Trump erlaubt Festnahmen in Kirchen

US-Präsident hebelt das Kirchenasyl in den USA aus

Trump hat ein hartes Vorgehen gegen Migranten ohne gültige Papiere angekündigt. Gleich nach seiner Vereidigung unterzeichnete er Dekrete. Das Heimatschutzministerium hebt nun eine Schutzregel auf.

Mitglieder der Einwanderergemeinschaft, angeführt von CHIRLA (Coalition for Humane Immigrant Rights), halten in Los Angeles eine Mahnwache  zur Verteidigung der Rechte von Einwanderern vor der Immanuel Presbyterian Church.

© AP/dpa/Damian Dovarganes

Mitglieder der Einwanderergemeinschaft, angeführt von CHIRLA (Coalition for Humane Immigrant Rights), halten in Los Angeles eine Mahnwache zur Verteidigung der Rechte von Einwanderern vor der Immanuel Presbyterian Church.

Von Markus Brauer/dpa

Das US-Heimatschutzministerium verschärft unter dem frisch vereidigten Präsidenten Donald Trump seine Vorgaben für die Festnahme von Migranten ohne gültigen Aufenthaltsstatus.

Sensible Orte sind künftig keine mehr

Künftig solle die Einwanderungsbehörde ICE Betroffene auch wieder an oder in der Nähe sogenannter sensibler Orte in Gewahrsam nehmen dürften, hat das Ministerium mitgeteilt. Dazu zählen etwa Kirchen, Schulen oder Krankenhäuser. Dies ist den Beamten seit 2011 untersagt. Die Regierung des demokratischen US-Präsidenten Joe Biden hatte die Regelung noch ausgeweitet und die Befugnisse der Behörde weiter eingeschränkt.

„Kriminelle werden sich nicht mehr in Amerikas Schulen und Kirchen verstecken können, um einer Festnahme zu entgehen“, heißt es aus dem Heimatschutzministerium. Trumps Regierung werde den Beamten nicht „die Hände binden“ und vertraue stattdessen darauf, dass diese „ihren gesunden Menschenverstand“ einsetzten.

Trump hatte nach seinem Amtsantritt diverse Dekrete zur Eindämmung irregulärer Migration unterzeichnet. Am Wochenende hatten US-Medien auch über von der Trump-Regierung geplante Abschiebungsaktionen unter dem Namen „Operation Safeguard“ (Operation Schutzmaßnahme) berichtet. Mehrere Razzien seien geplant, hieß es.

Politische Botschaft in der Predigt

Bei einem Gottesdienst in Washington hat unterdessen die Geistliche ihre Predigt für politische Botschaften an den frisch vereidigten und anwesenden Präsidenten Donald Trump genutzt. „Im Namen unseres Gottes bitte ich Sie, haben Sie Erbarmen mit den Menschen in unserem Land, die jetzt Angst haben“, sagte Mariann Edgar Budde, Bischöfin der Episkopalkirche der Vereinigten Staaten von Amerika, bei dem Gottesdienst in der National Cathedral.

Es gebe schwule, lesbische und transsexuelle Kinder in Familien aller politischen Parteien, von denen einige um ihr Leben fürchteten, erklärte die Bischöfin. Trump hatte nach seiner Vereidigung angeordnet, dass der US-Politik fortan die Annahme zugrunde liegen soll, dass es nur zwei Geschlechter gibt: männlich und weiblich.

„Ich bitte Sie, Erbarmen zu haben, Herr Präsident“

Auch die Migration machte die Geistliche in ihrer Predigt zum Thema. „Die Menschen, die unsere Ernte einbringen und unsere Bürogebäude reinigen, die in Geflügelfarmen und Fleischverpackungsbetrieben arbeiten, die in Restaurants das Geschirr nach dem Essen abwaschen und in Krankenhäusern Nachtschichten übernehmen, sind vielleicht keine Staatsbürger oder haben keine Papiere“, betonte Budde.

Die große Mehrheit der Einwanderer sei nicht kriminell. Sie zahlten Steuern und seien gute Nachbarn, argumentierte die Bischöfin. „Helfen Sie denjenigen in unseren Gemeinden, deren Kinder befürchten, dass ihnen ihre Eltern weggenommen werden.“ Gott lehre die Menschen, gegenüber Fremden barmherzig zu sein.

Info: Kirchenasyl

Sanctuary movementDie moderne Form des Kirchenasyls geht auf die in den 1980er Jahren in den USA entstandene Sanctuary movement zurück. Damals wandten sich Kirchengemeinden gegen die staatliche Asyl- und Abschiebungspolitik betreffend zentralamerikanische Diktaturen. Mehrere Großstädte und sogar Bundesstaaten schlossen sich dem Protest an, indem sie sich als Zufluchtsstätten erklärten, die Zusammenarbeit mit zentralen Ausländerbehörden einstellten.

KirchenasylDie Kirchen in Deutschland gewähren Flüchtlingen Zuflucht, deren Leib und Leben durch eine Abschiebung bedroht wäre oder die nicht hinnehmbare soziale und psychische Härten ertragen müssten. Ziel ist, dass die Flüchtlinge doch ein Bleiberecht in Deutschland erlangen.

TraditionSakrale Räume haben eine jahrhundertealte Schutztradition. Die Flüchtlinge leben aber in den seltensten Fällen direkt in der Kirche, vielmehr im Gemeinde- oder Pfarrhaus oder anderen Räumen. Dort sind sie weitgehend vor einem polizeilichen Zugriff geschützt, denn der deutsche Staat achtet das Kirchenasyl.

NeuregelungIm Februar 2015 vereinbarten die Kirchen und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), dass die Behörde gemeldete Kirchenasyl-Fälle noch einmal individuell prüft – oft mit einem positiven Ausgang für die Betroffenen. Die Vereinbarung betrifft allerdings nur Fälle, bei denen die Zuständigkeit für das Asylverfahren noch bei einem anderen EU-Mitgliedsland liegt. Laut der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche (BAG) sind bundesweit (Stand 18. September 2024) 542 aktive Kirchenasyle mit mindestens 690 Personen bekannt, davon sind 114 Kinder. 522 der Kirchenasyle sind den Angaben zufolge sogenannte Dublin Fälle.

Dublin-VerfahrenDie Vorstandsvorsitzende von „Asyl in der Kirche“, Dietlind Jochims, warnt aufgrund der restriktiveren europäischen Asylpolitik vor einer Gefahr für das Kirchenasyl. Ihr zufolge sind seit 2015/16 fast ausschließlich solche Menschen im Asyl, die von sogenannten Dublin-Abschiebungen betroffen sind. Das Dublin-Verfahren bezweckt, dass jeder Asylantrag, der auf dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaatengestellt wird, materiell-rechtlich nur durch einen Staat geprüft wird. Damit soll die Sekundärwanderung innerhalb Europas gesteuert bzw. begrenzt werden. Für deren Asylverfahren ist eigentlich ein anderes EU-Land zuständig, in dem sie erstmals registriert wurden.

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Erstellt:
22. Januar 2025, 11:20 Uhr
Aktualisiert:
22. Januar 2025, 11:36 Uhr

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