Uni Stuttgart startet neuen Supercomputer
Das neue Flaggschiff Hunter soll schneller arbeiten und dabei weniger Energie verbrauchen. Und schon bald soll ihm ein noch leistungsstärkerer Rechner folgen.
Von Werner Ludwig
Stuttgart - Von außen sieht Hunter aus wie eine etwas zu groß geratene Schrankwand, auf der eine Weltkugel abgebildet ist. Michael Resch öffnet zwei der Türen, hinter denen sich geballte Rechenpower verbirgt. „Hunter ist doppelt so schnell wie sein Vorgänger Hawk und verbraucht deutlich weniger Energie“, sagt Michael Resch, der Leiter des Höchstleistungsrechenzentrums der Universität Stuttgart (HLRS). Zudem benötige der Neue nur 50 Quadratmeter Stellfläche – gegenüber 240 bei Hawk. Rektor Peter Middendorf sprach bei der offiziellen Inbetriebnahme am Donnerstag von einem „neuen Kapitel im Bereich Supercomputing an der Universität Stuttgart.“
Hunter stärke den Innovationsstandort Baden-Württemberg und sei ein Schlüssel für den Fortschritt in Wissenschaft und Wirtschaft, sagte Landeswissenschaftsministerin Petra Olschowski. Das Land trägt die Hälfte der Gesamtkosten von 15 Millionen Euro, die andere Hälfte kommt vom Bundesforschungsministerium. Im Rahmen der Landesstrategie für Höchstleistungsrechnen seien die nächsten Investitionen bereits beschlossen, betonte die Ministerin. In den Hunter-Nachfolger Herder, der 2027 installiert werden soll, und den erforderlichen Neubau eines Rechenzentrums sollen je 50 Millionen Euro von Land und Bund fließen. Baden-Württemberg sei in Sachen Supercomputing europaweit führend und international konkurrenzfähig, so Olschowski.
Hintergrund der hohen Investitionen in Supercomputer ist die rasant steigende Nachfrage nach Rechenleistung. Dazu trägt nicht zuletzt der Boom der Künstlichen Intelligenz bei. KI-Sprachmodelle oder KI-Programme zur Auswertung von Röntgenbildern werden mit gigantischen Datenmengen trainiert und beanspruchen viel Rechenpower. Rechenintensiv sind aber auch die Modellrechnungen, die heute auf vielen Gebieten Standard sind – von der Wetter- und Klimaforschung über Materialwissenschaft, Medizin und Pharmazie bis hin zu den Ingenieurwissenschaften. Viele Entwickler setzen inzwischen auf virtuelle Prototypen, die im Rechner simuliert werden und von denen nur die vielversprechendsten in der Realität getestet werden. Das spart etwa in der Autoindustrie oder im Maschinenbau Zeit, Material und Geld. Viele Firmen nutzen für Simulationen oder die Visualisierung von Daten bereits jetzt die Kapazitäten des HLRS.
Auch der neue Superrechner Hunter soll nicht nur für wissenschaftliche Projekte, sondern auch externen Nutzern wie Behörden und Unternehmen zur Verfügung stehen. Ein Beispiel ist das Stuttgarter Start-up Seedbox Ventures, das große KI-Sprachmodelle in 24 europäischen Sprachen entwickelt und Hunter bereits erfolgreich für das Training dieser Modelle genutzt hat, wie Geschäftsführer Dennis Dickmann berichtet. Das neue Flaggschiff soll zudem selbst Trainingsdaten erzeugen können, mit deren Hilfe KI-Systeme weiterentwickelt werden.
Der von Hewlett Packard Enterprise (HPE) entwickelte Supercomputer schafft pro Sekunde 48 Billiarden Rechenoperationen – doppelt so viele wie der bisherige HLRS-Toprechner Hawk. Zugleich soll sein Stromverbrauch bei Spitzenleistung 80 Prozent niedriger sein. Möglich mache das eine sogenannte dynamische Leistungsbegrenzung, die HPE und HLRS gemeinsam entwickelt haben. Dahinter steckt eine Software, die jeder Anwendung, die auf dem Rechner läuft, nur so viel Strom zuteilt, wie sie aktuell benötigt.
Zudem kommt Hunter ohne Lüfter aus. Die Abwärme wird über ein Flüssigkühlsystem abgeleitet. Utz-Uwe Haus, der bei HPE für die Entwicklung von Höchstleistungsrechnern verantwortlich ist, spricht von einem „Durchbruch im energieeffizienten Supercomputing“. Trotzdem weist das System immer noch einen beträchtlichen Energiehunger auf. Eine elektrische Leistung von 560 Kilowatt im Durchschnitt entspricht 280 Heizlüftern, die volle Pulle laufen.
Während im Rechnerraum alle den neuen Superrechner bestaunen, rückt beim Vorgänger Hawk das Ende der Karriere näher. Große Teile der bunt lackierten Verkleidung wurden bereits abmontiert und lehnen an der Wand. Auf dem Wertstoffhof solle Hawk aber nicht landen, versichert Resch. Das ehemalige Flaggschiff könne woanders in der zweiten Reihe immer noch gute Dienste leisten. HPE sei prinzipiell gewillt, die Hawk- Hardware zurückzunehmen, so Resch: „Dabei könnte sogar ein kleines Plus für das HLRS herauskommen.“