„Unser Bädle darf nicht baden gehen!“
Bürgerpreis-Kandidaten 2018: Engagement des Fördervereins Freibad Erbstetten steht im Zeichen der notwendigen Sanierung
Der Förderverein Freibad Erbstetten ist einer der rührigsten Vereine in der Gemeinde. Anja Geldner, Silke Schmidt und Werner Schneider leiten dessen Geschicke seit fast zwei Jahren. Seit Bekanntwerden des Gutachtens, das eine rund 1,7 Millionen Euro teure Sanierung für unausweichlich hält, steht sämtliches Engagement der Vereinsmitglieder unter dem Motto: „Unser Bädle darf nicht baden gehen!“
Von Florian Muhl
BURGSTETTEN. Die Hiobsbotschaft Ende Juli vergangenen Jahres traf alle Verantwortlichen wie ein wuchtiger Tiefschlag. Die Zustände beider Becken und der Wasseraufbereitung im Freibad Erbstetten sind katastrophal. Das legte die Sanierungsstudie eines Ingenieurbüros offen. Dass ein Schwimmbad nicht ewig hält, ist klar. Aber dass es gleich so heftig kommen muss!? Mit Kosten von rund 1,7 Millionen Euro hatte niemand gerechnet. Den Betrag kann die Gemeinde nicht annähernd alleine stemmen. Auf der anderen Seite gab es für alle Beteiligten in der Gemeinde keinen Zweifel: Es muss alles dafür getan werden, damit das kleine aber feine Familienbad erhalten bleiben kann. Es wurden Ideen gesucht, welche Möglichkeiten es gibt, an Spendengelder zu kommen.
Kaum zu glauben, wie viele kreative Vorschläge Freunde des Freibads beisteuerten. Ein Renner war im vergangenen Jahr das Eisschwimmen mit Martin Tschepe, dem deutschen Vizemeister im Eisschwimmen. Der Drang und die Motivation, in der größten Not zu helfen, schweißte und schweißt zahlreiche Bürger von Erbstetten und Burgstall zusammen. Der Zusammenhalt innerhalb der Fangemeinde war und ist förmlich spürbar. Die Sanierung kann nur gelingen, wenn alle an einem Strang ziehen. Und so sieht es derzeit auch aus. Die Zukunft des Freibads ist gesichert, wenn alle mitmachen und sich für den Erhalt einsetzen. Sei es durch eine Spende, durch ehrenamtliches Engagement oder durch die Veranstaltung von Benefizveranstaltungen und Aktivitäten.
„Alle halten zusammen und es hat sich seither ein Gemeinschaftsgefühl entwickelt“
„Alle, ob Schule, Kirchen, Vereine, DRK, die Kindergärten, die Selbstständigen, die Beschäftigten der Gemeinde oder Privatpersonen, halten zusammen und es hat sich seither ein Gemeinschaftsgefühl entwickelt“, stellt Burgstettens Bürgermeisterin Irmtraud Wiedersatz fest. „Alle fiebern mit und leisten ihren Beitrag, um das Ziel zu erreichen, nach dem Motto: Gemeinsam sind wir stark und schaffen das!“
„Das Bädle ist eigentlich ein Luxus für so eine kleine Gemeinde“, meint Werner Schneider vom Vorstand des Fördervereins. Das stimmt insofern, als viele Gemeinden von der Größe Burgstettens nicht – oder nicht mehr – über ein eigenes Freibad verfügen. Aber Schneider sagt auch: „Bei uns in der Gemeinde wird Wert darauf gelegt, dass die Kindern Schwimmen lernen.“ Und unter diesem Aspekt sei das Freibad kein Luxus, sondern lebensnotwendig.
Die liebevolle Bezeichnung Bädle macht deutlich, wie sehr die Burgstettener ihr Freibad schätzen, das etwas außerhalb von Erbstetten idyllisch in einer Senke liegt, umgeben von alten Bäumen und Obstbaumwiesen. Schwimmer können im 33 mal 15 Meter großen Becken ihre Bahnen ziehen, die Kleinen können sich im Kinderbecken austoben. Um sich nach einem erfrischenden Bad wieder aufzuwärmen oder etwas Sport zu treiben, gibt es auf dem Gelände ein Beachvolleyballfeld, einen Spielplatz, einen kleinen Bolzplatz und zwei Tischtennisplatten. Kein Zweifel: Ein Plus an Lebensqualität für die Bewohner der Gemeinde und die Besucher von außerhalb. Denn auch Gäste aus Nellmersbach, Affalterbach, Kirchberg an der Murr oder Weiler zum Stein kommen ins Bädle, der schönen Lage, der Ruhe und der familiären Atmosphäre wegen.
Vor einem Jahr sah die Bilanz noch wie folgt aus: In den zwölf Jahren seit seiner Gründung hat der Verein, der 140 Mitglieder zählt, darunter viele Familien, rund 40000 Euro erwirtschaftet. Damit beteiligte er sich an der Reparatur der Duschanlagen, der Sanierung der Umkleidekabinen, einer Dachreparatur und der Anschaffung eines Staubsaugers zur Reinigung des Schwimmbeckens. Außerdem sponserte er „Doggi“, eine aufblasbare Badeinsel in Form eines Hundes. Nachdem bekannt wurde, wie marode der Zustand der Anlage ist und die Aktion „Unser Bädle darf nicht baden gehen!“ ins Leben gerufen wurde, schossen Aktivitäten wie Spendengelder in die Höhe. Der aktuelle Stand auf dem Spendenkonto beträgt laut Silke Schmidt etwas über 115000 Euro.
Auch ortsansässige Firmen leisten einen Beitrag zur Erhaltung des Freibads, indem sie Handwerkerleistungen kostenlos als Spende erbringen oder Preise für die alljährliche Tombola spenden.
Aber der Verein beschränkt sich nicht nur auf finanzielle Unterstützung. Mit mehreren Veranstaltungen pro Saison trägt er dazu bei, dass das Bad für alle Altersgruppen attraktiv bleibt. Dazu gehört die wöchentliche Aquagymnastik, Freibad-Cafés, Kindernachmittage sowie besondere Veranstaltungen (siehe Info-Kasten). Kinder und Jugendliche sind auch bei der alljährlichen Laubsammelaktion im Herbst willkommene Helfer. Im Rahmen des Ferienprogramms der Gemeinde veranstaltet der Verein für Kinder von sechs bis zehn Jahren eine Übernachtung im Zelt auf dem Freibadgelände. Durch derartige Aktionen will der Verein nicht nur zur Attraktivität des Bädles beitragen, sondern auch neue Unterstützer gewinnen.
„Der Freibadverein hat sich um die Gemeinde verdient gemacht. Uneigennützig und ehrenamtlich setzen sich die Mitglieder für den Erhalt des Freibads ein und stecken mit ihrem Idealismus und Ideenreichtum andere an, sodass sich in der Gemeinde ein nie da gewesenes Gemeinschaftsgefühl entwickelt“, so die Lobeshymne von Bürgermeisterin Wiedersatz auf den Förderverein. „Ich bin stolz, so engagierte Bürgerinnen und Bürger in meiner Gemeinde zu haben.“
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