Viele Bürger wissen nicht, wo die Flutgefahren lauern
Starkregen entwickelt sich auch in Backnang zu einem immer größeren Problem. Die Bürger müssen zu einem gewissen Teil selbst vorsorgen.

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Nicht nur Flüsse, die über die Ufer treten, bergen Hochwassergefahr. Vermehrt spielt auch Starkregen eine Rolle. Foto: A. Becher
Von Matthias Nothstein
Backnang. Bei Hochwasser denkt jeder in erster Linie an Bäche und Flüsse, die über die Ufer treten. Das war in der Vergangenheit vermutlich auch richtig. In den vergangenen zehn bis 20 Jahren hat sich jedoch abgezeichnet, dass Starkregen vermutlich infolge des Klimawandels, der ständig wachsenden Bebauung und der Veränderungen in der Landwirtschaft eine Gefahr ist, die mindestens genauso zu berücksichtigen ist. So erklärte etwa Markus Moser, der Leiter des Referats Hochwasser beim Regierungspräsidium Stuttgart, in der jüngsten Sitzung des Backnanger Gemeinderats, dass Starkregenereignisse in der Zahl deutlich zunehmen. Die Zahlen der Versicherer sprechen Bände. In den vergangenen zehn bis 15 Jahren haben Schäden aufgrund von Starkregen bei den Flutschäden insgesamt mehr als 50 Prozent der Versicherungsfälle ausgemacht. Moser unterstützt die Haltung der Stadt Backnang, wonach mittels Risikoanalysen und Hochwassergefährdungskarten den Bürgern aufgezeigt werden soll, wo Gefahren lauern. Handeln müssen jedoch die Bürger selbst. Moser: „Sie als Kommune wären restlos überfordert, wenn sie sich um all diese Dinge kümmern müssten.“
Die Stadt setzt auf vier Bausteine, um sich gegen Schäden durch Starkregen zu wappnen. An erster Stelle stehen die Sensibilisierung der Bevölkerung und Informationsveranstaltungen, bei denen über mögliche Risiken und Gefahren informiert wird. Oft wissen Betroffene nämlich gar nicht, wie stark sie gefährdet sind. Es sind zum Beispiel Gebäude am Ortsrand, die an landwirtschaftlich genutzte Flächen angrenzen. Bei Gewittern der bisherigen Güte ist vielleicht seit Generationen nichts passiert. Aber Niederschläge mit 200 Litern pro Quadratmeter kann kein Boden aufnehmen, zumal es auch negative Entwicklungen in der Landwirtschaft gab, Stichwort Monokulturen oder intensiver Maisanbau.
Schäden durch Starkregen minimieren
Als zweiter Baustein setzt die Stadt auf ihre kommunale Flächenvorsorge. Das heißt, in den künftigen Bebauungsplänen werden bauliche Vorkehrungen vorgeschrieben, mit denen Schäden durch Starkregen minimiert werden können. Und drittens kümmert sich die Stadt um ein Krisenmanagement. Dazu gehören Alarm- und Einsatzpläne, mit denen neuralgische Punkte gezielt geschützt werden können.
Der vierte Baustein sind die baulichen Veränderungen, die jeder Bürger selbst erledigen kann. In der Auflistung stehen Erhöhungen von Lichtschächten, damit das Wasser nicht über die Kellerfenster eindringen kann, erhöhte Gartenmauern oder banale Maßnahmen wie zum Beispiel das Höherstellen von elektrischen Geräten wie Waschmaschinen im Keller.
Stadtbaudezernent Stefan Setzer erklärte in seinem Fazit: „Wir setzen ein Gesamtkonzept um. Technische Schutzmaßnahmen wie Becken, Mauern und Dämme sind nur ein Teil davon. Wichtig sind auch das Krisenmanagement, die Information der Bürger und die Unterstützung der Bürger bei der Eigenvorsorge. Die Abwehr von Schäden durch Starkregen ist die gemeinsame Aufgabe für die Zukunft.“ Auch Oberbürgermeister Maximilian Friedrich betonte die Bedeutung der Kommunikation, speziell bei allen Maßnahmen, die unmittelbar in das Lebensumfeld der Bürger eingreifen: „An die erfolgreiche Bürgerinformationsveranstaltung zu den Themen Hochwasserrisiko- und Starkregenrisikomanagement im Jahr 2019 wollen wir anknüpfen, sobald es die pandemische Situation wieder zulässt. Die heutige Information des Gemeinderats soll bis dahin ein wichtiger Zwischenschritt sein.“