Kajakfahrer von Wal ins Maul genommen
Vom Buckelwal verschluckt: Wie überlebt man das?
Eine Geschichte wie aus der Bibel: Ein junger Mann landet im Inneren eines Wals. Ein Video von der wilden Kajakfahrt geht viral. Der Mann war wohl zur falschen Zeit am falschen Ort.
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© Uncredited/Dell Simancas/AP/dpa
Ein Buckelwal verschluckt kurzzeitig einen Kajakfahrer bevor er ihn am Samstag, 8. Februar 2025, unverletzt wieder freilässt (Videostandbild).
Von Markus Brauer
Wal-Begegnung mit Schreckmoment: Im Süden Chiles ist ein Kajakfahrer kurzzeitig von einem Buckelwal verschluckt worden.
Der Kajakfahrer Adrián Simancas paddelte nahe der Stadt Punta Arenas in Patagonien, als plötzlich ein riesiger Wal aus dem Wasser auftauchte und ihn und sein gelbes Boot komplett verschluckte, wie eine spätere Aufnahme zeigte. Fünf Sekunden später tauchte der fassungslose Simancas dann unverletzt wieder auf.
Die mit der Kamera aufgenommene Szene, die sich bereits am vergangenen Samstag (8. Februar) ereignete, ging später viral. Sie war von Simancas Vater Dell Simancas in den Onlinenetzwerken veröffentlicht worden.
„Ich dachte, er hätte mich verschluckt“
In der Aufnahme ist zu hören, wie Simancas seinem Vater zuruft: „Ich dachte, er hätte mich verschluckt.“ Der seinem sichtlich geschockten Sohn zu Hilfe eilende Vater wiederum versuchte seinen Sohn mit den Worten zu beruhigen: „Entspann dich, entspann dich, ich komme.“
Dem Sender TVN sagte der Vater später, in den drei Sekunden, als sein Sohn plötzlich verschwunden war, habe er „wirklich Angst“ gehabt. „Und plötzlich schoss er heraus.“
Der 24-Jährige selbst kam offenbar mit dem Schrecken davon. Er habe etwas gesehen, das „blau und weiß war und dicht an meinem Gesicht vorbeizog“, berichtete er später TVN. Er habe gar nicht begriffen, was passierte. Er dachte, der Wal hätte ihn „gefressen“. Laut Experten sind Buckelwale dazu aber aufgrund ihres kleinen Rachens gar nicht in der Lage.
Wahrscheinlich hat der Wal das kleine Boot nicht bemerkt
Der Meeresbiologin Maria José Pérez von der Universität von Chile zufolge sind Vorfälle wie diese „sehr selten“. Sie vermutet sie, dass das Kajak „genau in der Futterstelle des Wals“ mit Krill oder Fisch gelegen habe.
So sei in der Aufnahme zu sehen gewesen, wie der Wal „seitlich mit offenem Maul an die Oberfläche kam“. Wahrscheinlich habe der Meeressäuger das kleine Boot gar nicht bemerkt.
Weitere Berichte von verschluckten Menschen
Können Wale einen Menschen tatsächlich verschlingen? Oder handelt es sich um einen Mythos?
- Massachusetts: Im Juni 2021 berichtete der Hummertaucher Michael Packard aus Cape Cod im US-Bundesstaat Massachusetts, dass er bei Provincetown von einem Buckelwal „heruntergeschluckt“ worden sei. Zunächst habe er einen leichten Stoß gespürt. „Dann war alles komplett schwarz“. Etwa 30 Sekunden habe er im Maul des Wals verbracht, bis dieser ihn an der Wasseroberfläche wieder ausspuckte.
Lobster diver Michael Packard was swallowed by a whale in a terrifying encounter in June 2021. He had been in his stomach for 16 hours but survived later. pic.twitter.com/CqchOxMSxy — Prasoon (@prasoongram) January 18, 2022
- Kalifornien: Auch zwei Kajakfahrer berichteten im Jahr in Kalifornien von einem ähnlichen Erlebnis. Ebenso ein Reiseveranstalter im Jahr zuvor im Hafen von Port Elizabeth in Südafrika.
- Südafrika: Der Deutsche Rainer Schimpf sagte im Sender WDR2, er sei auch schon ins Maul eines Wals gelangt, und zwar eines Brydewals. „Plötzlich wurde es von hinten dunkel“, erinnert er sich an den Vorfall vor einigen Jahren. Damals sei er in Südafrika tauchen gewesen. „Brydeswale haben einen Schlund, der etwa so groß ist wie ein Unterarm, das heißt mir war sofort bewusst, dass er mich nicht schlucken kann.“ Schimpf sei unverletzt geblieben. „Er hat mich sofort wieder ausgespuckt.“
Jona und Gepetto
Am bekanntesten ist die biblische Erzählung von Jona, der von einem Wal verschluckt und dadurch vor dem Ertrinken gerettet wurde.
„Aber der Herr ließ einen großen Fisch kommen, Jona zu verschlingen. Und Jona war im Leibe des Fisches drei Tage und drei Nächte. Und Jona betete zu dem Herrn, seinem Gott, im Leibe des Fisches“ (Das Buch Jona, Kapitel 2).
Auch in dem Kinderbuchklassiker „Abenteuer des Pinocchio“ von Carlo Collodi findet sich der Holzschnitzer Geppetto im Bauch eines Wals wieder.
Wissenschaftlich unhaltbar
Auch wenn die Geschichten von menschenverschlingenden Walen einen festen Platz in der Mythologie haben, sind sie wissenschaftlich doch nicht bewiesen. Da das Maul eines Buckelwals bis zu drei Meter breit ist, könnte ein Mensch darin tatsächlich Platz finden.
Doch runterschlucken kann er ihn nicht. Denn der Schlund des Buckelwals hat ungefähr den Durchmesser einer menschlichen Faust. Fällt die Mahlzeit etwas größer aus, kann er sich auf einen Durchmesser von etwa 38 Zentimeter ausdehnen.
Nur Pottwale können größere Beute verschlingen
Von den 90 bekannten Walarten ist der bis zu 16 Meter lange Pottwal die einzige Spezies, deren Schlund und Speiseröhre groß genug sind, um ein Beutetier in der Größe eines Menschen zu verschlingen. Menschen technisch zu ermöglichen.
Wenn ein Mensch tatsächlich im Maul eines Wals landet, handelt es sich dabei um ein Missgeschick. Zahnwale wie der Pottwal ernähren sich von Beutetieren wie Kalmaren und Fischen.
Bartwale, zu denen der Buckelwal, der Blauwal, der Grauwal und der Zwergwal zählen, ernähren sich von Plankton, Krill und kleinen Fischen. Anstelle von Zähnen haben sie spezielle Borsten, die Barte genannt werden. Wale fressen, indem sie große Menschen an Meerwasser aufnehmen und dieses wie durch ein Sieb durch die Barte seiht.
„Vielleicht war der Wal nur verspielt“
„Buckelwale sind sehr, sehr schlau“, erklärt Judith Denkinger, Kuratorin für Meeressäuger am Meeresmuseum Stralsund, die seit mehr als 20 Jahren mit Buckelwalen arbeitet.
Es könne schon auch sein, dass der Buckelwal den jungen Mann in Chile möglicherweise im Spiel ins Maul genommen habe. „Der Wal war noch jung, der war noch nicht so groß. Vielleicht war er auch einfach nur neugierig und verspielt“ (mit dpa/AFP-Agenturmaterial).