Viel Druck im Biosaftsegment

Die Nachfrage nach biozertifizierten Säften ist nicht mit dem steigenden Angebot gewachsen. Die Firma Streker Natursaft aus Aspach versucht dennoch, ihren angestammten Zulieferern aus der Region preislich entgegenzukommen.

So wie hier im Bild aus dem vorigen Jahr füllen sich bei Streker Natursaft in Großaspach alljährlich zur Apfelernte im Herbst die Silos. Fotos: A. Becher

© Alexander Becher

So wie hier im Bild aus dem vorigen Jahr füllen sich bei Streker Natursaft in Großaspach alljährlich zur Apfelernte im Herbst die Silos. Fotos: A. Becher

Von Bernhard Romanowski

BACKNANG/ASPACH/LEUTENBACH. Kleinster unter den Großen, Größter unter den Kleinen – so verortet Petra Streker ihr Unternehmen in Großaspach in einer Branche, deren Wohl und Wehe von vielen Faktoren abhängig ist. Da ist zum einen das Wetter, das alljährlich für Überraschungsmomente sorgen kann, was die Menge und Qualität der Obsternte anbelangt. Auch die Geschmacksvorlieben der Kundschaft können sich mitunter ändern. Und auch Konkurrenz ist für die Firma Streker Natursaft kein Fremdwort, auch wenn die Geschäftsführerin lieber von „Marktbegleitern“ spricht, mit denen man es zu tun hat. Besonders der Biomarkt sei derzeit wieder arg unter Druck, so Petra Streker.

„Für 20 Euro pro Doppelzentner kann ich Äpfel bekommen, dass ich drin ersaufe“, sagt Streker. Das ist der Preis, den etliche Großkeltereien ihren Anlieferern – darunter zahlreiche Streuobstinitiativen – vergangenes Jahr noch zahlten. Bei Streker in Aspach war man 2020 noch recht zuversichtlich, den Bioerzeugern, mit denen das Unternehmen einen festen Vertrag hat, den bis dato geltenden Vertragspreis für ihre Produkte zu bezahlen. Auch wenn sich bereits abzeichnete, dass es „wehtut bei der aktuellen Marktlage“, wie Petra Streker bekannte. Aber die Regionalität des Obstes und die kurzen Wege der Anlieferung waren es den Aspachern wert.

Das Angebot an Biosaft übertrifft die Nachfrage derzeit deutlich.

Doch wie die Unternehmerin ebenso bereits im vergangenen Jahr sagte, passen Angebot und Nachfrage im Biobereich wohl nicht zusammen. Das heißt: Wenn die Streuobsternte größer ausfällt, als gedacht, wirkt sich das freilich auch marktwirtschaftlich aus in diesem Bereich. Viele Erzeuger haben ihre Anlagen auf eine biologische Produktion ihrer Früchte umgestellt. Es kommt also auch immer mehr Bioobst in die Keltereien. Die Nachfrage nach Biosaft hat damit aber nicht Schritt gehalten. Großkeltereien vom Bodensee, die auch Annahmestellen im Rems-Murr-Kreis haben, senkten daraufhin ihre Preise für das angelieferte Obst, trotz bestehender Verträge, wie aus der Szene zu hören ist. Die Firma Streker Natursaft geht derweil einen anderen Weg, wobei auch den Aspachern bewusst war, dass die bisherige Preisbindung aus unternehmerischer Sicht nur noch schwer zu halten sein würde. Bei einigen Unternehmen war ein Preis von 14 Euro pro Doppelzentner im Gespräch. „Das ist zu hart für unsere Leute“, befand man bei Streker. „Wir haben uns dann mit den Anlieferern unterhalten, deren Verträge bald auslaufen, um eine gute Lösung für alle zu finden“, berichtet Petra Streker. Vonseiten der Landwirte kam bei diesen Gesprächen der Vorschlag, eine Preisgarantie nach unten zu vereinbaren. So wird Streker es nun handhaben: In die laufenden Verträge wird nicht eingegriffen. Für die Stammanlieferer von biozertifiziertem Mostobst wie den Obst- und Gartenbauvereinen (OGV) aus Leutenbach, Nellmersbach und Schwaikheim zahlt Streker einen Mindestpreis von 15 Euro pro Doppelzentner. „Das ist eine Absicherung nach unten. Wenn es mehr wird, freuen wir uns alle“, so Petra Streker. In der Region gebe es viele kleine und mittelständische „Fruchtsafter“, mit denen man weiterhin vertrauensvoll zusammenarbeiten will, so die Geschäftsfrau weiter. Was die Menge und Qualität der Ernte im kommenden Herbst angeht, kann Streker auch nur Mutmaßungen anstellen: „Die Frage ist, ob die Insekten fliegen, ob die Blütenansätze zu ordentlichem Obst werden – da sind noch viele Fragezeichen.“ Erst in zwei, drei Wochen werde man mehr sagen können.

Geschäftsführerin Petra Streker

© Alexander Becher

Geschäftsführerin Petra Streker

Klar sei aber, dass der April zu frostig war, was vielen Pflanzen geschadet hat, und dass es auch im Mai zu wenig Niederschlag gab. Den Umstand, dass auch Keltereien aus der Bodenseeregion im Umland von Aspach und Backnang Annahmestellen betreiben, kommentiert Streker mit deutlich vernehmbarem Stolz in der Stimme: „Wir haben hier einfach den besseren Saft.“

„Frau Streker hatte uns für 2021 einen Mindestpreis von 15 Euro für biozertifiziertes Mostobst garantiert. Sollte der Tagespreis höher liegen, würden wir den selbstverständlich auch bekommen“, freut sich Dieter Blessing, der dem OGV Leutenbach vorsitzt. Das Unternehmen Streker Natursaft sei eine alte schwäbische Firma, in der das gegebene Wort noch etwas gelte, ist Blessing voll des Lobes. Er hat im vergangenen Jahr einen Brief an den baden-württembergischen Landwirtschaftsminister Peter Hauk geschrieben, um gegen den Preisbruch einiger Keltereien zu protestieren. Die Streuobstwiesen prägen die Landschaft und tragen zur Biodiversität und zur Klimaverbesserung bei, demnach müssten sie dem Minister doch am Herzen liegen, so Blessing. Die Erhaltung und Pflege dieser Streuobstkultur sei allerdings recht aufwendig, zudem fänden sich zusehends weniger Menschen bereit dafür. Eine Preisgarantie sei hier deshalb als Anreiz hilfreich.

Preiskampf der Keltereien

Zwei Großkeltereien vom Bodensee haben 2020 in der Branche von sich reden gemacht, als sie ihren Erzeugern im ganzen Südwesten kündigten und neue Lieferverträge anboten. „Zu deutlich schlechteren Konditionen“, wie der Leutenbacher OGV-Vorsitzende Dieter Blessing berichtet.

Eine der beiden Firmen überdachte den Schritt anschließend aber offenbar und bot Verträge mit leicht besseren Preisen an, aber wohl nicht auf dem ursprünglichen Niveau. Leider hätten auch in seinem Umfeld viele Leute bei dieser Großkelterei unterzeichnet, so Blessing. „Ein Bauerntrick“, so seine Bezeichnung für das Vorgehen des Unternehmens.

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Erstellt:
11. Mai 2021, 16:00 Uhr

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