Unterschiedliche Preise an Ladesäulen
Vom Abenteuer, ein E-Auto zu laden
Die Preise an öffentlichen Ladesäulen differieren um bis zu 300 Prozent. Grund-, Roaming- und Blockiergebühren kommen oft noch obendrauf. Wer nicht draufzahlen will, muss aufpassen wie ein Luchs – ein Erfahrungsbericht.
Von Thomas Faltin
Niemand muss mehr Angst haben, mit seinem Elektroauto liegenzubleiben, weil die Batterie leer ist – mit mittlerweile mehr als 26 500 Ladepunkten allein in Baden-Württemberg ist es zur nächsten Stromzapfsäule nie weit. Seit Juli besitze ich einen Opel Mokka, der offiziell 330 Kilometer weit kommt. Tatsächlich sind es meist nur 270 Kilometer, jetzt im Winter sogar weniger als 200 Kilometer. Eine Wallbox zuhause besitze ich (noch) nicht, trotzdem ist es bisher nie zu einer brenzligen Situation gekommen, immer war am rechten Ort eine Säule frei, nur einmal traf ich auf eine kaputte Station – und ich musste einen Kilometer zur nächsten weiterfahren.
Bisher habe ich 37 Mal getankt, im Schnitt alle vier Tage. Reichweitenangst und auch die Angst vor einem notwendigen Dauerladen sind für mich also passé – die Angst vor Apothekenpreisen und unkomfortablen Bezahlsystemen aber ist geblieben. Das ist weiterhin ein großer, manchmal nerviger Nachteil beim Fahren eines Elektroautos.
Preise an Ladesäulen differieren um bis zu 300 Prozent
Denn auf dem Markt sind sehr viele verschiedene Anbieter unterwegs, Stadtwerke, große Energiekonzerne, Automobilfirmen. Jeder kann seine Preise frei bestimmen – mir sind bisher Preise zwischen 28 und 89 Cent pro Kilowattstunde für das normale AC-Laden untergekommen. Schnellladen ist teils deutlich teurer. Die Stromkosten differieren damit im Sommer zwischen rund 4,20 Euro und 13,35 Euro auf hundert Kilometer (im Winter bei höherem Verbrauch zwischen 5,60 und 17,80 Euro). Nebenbei: Wäre mein Mokka ein Benziner, würde ich gut zehn Euro an Sprit auf 100 Kilometer bezahlen. Wer auf den Preis achtet, fährt also mit dem E-Auto deutlich günstiger.
Aus diesem Grund sollte man sich am besten noch vor dem Kauf des Autos umschauen, welche Ladesäulen man häufiger nutzen wird, und dort die Preise vergleichen. Es ist nützlich, sich dann bei zwei bis drei günstigen Unternehmen zu registrieren und dort auch eine Ladekarte zu bestellen, auch wenn diese manchmal eine Einmalgebühr von etwa zehn Euro kostet. Denn diese RFID-Karte hält man nur an die Ladesäule, und schon kann man tanken. Einfacher geht es nicht. Abgerechnet wird einmal im Monat über die hinterlegte Bankverbindung. Das stellt die Grundversorgung dar, die bei mir sehr gut funktioniert.
Komplizierter wird es, wenn man unterwegs laden muss. Man kann dann auf die EnBW-Mobility-App oder -karte zurückgreifen, denn mit ihr kann man an 700 000 Ladepunkten in ganz Europa tanken. Allerdings sind halt die Preise nicht ganz günstig – selbst an einer EnBW-eigenen Säule kostet die Kilowattstunde 59 Cent, wenn man keine monatliche Grundgebühr bezahlen will. Für EnBW-fremde Säulen fallen zusätzlich Roaminggebühren an, sodass man schnell bei 89 Cent liegt. Zudem verlangt die EnBW, wie manche andere Anbieter auch, Blockiergebühren – wer an einer normalen Ladesäule länger als vier Stunden steht, bezahlt zehn Cent pro Minute zusätzlich, maximal zwölf Euro. Das ist einerseits gut, weil so keine Säulen unnötig besetzt bleiben. Aber es kann lästig sein, wenn man etwa während einer Wanderung lädt und ständig auf die Uhr schauen muss.
