Und der Goldene Spatz geht an...
Lieselotte Rückert aus Auenwald sitzt in der Jury für den Goldenen Spatz. In Mannheim und Erfurt schauen sich die Kinderjuroren im Alter von neun bis 13 Jahren zahlreiche Filme an und bewerten sie. Am Ende gibt es noch eine Sightseeingtour mit der Familie in der Landeshauptstadt des Freistaats Thüringen.

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Lieselotte Rückert aus Auenwald während einer Filmvorführung zum Goldenen Spatz mit anderen Kinderjuroren. Foto: Pressestelle Goldener Spatz
Von Simone Schneider-Seebeck
AUENWALD. Das war eine aufregende Woche. Vermutlich für die Eltern fast mehr als für Lieselotte Rückert. Die junge Gymnasiastin wirkt zumindest schon recht professionell und unaufgeregt beim Pressegespräch, während Vater Malte Rückert der Stolz auf seine Tochter aus dem ganzen Gesicht strahlt. Die 13-Jährige war im vergangenen Frühjahr zur Jurorin für das größte Kindermedienfestival in Deutschland ausgewählt worden, dem Goldenen Spatz. Wie es dazu kam? „Ich habe beim Kinderkanal eine Werbung dafür gesehen und meine Bewerbung hingeschickt, mit einem Steckbrief über mich und einer Filmkritik“, berichtet Lieselotte. Praktischerweise hatte sie kurz vorher im Kino den Film „Vier zauberhafte Schwestern“ gesehen. Tja, und dann war die Einladung gekommen. Kurz darauf dann auch Corona. Deshalb musste das Festival verschoben werden. Kurzzeitig stand sogar die Überlegung im Raum, die Veranstaltung für dieses Jahr abzusagen. „Das wäre sehr enttäuschend gewesen“, findet Lieselotte und war daher sehr froh, als es am 18. September schließlich nach Mannheim ging. Dort war der Treffpunkt für eine Gruppe von Juroren. Gemeinsam mit einem Betreuer ging es per Zug weiter nach Gera.
Die meisten Veranstaltungen fanden dort statt, erst einen Tag vor der Verleihung am 25. September ging es dann für die 24-köpfige Kindergruppe weiter nach Erfurt, wo die Abschlussveranstaltung des Goldenen Spatzes schließlich stattgefunden hat. „Über 17 Stunden haben wir Filme angeschaut“, lacht Lieselotte. Aber nur locker chillen und gucken war nicht, es gab einen strikten Zeitplan. Nach dem Frühstück ging es gleich ab ins Kino, dort wurden dann die Kandidaten für die Auszeichnung begutachtet. Nach der Mittagspause traf man sich in Kleingruppen, um über die Filme zu diskutieren.
Bereits am Ankunftstag hatte man spontane Bewertungen abgeben können. Nach der Diskussion ging es dann wieder ins Kino. „An den letzten beiden Tagen wurde in der großen Gruppe diskutiert. Allerdings sind da schon einige Kandidaten rausgefallen, es ging nur noch um die, die alle gut fanden“, berichtet die 13-Jährige. Jedes Jurymitglied hat jeden Beitrag angesehen und bewertet, unabhängig von der Kategorie. Erst später wurden dann die Gruppen zu je vier Kindern eingeteilt. Nur bei der Digitaljury waren es fünf.
Und nach einer Woche intensiven Schauens und Beratens war es dann so weit. Die Filmverleihung fand durch die Pandemiebestimmungen etwas abgespeckt statt. Vor allem Eltern, Geschwister und Vertreter der Kandidatenfilme hatten sich im Cinestar Erfurt eingefunden, selbstverständlich hatte es sich auch Familie Rückert nicht nehmen lassen, zu viert die Reise von Auenwald in die thüringische Landeshauptstadt anzutreten. „Es war schon toll, das Gesicht meiner Tochter auf der Leinwand zu sehen“, erzählt der stolze Papa. Lieselotte durfte gemeinsam mit ihren Jurykollegen den Preis an den Siegerkurzfilm überreichen. War der denn auch ihre erste Wahl? „Als Kinderjury stehen wir geschlossen hinter der Entscheidung“, lacht sie. „Aber es war auch mein Favorit.“ Eines der Dinge, die Lieselotte gelernt hat, war auf jeden Fall, sich diplomatisch auszudrücken. Das war überhaupt Ehrensache zwischen den Jurymitgliedern. Es wurden keinerlei Vorabinformationen herausgegeben. Eine Reporterin erhielt gar die Antwort: „Die Fragen von neugierigen Menschen beantworten wir nicht.“
Diese Woche in Thüringen war nicht nur wegen der Filme ein tolles Erlebnis. Zum ersten Mal war das Mädchen für eine so lange Zeit allein von zu Hause weg. Für sie war das wohl weniger ein Problem als für die Eltern, denn „wir waren ziemlich beschäftigt“. Manche Kinder hatten auch etwas mit Heimweh zu kämpfen, doch die Gruppe hat es geschafft, sie davon abzulenken und zu trösten. Immerhin kamen die 10- bis 14-Jährigen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus Liechtenstein, Belgien, Luxemburg, Südtirol und Österreich. Was nimmt Lieselotte für sich mit aus dieser einen Woche? Auf jeden Fall die Freundschaften, die sich ergeben haben. Über eine WhatsApp-Gruppe stehen die Kinder im Kontakt zueinander und es ist schon fest geplant, sich im nächsten Jahr wieder zu treffen. An die stets präsenten Kameras hat sie sich auch schnell gewöhnt, obwohl sie ganz froh war, dass sie ihre Gruppe nicht bei den Pressekonferenzen vertreten musste. Zum Ausklang einer ereignisreichen Woche hat Lieselotte den letzten Tag mit ihren beiden jüngeren Geschwistern und ihren Eltern in Erfurt verbracht und sich Sehenswürdigkeiten angeschaut, und dann hieß es auch schon ab in den Zug und zurück in die schwäbische Heimat.
Insgesamt wurde der 28. Goldene Spatz in sieben Kategorien von der Kinderjury verliehen. Langfilm: Die Pfefferkörner und der Schatz der Tiefsee (daran gekoppelt der Preis des Thüringer Ministerpräsidenten für den Regisseur Christian Theede). Serie/ Reihe Animation: Mighty Mops – Wau Wau Land. Unterhaltung: Woozle Goozle – Stille Nacht, woozlige Nacht. Information/Dokumentation/Dokumentarfilm: Triff...Harriet Tubman. Kurzfilm: Tobi und der Turbobus. Bester Moderator: Clarissa Corrêa da Silva für „Triff...Harriet Tubman“. Wettbewerb digital „Gute Geschichten“: Ratzfatz durch die Mauer.
Die nächste Preisverleihung findet vom 6. bis 21. Juni 2021 statt, ab Dezember 2020 können sich Kinder im Alter zwischen neun und 13 Jahren unter der Adresse www.goldenerspatz.de bewerben.