Nach Eklat im Weißen Haus

US-Geheimdienst gibt keine Informationen mehr an Ukraine weiter

Die Rede Trumps im Kongress ist noch nicht verklungen, als deutlich wird, dass es offenbar doch keine Annäherung mit Kiew gibt. Nach Ansicht der Demokraten ist die Rede ein weiterer Beweis für die Täuschungsmanöver des Präsidenten.

Verhaltener Protest: Nach Ansicht von Demokraten wie Melanie Stansbury (re.) war Trumps Rede ein weiterer Beweis für die Täuschungsmanöver des Präsidenten.

© imago/Win McNamee

Verhaltener Protest: Nach Ansicht von Demokraten wie Melanie Stansbury (re.) war Trumps Rede ein weiterer Beweis für die Täuschungsmanöver des Präsidenten.

Von Thilo Kößler

Die Nachricht aus dem Munde des CIA-Direktors John Ratcliff, wonach die ukrainische Führung keine Geheimdienstinformationen mehr bekommt, ist ein Rückschlag für die Hoffnung, das zerrüttete Verhältnis mit Präsident Wolodymyr Selenskyj wieder zu kitten. Und es ist für die Demokraten im Kongress ein weiterer Beweis für den unberechenbaren und konfrontativen Politikstil des Präsidenten. Sie haben bis heute keine Strategie gefunden, wie diesem entfesselten Präsidenten wirkungsvoll beizukommen ist. Das zeigte sich auch während der Rede Trumps im Kongress. Der Protest der Demokraten war eher verhalten.

Abgeordneter des Saals verwiesen

Als der Demokrat Al Green aus Texas seinen Gehstock schwang und dem Präsidenten schon zu Beginn seiner Rede lautstark ins Wort fiel, sah es für einen Moment so aus, als hätten sich die Demokraten zum gemeinsamen Protest entschlossen. Doch nachdem der Abgeordnete auf Geheiß des Mehrheitsführers im Repräsentantenhaus, Mike Johnson, von Ordnungskräften des Saales verwiesen worden war, verstummten die Demokraten. Ihr Protest gegen Trump und seinen fundamentalen innen- und außenpolitischen Kurswechsel artikulierte sich im Hochhalten von kleinen Schildern, auf denen stand: „Falsch“ oder „Das ist nicht normal“ oder „Musk stiehlt“. Während Trump eine euphorische Bilanz seiner ersten 43 Tage im Amt zog, in der er mehr erreicht habe „als die meisten Regierungen in vier oder acht Jahren“, stand den Demokraten die Ratlosigkeit ins Gesicht geschrieben.

Ihre offizielle Antwort auf die Rede Trumps kam als aufgezeichnete TV-Konserve aus Wyandotte, Michigan, und dauerte keine 10 Minuten. Die Senatorin Elissa Slotkin, eine ehemalige CIA-Mitarbeiterin im Pentagon, warf Trump vor, die Sicherheit, den Wohlstand und die Demokratie der USA zu gefährden. „Trump schmeichelt sich beim russischen Diktator Putin ein und tritt unseren Freunden und Verbündeten in den Hintern“, erklärte sie in ihrer Fernsehansprache. Trumps Politikverständnis reduziere sich auf die Geschäftemacherei im Stile eines Immobilienhändlers.

Die ersten Tage von Trumps neuer Amtszeit bieten in der Tat Angriffsfläche genug. In der Washington Post gestand der prominente Kolumnist Dana Milbank dem Präsidenten zu, Geschichte geschrieben zu haben. „Die Behauptung ist nicht übertrieben, dass Trump die USA allein in den vergangenen fünf Tagen um hundert Jahre zurückgeworfen hat“, schreibt Milbank. Nachdem Trump die Sicherheitsarchitektur der Nachkriegszeit im Vorübergehen zerschlagen habe, versetze er jetzt mit seinem Handelskrieg der internationalen Wirtschaftsordnung einen schweren Schlag. Die politische Kehrtwende an der Seite Putins habe die Verbündeten erschüttert und Moskau triumphieren lassen.

Die New York Times befragte eine ganze Reihe ihrer Kolumnisten nach ihren Reaktionen auf die Rede Trumps. Während Binyamin Applebaum sie „ein typisches Trump-Medley aus Erfindungen, Provokationen und Beleidigungen“ nannte, griff die Autorin Michelle Goldberg die Demokraten scharf an. Sie hätten besser gar nicht im Kongress erscheinen sollen, erklärte sie. Aber nachdem sie dem Appell ihres Minderheitsführers Hakeem Jeffries gefolgt waren, die Rede Trumps nicht zu boykottieren, wäre „lauter Protest sinnvoller gewesen als das Hochhalten dummer kleiner Schildchen“.

Demokraten ohne Gegenstrategie

Der Kolumnist Dan Balz schreibt in der Washington Post: „Der Präsident schreitet voran, überzeugt von seinem eigenen Plan und von sich selbst, während die Demokraten abwägen, wie sie reagieren und Widerstand leisten sollen“.

Tatsächlich offenbarten die Protestformen des Abends die ganze Misere, in der die Demokraten nach ihrer verheerenden Wahlniederlage vom November stecken. Während Trump ein Meister darin sei, „Kampflinien zu ziehen“, wie Daniel McCarthy in der New York Times meinte, haben die Demokraten bis heute nicht zu einer wirkungsvollen Gegenstrategie gefunden. Die Partei ist praktisch führungslos, und ein Hoffnungsträger ist nicht in Sicht. Der längst überfällige Generationswechsel wurde bis heute nicht eingeleitet und das Parteiestablishment steht unter dem wachsenden Druck der Basis, mehr Biss zu zeigen.

Die Ratlosigkeit der Parteiführung korrespondiert mit der Resignation der liberalen Zivilgesellschaft in den Vereinigten Staaten. Anders als im Jahr 2016, als nach dem ersten Wahlsieg Trumps Millionen auf die Straßen gingen, formiert sich nun erst langsam und verhalten öffentlicher Protest gegen die Politik des Präsidenten.

Allerdings sind einer jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Morning-Consult zufolge nur noch 44 Prozent der Amerikaner der Meinung, dass sich das Land politisch auf dem richtigen Kurs befindet. 56 Prozent gaben an, die USA hätten unter Trump die politische Peilung verloren.

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Erstellt:
5. März 2025, 18:18 Uhr

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