Ikonisches Foto des Attentats auf Trump

Trumps Sieges-Geste: Der ehemalige Wrestler kommt zum Vorschein

Es ist ein Moment für die Ewigkeit: Kurz nachdem der Ex-US-Präsident angeschossen wird, streckt er, blutverschmiert, seine geballte Faust in die Luft, hinter ihm die Amerika-Flagge.

Ein Foto, das in die Geschichte eingehen wird: Donald Trump kurz nachdem er am Samstag angeschossen wurde.

© dpa/Evan Vucci

Ein Foto, das in die Geschichte eingehen wird: Donald Trump kurz nachdem er am Samstag angeschossen wurde.

Von Lea Jansky

Bei einer Wahlkampfveranstaltung in der Kleinstadt Butler im US-Bundesstaat Pennsylvania fallen direkt zu Beginn plötzlich Schüsse. Donald Trump, der gerade mit seiner Rede begonnen hat, duckt sich hinter das Redepult und wird direkt von Sicherheitsbeamten umringt. Nur kurze Zeit nach den Schüssen richtet sich der Ex-US-Präsident wieder auf, kämpft sich rebellisch entgegen seiner Sicherheitsleute hoch, ballt die Hand zur Faust, reckt sie kämpferisch in die Höhe, schlägt drei Mal in die Luft und schreit „Fight“.

Zornig und kämpferisch zugleich schaut er dabei in die Menge – diese jubelt und tut es ihm gleich. Trump läuft dabei Blut vom Streifschuss am rechten Ohr übers Gesicht. Über ihm fliegt ein Hubschrauber mit einer Amerika Flagge. Die Sicherheitsbeamten sind immer noch dicht um den US-Präsidentschaftskandidaten gedrängt. In diesem Moment drückt Pulitzer-Preisträger Fotograf Evan Vacci ab – es entsteht ein Moment für die Ewigkeit.

Der Fotograf schien den Moment geahnt zu haben, rannte über die Bühne und erschuf im richtigen Winkel mit richtigem Bildausschnitt das ikonische Foto. Dies weiß er zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht – die Fotos seiner Kamera werden direkt auf einen PC der Nachrichtenagentur AP übertragen, von wo aus genau dieses Foto ausgewählt und weltweit verbreitet wurde.

Das Bild eines Märtyrers

Das Foto geht um die Welt und macht Schlagzeilen. Überall ist von Trump als Märtyrer, Sieger, Widerstandskämpfer die Rede. Auch der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen von der Universität Tübingen deutet die Pose auf dem Foto wie viele in eine ähnliche Richtung: „Man könnte das Foto ein Symbol für eine Märtyrer-Pose nennen und es ist ein Indiz mit welcher intuitiven Intelligenz und dämonischen Brillanz ein Mensch wie Donald Trump, der gerade vor Sekunden einen Mordanschlag überlebt hat, versteht die Mediengesellschaft zu benutzen“, erläutert Pörksen im Interview mit „Deutschlandfunk Kultur“.

Hat Trump den Moment instinktiv genutzt?

Viele bezeichnen Trump auch als „Instinkt-Politiker“ und „Inszenierer“ in den Medien – er habe gewusst, wie er den Moment für sich nutze und bewusst dieses historische Bild nur 60 Sekunden nach den Schüssen mit dieser kämpferischen Pose erschaffen.

Eine neue Perspektive, über die weit verbreitete These des „Instinkt-Politikers“ hinaus, sieht Medienwissenschaftlerin Dr. Anne Ulrich der Universität Tübingen. „Für mich hat Trump für das Foto nicht nur den Instinkt-Politiker herausgeholt, sondern auch instinktiv den Wrestler. Weil er ja viel an solchen Kämpfen teilgenommen hat und das auch Teil dieses Showman-Verhaltens ist. Er kommt aus dem Fernsehen und auch aus diesem Kontext dieser Fake-Kämpfe. Das war jetzt natürlich ein richtiges Attentat aber dass er sich so schnell auf so eine kämpferische Sieges-Geste besinnt, das würde ich unter anderem auf diese Erfahrungen zurückführen.“

Ikonisches Bild ändert Sichtweise auf Trump

Das ikonische Foto hat neben dem Märtyrer-Effekt noch ganz andere Auswirkungen. Denn die empor gereckte Faust als Sieger und Märtyrer lässt ein anderes Bild des Präsidentschaftskandidaten der letzten Monate in den Hintergrund rücken: Trump, der immer wieder durch Negativ-Schlagzeilen rund um sämtliche Gerichtsverhandlungen und Anklagen gegen ihn auffällt. Schnell ist durch seine Märtyrer-Pose vergessen, dass auch Straftaten und Gewalt bei ihm selbst als Täter immer wieder vor Gericht verhandelt werden. Vielmehr noch lässt das Attentat ihn sogar in eine Opfer-Rolle von Gewalt fallen, welcher er durch das entstandene ikonische Foto als trotzender, rebellischer Widerstandskämpfer gleichzeitig entflieht.

Und dieses neu geschaffene Bild hat Erfolg. Bereits am nächsten Tag fährt Trump einen riesigen juristischen Sieg ein: Die Dokumenten-Affäre gegen ihn, bei der er wegen der Mitnahme geheimer Regierungsdokumente im vergangenen Jahr angeklagt wurde, wird fallen gelassen. Im gleichen Zug inszeniert sich Trump als starker Anführer für die USA, den keine Attacke stoppen kann und fordert somit direkt beim Parteitag in Milwaukee, dass auch die anderen Strafverfahren und Anklagen gegen ihn eingestellt werden.

Foto schafft Kontrast zu Kontrahent Biden

Trump wird durch das weltweit verbreitete Foto als Widerstandskämpfer und Sieger wahrgenommen. Keine 48 Stunden nach dem Anschlag auf ihn tritt Donald Trump beim Republikanerparteitag auf. Er erscheint mit weißem Verband am Ohr – zwar gibt er kein Statement ab, doch er wiederholt seine Geste: Siegessicher reckt er seine Faust in die Luft und wird von den anderen Delegierten unter „Fight“-Rufen bejubelt.

Ob und wie sich das Attentat auf den fortlaufenden US-Präsidentschaftswahlkampf auswirken wird, bleibt noch offen. Dennoch hat Trump schon jetzt mit seinem ikonischen Foto nach dem Attentat einen riesigen Kontrast zu seinem 81-jährigen Kontrahent Joe Biden geschaffen, der in vielen Wahlkampfreden, Interviews und im TV-Duell mit Donald Trump der letzten Wochen häufig altersschwach, verwirrt und ermüdet wirkte. Trump hingegen – mit 78 Jahren nur drei Jahre jünger als sein Wahlkampf-Gegner – vermittelt durch seine Sieges-Pose direkt nach dem Attentat den Anschein eines agilen Kämpfers, der sich für sein Land einsetzt.

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Erstellt:
17. Juli 2024, 12:14 Uhr
Aktualisiert:
17. Juli 2024, 12:25 Uhr

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