Corona und die Narren: Präzise Regeln und Vertagung
dpa/lsw Bad Dürrheim. Corona wirbelt erneut die Fastnacht durcheinander: Die großen Umzüge sind abgesagt. Wie viel Feiern und Brauchtum dieses Jahr dennoch erlaubt sind, hat die Landesregierung den Narren nun schriftlich mitgeteilt. Doch ein weiterer Höhepunkt muss ausfallen.
Wegen der Corona-Pandemie bekommt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die „Goldene Narrenschelle“ der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) erst im nächsten Jahr. Das entschied die VSAN nach Angaben vom Freitag in Absprache mit dem Europa-Park in Rust. Die Verleihung soll nun statt übernächste Woche am 8. Februar 2023 stattfinden. Laudator werde der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sein. Derweil ist das Sozialministerium im Disput um Fastnachtsveranstaltungen in Corona-Zeiten auf die Narren zugegangen.
Die Verleihung der „Narrenschelle“ ist einer der Höhepunkte der hiesigen Fastnacht. Söder hätte eigentlich unter anderem für seine schlagfertige, wortgewaltige Sprache ausgezeichnet werden sollen.
Die Bayerische Staatskanzlei und das Staatsministerium Baden-Württemberg hätten die Narren allerdings gebeten, die Vergabe der Narrenschelle zu verlegen, teilte die VSAN in Bad Dürrheim (Schwarzwald-Baar-Kreis) mit. Eine persönliche Teilnahme in diesem Jahr sei nicht möglich. Söder bedauerte die Absage in einem Brief: „Gerade in den letzten beiden Jahren hat sich gezeigt, dass Humor in diesen schwierigen Zeiten wichtiger ist denn je.“
Obwohl die Veranstaltung laut VSAN coronakonform hätte durchgeführt werden können, zeigten die Narren großes Verständnis für die Entscheidungen aus München und Stuttgart - „zumal derzeit niemand verlässlich voraussagen kann, wie sich die Pandemiesituation bis zum 9. Februar 2022 entwickeln wird“. Eine virtuelle Vergabe der „Narrenschelle“ sei nicht infrage gekommen, hieß es.
Unterdessen erläuterte der Amtschef des Sozialministeriums, Uwe Lahl, die Voraussetzungen, unter denen Fastnachtsveranstaltungen „im Rahmen der bis auf Weiteres geltenden Alarmstufe I“ durchgeführt werden können. Zum Beispiel gelte sowohl im Freien als auch in Innenräumen eine FFP2-Maskenpflicht auch am eigenen Sitz- oder Stehplatz. Ausnahmen seien Essen, Trinken, wenn man während eines Auftritts singt oder Blasmusik spielt sowie beim Tragen einer „weitgehend luftdichten Larve“, also einer traditionellen Fastnachtsmaske.
Ferner dürften in geschlossenen Räumen konzert- oder theaterähnliche Veranstaltungen mit höchstens 50 Prozent der zugelassenen Kapazität durchgeführt werden. Die Obergrenze liege unter Einhaltung der 2G-Regeln bei 1500 Besuchern und Besucherinnen. Bringen Genesene und Geimpfte einen aktuellen Test mit (2G plus), seien bis zu 3000 Menschen erlaubt, heißt es in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Im Freien betragen die Obergrenzen entsprechend der Corona-Regeln für Stadt- und Volksfeste 3000 (2G) beziehungsweise 6000 (2G plus) Menschen. Voraussetzung seien feste, abgegrenzte Bereiche mit umfassenden Zugangskontrollen.
VSAN-Präsident Roland Wehrle hatte sich über die Aussage von Kretschmann echauffiert, dass Fastnachtsumzüge dieses Jahr wegen der Pandemie nicht stattfinden könnten. Das sei zu pauschal. Nun sagte er versöhnlich: „So können wir weiterplanen.“ Die Vorgaben halte er für praktikabel. „Es geht ja nicht darum, ganze Dörfer abzusperren.“ Was umsetzbar ist, müssten die Fastnachtsvereine vor Ort überprüfen.
„Clubähnliche“ Veranstaltungen, bei denen Besucher singen, tanzen und sich unkontrolliert durchmischen, sind dem Schreiben zufolge ebenso untersagt wie Fastnachtsumzüge. Die meisten größeren Veranstaltungen sind ohnehin schon länger absagt. Wehrle hatte aber betont, es gebe auch Orte, in denen nur wenige Hundert Teilnehmer kämen. Wie Lahl schreibt, sind seine Angaben unter Vorbehalt etwaiger Anpassungen der Corona-Verordnung infolge neuer Verläufe der Pandemie.
Die närrischen Tage vom „Schmotzigen Dunschtig“ über Rosenmontag bis Aschermittwoch fallen dieses Jahr auf Ende Februar, Anfang März.
Die 1924 gegründete VSAN ist eine der ältesten Narrenvereinigungen Deutschlands. In ihr sind 68 Narrenzünfte aus den Regierungsbezirken Freiburg, Tübingen und Stuttgart, dem bayerischen Regierungsbezirk Schwaben und fünf Kantonen in der Schweiz zusammengeschlossen.
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