klug.

Kritik an Söders Grünen-Bashing

„Man demütigt sich nicht in einer solchen Situation, das war nicht schlau“, meinte auch Hauptgast Lars Klingbeil, der SPD-Parteichef, über Söders Grünen-Bashing. Ein Hauch von Kritik an Friedrich Merz war von Klingbeil allerdings nicht zu hören, auch nicht als Maischberger von ihm wissen wollte, ob der CDU-Chef nicht „Wortbruch“ im Wahlkampf begangen habe beim Thema Schuldenbremse.

„Aus Respekt vor dem, was wir gemeinsam hinbekommen haben, möchte ich nicht in die Vergangenheit gucken“, antwortete Klingbeil. Das Verhalten von Merz sollten andere bewerten. Die SPD habe aber stets auf die finanzpolitischen Herausforderungen hingewiesen und Wladimir Putin lasse sich von einer Schuldenbremse „nicht beeindrucken“.

Neben der Verteidigungsanstrengung gehe es im Sondervermögen für die Infrastruktur mit den daraus folgenden Investitionen für Straßen, Brücken, Schulen und Kitas darum, das „Land am Laufen zu halten“ und ein Wirtschaftswachstum auszulösen. Dass die Große Koalition mit der Einigung schon in trockenen Tüchern sei, dass stellte Klingbeil in Abrede: „Da liegen bei den Sondierungen noch harte Brocken vor uns.“

Einige Essentials für die SPD nannte Klingbeil auch: Bei der Migration werde man „faktische Grenzschließungen“ nicht mitmachen, jetzt, wo man ein starkes Europa brauche als Antwort auf Trump, könne das größte EU-Land nicht die Grenzen dicht machen. Auch werde ein Zusammenspiel von Union mit der AfD durch die Androhung gemeinsamer Abstimmungen nicht akzeptiert und statt Wehrpflicht trete man eher für ein freiwilliges Modell ein.

Angst vor Nato-Austritt der USA

Rechtliche Zweifel, ob der alte Bundestag überhaupt befugt ist, eine solche finanzielle Entscheidung von enormer Tragweite zu treffen, hat Klingbeil keine. Das Vorgehen sei „verfassungsfest“, man sei in einer „dramatischen Situation“ und bis vor kurzem – vor Trumps Rede am Dienstag – war noch der Nato-Austritt der USA befürchtet worden und täglich erhalte man „besorgte Anrufe aus der Ukraine“.

Ähnlich lautete auch die Analyse von CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen, der nochmals die Abfolge von US-Entscheidungen in Erinnerung rief: Erst habe Trump die Militärhilfe für die Ukraine eingestellt, danach habe er im Kongress den Brief von Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj „mit sichtlichem Vergnügen“ vorgelesen, in dem der signalisierte, dass er zu Kreuze krieche, aber erst danach hätten die USA angekündigt, die amerikanische Aufklärungsarbeit für die Ukraine einzustellen. „Das ist eine gezielte, militärische Schwächung der Ukraine.“ Es sei auch noch offen, ob jetzt den britischen Geheimdiensten die Weitergabe von US-Informationen an Kiew untersagt werde. Selenskyj habe im übrigen Größe gezeigt, indem er dem Motto, der Klügere gibt nach, gefolgt sei.

Röttgen vermutet bei Trump das Motiv, in die Geschichte als großer Friedensmacher eingehen zu wollen. Der Weg zum Frieden scheine ihm über Putin einen schnelleren Erfolg zu bringen als eine weitere Unterstützung der Ukraine. Im übrigen seien Trumps Sympathien nicht auf Seiten der Europäer, die er mit ihren westlichen, liberalen Verständnis für eine „Fortsetzung der liberalen USA“ ansehe. Trump setze auf Großmächte, mit denen er Deals machen könne, die Macht und Druck ausübten und sich die Welt aufteilen.

Ein interessantes Psychogramm von Trump zeichnete Martin Richenhagen, ein Deutsch-Amerikaner, Mitglied im Aufsichtsrat von Daimler Truck und früher einmal im Beraterteam von Trump. Der US-Präsident sei eitel und nehme Kritik übel, berichtete Richenhagen. Statt ihn zu konfrontieren, sei es besser, ihn nach der Art von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron freundlich zu begegnen und ihm Kritik „dosiert“ nahe zu bringen.

Mit dem Verteidigungspaket, so glauben Röttgen und Richenhagen, könnte Merz bei Trump schon einen beeindruckenden Punkt gemacht haben, nur Stärke beeindrucke ihn. Richenhagen sagte: „Merz wird Trump auf Augenhöhe begegnen, allein schon aus physischen Gründen. Trump wird lernen, vor Merz Respekt zu haben.“

Streit von Trump mit Musk erwartet

Die neue US-Zollpolitik bewertete Richenhagen als lächerlich und ineffizient, Trump mache immer große Ankündigungen, es hapere dann an der Umsetzung, sein Spruch von „Buy american“ sei seltsam angesichts der Tatsache, dass er in seinem privaten Fuhrpark nur Porsche, BMW und Mercedes habe. Dass Trump lange mit dem Milliardär Elon Musk vertrauensvoll zusammen arbeiten werde, das glaube er nicht. Ein Jahr gebe er den beiden, „ich halte beide für verrückt, beide sind große Egomanen. Sie werden sich bald streiten.“

Röttgen sagte auf die Frage, wo er die USA nach vier Jahren Trump sehe, dass ihn die Szene im Oval Office mit der Demütigung Selenskyjs sehr mitgenommen habe. In den USA ballten sich jetzt staatliche und private Macht, es entstehe da ein Gefahr für die amerikanische Demokratie, die aber eine alte Geschichte habe und auch revolutionäre und „nicht so schöne Seiten“ gekannt habe. „Ich glaube an die Kraft und Stärke der US-Demokratie, aber was wir her sehen, ist historisch einzigartig.“

Zum Artikel

Erstellt:
6. März 2025, 07:16 Uhr
Aktualisiert:
6. März 2025, 07:41 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen