Verschleierung

Die Politik muss den Verbraucher ernst nehmen – auch beim Strom

Das Thema ist nicht neu, und das ist der eigentliche Skandal. Schon 2008 ging eine Welle der Empörung durchs Land, weil Journalisten aufgedeckt hatten, dass hinter vielen Ökostromangeboten lediglich Zertifikate steckten, die aus Graustrom Ökostrom machten.

Heute, elf Jahre später, haben sich Details verbessert. Aber nach wie vor bleibt dem Verbraucher ein echter Durchblick verwehrt. Viele Kunden glauben, dass sie mit dem Bezug von grünem Strom einen Beitrag zur Energiewende leisten oder auch nur die Produktion von Atom- oder Kohlestrom in ihrem bescheidenen Maß verringern. In Wahrheit aber bewegen sie oft nichts. Ihr Strom ist konventionell erzeugt und das grüne Etikett darauf stammt von einem Wasserkraftwerk, das seit Jahrzehnten abgeschrieben ist.

Nur wer genau hinschaut und sich die Mühe macht, sich zu informieren, erfährt die Wahrheit. Selbst die Stromkennzeichnung zu verstehen, die für jeden Stromtarif veröffentlicht werden muss, braucht ein Abendstudium. Dabei sollte sie dem Verbraucher eigentlich ein scharfes Schwert in die Hand geben: Denn wer klar sehen kann, was er für sein Geld bekommt, kann auch bewusst entscheiden.

Es läge in der Hand der Politik, für echte Transparenz zu sorgen. Das finge damit an, dass erkennbar sein müsste, ob ein Versorger lediglich mit Herkunftsnachweisen seinen Graustrom umetikettiert oder tatsächlich Ökostrom bezieht und einen Beitrag zur Energiewende leistet. Und es ginge weiter damit, dass die Stromkennzeichnung so reformiert werden müsste, dass sie ein ehrliches Bild zeichnet. Der Verbraucher muss einen Großteil der Last tragen, die mit der Energiewende verbunden ist. Dafür hat er größtmögliche Transparenz verdient.

eva.drews@stzn.de

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Erstellt:
29. Januar 2019, 11:21 Uhr

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