Urteil gegen Feuerwehrmann nach Brandstiftungen erwartet

dpa/lsw Heilbronn. Immer wieder brennt es im Kreis Heilbronn, die Verunsicherung ist groß, bis die Polizei einen Verdächtigen fasst. Der Mann ist bei der Feuerwehr. Die Taten seien ein Hilferuf, sagt er. Nun muss das Gericht entscheiden.

Eine Statue der Justitia hält eine Waage und ein Schwert in der Hand. Foto: Arne Dedert/dpa/Symbolbild

Eine Statue der Justitia hält eine Waage und ein Schwert in der Hand. Foto: Arne Dedert/dpa/Symbolbild

Nach einer monatelangen Serie von Brandstiftungen in Gundelsheim (Kreis Heilbronn) und Umgebung erwartet einen angeklagten Feuerwehrmann heute (11.00 Uhr) das Urteil. Der 32-Jährige muss sich vor dem Gericht in Heilbronn für sieben Brände im Zeitraum von April 2019 bis November 2020 verantworten. Unter anderem setzte er laut Anklage zwei Autos, Hunderte Heustapel, zwei Scheunen, ein Wohn- und ein Gasthaus sowie ein Vereinsheim in Brand. Der Schaden betrug damals insgesamt rund eine halbe Million Euro.

Weil ein Schuppen nahe bei einem Wohnhaus stand, in dem eine vierköpfige Familie schlief, ist der Mann wegen versuchten Mordes angeklagt. Die Familie konnte damals rechtzeitig reagieren und blieb unverletzt. Der 1988 geborene mutmaßliche Brandstifter hat vor Gericht mehrere, aber nicht alle Taten eingeräumt. Beim Scheunenfeuer will er das Haus nicht gesehen haben, ein Brandsachverständiger hat dem aber widersprochen.

Die Staatsanwaltschaft fordert zehneinhalb Jahre Haft für den gelernten Koch, der erst kurz zuvor den Brandstiftungen der Freiwilligen Feuerwehr beigetreten war. Dem Mann sei „sehr wohl bewusst [gewesen], dass da Menschen wohnen“, hatte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer betont. Motiv für die Taten sei ein Drang nach Anerkennung gewesen. Dagegen hatte der Angeklagte die Brände als Folge einer depressiven Störung zu erklären versucht. Seine Taten seien ein Hilfeschrei gewesen, um Aufmerksamkeit zu erregen, „damit man mir hilft“, hatte der 32-Jährige ausgesagt. Sein Verteidiger hält sieben bis acht Jahre Haft für ausreichend.

Im Prozess hatte Richter Roland Kleinschroth dem Angeklagten bereits vorgehalten, als Zeuge nach den Bränden den Verdacht auf andere gelenkt zu haben. Dass passe nicht zu seiner Aussage, erwischt werden zu wollen, hatte der Jurist erklärt. Der Deutsche habe Einwohner des kleinen Ortes monatelang in Angst und Schrecken versetzt.

Es ist keineswegs das erste Mal, dass in diesem Jahr ein Feuerwehrmann nach Brandstiftungen auf einer Anklagebank sitzt. Unter anderem wurde in Heilbronn bereits Mitte Juni ein damals 43 Jahre alter Mann zu neun Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Er hatte in Marbach (Kreis Ludwigsburg) mehrere Brände in seiner Wohnung sowie an einer Kirche und einem Polizeirevier gelegt. Die Kammer hatte die Tat als versuchten Mord und versuchte schwere Brandstiftung mit Todesfolge gewertet. Die Brände habe er gelegt, weil er mit dem politischen System unzufrieden sei, hatte der Mann erklärt.

Feuerwehrmänner als Brandstifter? Ausgerechnet? In solchen Fällen wollen die eigentlichen Retter nach einer früheren Einschätzung von Experten häufig Aufmerksamkeit und Bestätigung erhalten. Nach einer älteren Studie des Lehrstuhls für Kriminologie der Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum wollen sich zudem vor allem junge Feuerwehrleute im Löscheinsatz beweisen. Brandstifter bei der Feuerwehr sind aber immer noch die deutliche Ausnahme. Belastbare Zahlen über brandstiftende Feuerwehrleute liegen jedoch nicht vor.

© dpa-infocom, dpa:210729-99-605652/5

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Erstellt:
30. Juli 2021, 00:40 Uhr

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