Verteilungskampf der Vereine
An diesem Donnerstag diskutieren die Clubvertreter mit dem Ligaverband DFL, wie mit den künftigen TV-Geldern umzugehen ist.
Von Carlos Ubina
Stuttgart - Das Schreckensszenario lässt sich für Traditionalisten ganz einfach benennen: TSG Hoffenheim gegen VfL Wolfsburg. Diese Paarung zweier sogenannter Plastikclubs aus dem Oberhaus gab es zuletzt gleich zweimal, in der Bundesliga und zuvor im DFB-Pokal. Aus Businesssicht bedeutet das: leere Stadionränge, schwache Einschaltquoten und geringe Vermarktungsmöglichkeiten. Das krasse Gegenteil gibt es natürlich auch: große Namen, volle Arenen, hohes Publikumsinteresse. Wie beim FC Bayern gegen Borussia Dortmund – oder Schalke 04 gegen den Hamburger SV, allerdings in der zweiten Liga.
Diese Fußballwelten werden an diesem Donnerstag in Frankfurt aufeinanderprallen. Es geht bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball-Liga (DFL) um eine mögliche Neuverteilung der TV-Gelder. Zehn Zweitligisten haben die Sitzung initiiert, in der 36 Clubs vertreten sind, mit 36 Einzelinteressen, bestenfalls in Interessengruppen gebündelt.
„Wir gehen ergebnisoffen in die Sitzung und erhoffen uns eine zielorientierte Diskussion zur TV-Geld-Verteilung“, sagt Alexander Wehrle, der Vorstandsvorsitzende des VfB Stuttgart, „klar ist für uns dabei, dass die Lokomotiven der Liga entsprechend ihrer Bedeutung für die Vermarktung an den Erlösen partizipieren.“ Wer zieht, soll demnach mehr kassieren. Zunächst geht es aber um Vorschläge, wie ein neuer Verteilungsschlüssel aussehen könnte. Zudem um ein differenziertes Meinungsbild, da die Entscheidung im neunköpfigen DFL-Präsidium fällt, nicht in der Vollversammlung.
Die großen Linien lassen sich wohl so zeichnen: Die einen schreien, Tradition soll sich auszahlen. Vereine, die für eine hohe Stadionauslastung und Aboverkäufe bei den Bezahlsendern Sky und DAZN sorgen, sollen künftig stärker berücksichtigt werden. Die anderen meinen, Leistung muss sich lohnen und wirken darauf hin, dass ihre jahrelange gute Arbeit besser honoriert werden soll.
Mehr Hamburg oder mehr Heidenheim? Reichweite oder Konzept? Unschwer ist dabei zu erkennen, dass gefallene Riesen wie der HSV oder Schalke versuchen, eigene Defizite auszugleichen. Unstrittig ist jedoch ebenso, dass sich in der zweiten Liga eine Reihe von Vereinen tummeln, die jeweils eine große Anhängerschaft, sozusagen Kunden, mitbringen.
An der DFL liegt es nun, die Interessen auszutarieren, den Solidargedanken der Zentralvermarktung zu erhalten und dabei den Krösus nicht zu verstimmen. Der FC Bayern hat bereits Position bezogen. Solidarität dürfe „keine Einbahnstraße sein“, sagt der Münchner Finanzchef Michael Diederich. „Bereits jetzt tragen die Topclubs dem Solidaritätsgedanken in einem erheblichen Umfang Rechnung.“
Kritiker führen an, dass der Rekordmeister 100 Millionen Euro aus dem DFL-Paket erhält, mehr als dreimal so viel wie Holstein Kiel. Der VfB liegt mit 56 Millionen Euro in der TV-Geld-Rangliste dazwischen. Insgesamt nimmt die DFL ab der Saison 2025/26 für jeweils vier Jahre aus der nationalen Medienvermarktung 1,12 Milliarden Euro ein. Das wurde als Erfolg gewertet – doch jetzt ereilt die DFL eine Grundsatzdebatte. Sie bewegt sich im Spannungsfeld: Hier der nationale Spielbetrieb, der gesichert und im Titelrennen spannend gehalten werden soll. Dort die internationale Konkurrenzfähigkeit.
Zur Wahrheit gehört auch, dass vor allem der Sprung in die Königsklasse die Schere zwischen Arm und Reich auseinanderklaffen lässt. Siehe neuerdings VfB. Allein die bisherige Teilnahme an der Champions League bringt knapp 30 Millionen Euro ein. Schaffen es die Stuttgarter, sich weiter für das internationale Geschäft zu qualifizieren, werden sie im Vergleich zum Mittelstand der Bundesliga nachhaltig mehr Geld einnehmen.