Sehr günstig tanken bei Aldi und Lidl
Mittlerweile habe ich drei Ladekarten im Portemonnaie, zudem fünf Ladeapps verschiedener Anbieter auf dem Smartphone. Denn in der Regel ist der Preis direkt beim Anbieter am günstigsten. Es gilt also aufzupassen wie ein Luchs, an den richtigen Säulen mit der richtigen Karte oder App zu laden. Bei meiner wichtigsten Ladesäule der Stadtwerke Nürtingen bezahle ich zum Beispiel 33 Cent pro Kilowattstunde. Würde ich an der gleichen Säule mit der EnBW-App tanken, müsste ich 69 Cent berappen.
Die Stadtwerke Stuttgart sind übrigens mit 55 Cent auch nicht gerade günstig; Stadtwerke-Kunden zahlen 49 Cent. Sehr ärgerlich ist zudem, dass schon nach einer Stunde acht Cent pro Minute an Blockiergebühren hinzukommen – ein E-Auto braucht an einer normalen Ladestation aber zwei bis vier Stunden, um voll zu sein. Sehr preiswert sind dagegen Aldi, Lidl oder Kaufland, die an immer mehr ihrer Supermärkte Ladesäulen aufstellen und dort den Strom für 28 Cent verkaufen. Man darf auch länger als nur für den Einkauf stehen bleiben.
Noch verwirrender wird es dann durch die vielen Zusammenschlüsse von Anbietern, die je nach Unternehmen und je nach Roaminggebühren interessant oder auch viel zu teuer sein können. Eine gute Wahl könnte für viele Ladenetz.de sein; das ist eine Kooperation vieler Stadtwerke in Deutschland inklusive EnBW. Für normales Laden zahlt man 42 Cent pro Kilowattstunde, egal wo. Roaminggebühren fallen nicht an. Dabei kann es manchmal vorkommen, dass man mit der Ladenetz-Karte günstiger tankt als mit der Karte des eigentlichen Anbieters. Auch da gilt es also genau zu schauen.
Doch nicht für jede Ladesäule kann man schon eine App installiert haben – wenn man sich erst vor Ort, vielleicht im Schneeschauer, registrieren muss, wird es oft unbequem. Meist muss man seine Kreditkarte hinterlegen und dabei manchmal sogar eine Freischaltung im Bankkonto genehmigen. Bei mir hat das mehrmals nicht geklappt, nach einer Viertelstunde habe ich entnervt aufgegeben.
Immerhin ist es seit Juli 2024 Pflicht, dass neue Ladesäulen direkt mit einer Kredit- oder Debitkartenfunktion ausgestattet sein müssen. Das ist dann so bequem wie an der Supermarktkasse; man hält nur noch die Karte hin, der Betrag wird direkt abgebucht. Bisher sind mir solche Säulen aber nur zwei Mal an Aldi-Märkten begegnet. Das wird aber die Zukunft sein, und dann wird Laden kinderleicht. Viele Autofirmen, wie Mercedes, Tesla oder Porsche, geben ihren Kunden übrigens eigene Ladekarten mit – mit einer Karte kann man dann überall laden. Die Preise sind allerdings auch da recht unterschiedlich. Mercedes verlangt an AC-Ladesäulen bei einer Grundgebühr von 4,90 Euro pro Monat 42 Cent pro Kilowattstunde.
Schwierig wird es zuletzt, wenn man zuhause am Küchentisch den Überblick behalten will, wie viel Geld man eigentlich fürs Tanken ausgegeben hat. Denn man muss am Monatsende eigentlich in allen seinen Apps und womöglich auch noch auf dem Bankkonto nachschauen, was eigentlich wo abgebucht wurde. Ich führe deshalb ein Fahrtenbuch und trage den Betrag gleich ein, wenn ich das Ladekabel abstöpsele.
Seit dem Kauf habe ich einen Durchschnittspreis von 6,20 Euro auf hundert Kilometer bezahlt. Ich fahre also 40 Prozent günstiger als mit einem Benziner. Der Autopreis war übrigens wegen eines hohen Rabatts gleich niedrig wie beim Benziner. Die Freude über die Einsparung wiegt deshalb manchen Ärger an der Ladesäule wieder auf.