Umdenken
Am Ende muss Deutschland dankbar sein wegen des Gasstreits
Es ist höchste Zeit, auf Distanz zu gehen zu der zweiten Gasröhre, die gerade unter der Ostsee durch von Russland nach Deutschland gebaut wird – ein Vorhaben, das der deutsche Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) als Pipeline-Aufsichtsratschef auf so peinliche Art und Weise mit seinem Männerfreund und brutalen Machtpolitiker Wladimir Putin verfolgt. Dieser hat wiederholt Gaslieferungen an die Ukraine als politisches Druckmittel eingesetzt. Wenn es ihm opportun erscheint, wird er es auch gegenüber dem Westen tun.
Es wäre falsch zu behaupten, dass Frankreich mit seinem Schwenk bei Nord Stream 2 die deutsch-französische Achse aufkündigt. Es ist diplomatisches Porzellan kaputtgegangen, Paris und Berlin aber waren noch dazu in der Lage, einen Kompromiss zu schmieden. Klar, im Élysée-Palast ist man nicht begeistert, dass Berlin Präsident Macron weitgehend im Regen hat stehen lassen bei seinem Versuch, die EU zu reformieren.
Auch in CDU-Kreisen hat längst ein Umdenken bei Nord Stream 2 eingesetzt. Wie zu hören ist, hat die neue Parteichefin Zweifel an der Pipeline. Sollte das Manöver der Franzosen dazu beitragen, dass das Gazprom-Geschäftsmodell künftig schärferen deutschen Regeln unterliegt, muss Deutschland am Ende Frankreich dankbar sein. Besser wäre es allerdings gewesen, wenn sich Deutschland komplett von dem Projekt verabschiedet hätte.
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