Vom Radprofi zum Wildtierfotografen

In seinem Fahrradgeschäft in der Mitte Oppenweilers vertreibt und repariert der 70-jährige Karlheinz Wöhrle täglich Räder aller Art. Damit hat er sein früheres Hobby zum Beruf gemacht. Seine freie Zeit verbringt er nun vermehrt auf der Pirsch mit seiner Kamera.

In seinem Laden in Oppenweiler kümmert Karlheinz Wöhrle sich um Reparaturen aller Art. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

In seinem Laden in Oppenweiler kümmert Karlheinz Wöhrle sich um Reparaturen aller Art. Foto: Alexander Becher

Von Kristin Doberer

Oppenweiler. Rennräder, Trekkingbikes, Fahrräder mit E-Antrieb oder ohne, Mountainbikes mit extrabreiten Reifen und Kinderräder mit bunten Lackierungen: In dem Radgeschäft von Karlheinz Wöhrle an der Hauptstraße in Oppenweiler findet sich wohl fast alles, was das Radlerherz begehrt. Dicht an dicht stehen sie, die Drahtesel, sowohl die trendige Neuware als auch in die Jahre gekommene Räder, die nach einer Reparatur auf die Abholung durch ihre Besitzer warten. „Ich hab noch zwei weitere Garagen voll“, sagt Karlheinz Wöhrle und lacht. Eigentlich war das Geschäft mit den Fahrrädern nur als Nebengewerbe gedacht. Denn Wöhrle ist früher selbst Radrennen gefahren. „Da hat man eigentlich ständig am eigenen Rad geschraubt“, sagt er. Aus dem Interesse entwickelte sich 1998 ein Radgeschäft im Nebengewerbe, 2008 stieg der gelernte Maschinenbauer dann doch komplett um und machte sich mit seinem Laden selbstständig.

Sogar eine eigene Fahrradmarke hat er entwickelt. „Das war schon immer ein großes Ziel von mir“, sagt Wöhrle. Unter dem Namen Woekatec gab es Trekkingräder, Rennräder und mehr aus seiner Entwicklung. Das Besondere: „Die wurden meist nach Maß gebaut und an den Käufer angepasst“, erklärt Karlheinz Wöhrle. Doch in den vergangenen Jahren sei es immer schwieriger geworden, Schweißer zu finden. Als der Schweißer seines Vertrauens aufhören musste, stellte auch Wöhrle seine Radlinie ein. Genug zu tun hat er dennoch allemal. Für Reparaturen und Radservices bringen nicht nur Menschen aus der Region Stuttgart ihre Räder zu dem Profi, zum Teil hat er sogar Stammkunden, die weiter weg wohnen, unter anderem Dresden oder vereinzelt in der Schweiz und Frankreich.

An Rente denkt der 70-Jährige noch lange nicht

Etwa 60 Prozent der Räder, mit denen er zu tun bekommt, seien mittlerweile E-Bikes, aber das schreckt den 70-Jährigen nicht ab, auch wenn sich an der Art der Reparatur im Vergleich zu seinen Anfängen einiges geändert hat. „Das E-Bike muss man an den PC anschließen und zum Beispiel eine neue Software aufspielen“, nennt er nur ein Beispiel. Damit er in der sich ständig ändernden Radwelt auf dem neuesten Stand bleibt, besucht er regelmäßig Schulungen und Seminare. „Das muss man eigentlich für alle unterschiedlichen Marken machen. Sonst fehlt einem einfach das Wissen.“ Trotz der ständig neuen Anforderungen kann sich der 70-Jährige noch lange nicht vorstellen aufzuhören. „An Rente ist noch gar nicht zu denken“, sagt er lachend.

Im Wildpark Bad Mergentheim ist Karlheinz Wöhrle mit seiner Kamera fast jedes zweite Wochenende. Dort hält er das Leben eines Wolfsrudels fotografisch fest. Foto: Karlheinz Wöhrle

© Wöhrle

Im Wildpark Bad Mergentheim ist Karlheinz Wöhrle mit seiner Kamera fast jedes zweite Wochenende. Dort hält er das Leben eines Wolfsrudels fotografisch fest. Foto: Karlheinz Wöhrle

Dabei habe es die Radbranche aktuell nicht leicht, wie er erklärt. Zu Beginn der Coronapandemie gab es zwar noch den großen Ansturm auf die Räder, doch Lieferengpässe sorgten damals für Probleme. Mittlerweile gebe es Räder im Überfluss, allerdings seien die Käufer angesichts der allgemeinen Preissteigerungen nun zögerlicher.

Mittlerweile ist selbst Wöhrle nur noch mit einem E-Bike unterwegs. „Sonst kann man bei den Radgruppen gar nicht mehr mithalten. Die fahren alle nur noch mit Elektroantrieb.“ Wobei er heute tatsächlich gar nicht mehr so häufig in den Fahrradsattel steigt. Stattdessen nimmt ein anderes langjähriges Hobby die freie Zeit des 70-Jährigen in Anspruch: das Fotografieren. Genauer: die Wildtierfotografie. „Ich fotografiere eigentlich schon seit meinem zwölften Lebensjahr. Sogar ein eigenes Labor hatte ich damals, um die Bilder entwickeln zu können“, erinnert sich Wöhrle. Doch in den vergangenen Jahrzehnten musste dieses Hobby eben immer wieder zurückstecken. Erst seit etwa sieben Jahren ist Wöhrle wieder regelmäßig mit seiner Kamera unterwegs. „Das ist auch einfach ein Ausgleich zum Geschäft“, erklärt Wöhrle.

Wenn er vom Fotografieren spricht, kommt er ins Schwärmen. Die Komposition ist ihm besonders wichtig; manchmal brauche es eine ganze Weile, bis ein Bild genau so ist, wie er sich das vorstellt. „Da muss dann alles genau passen. Und zwar von vornherein. Ich will die Bilder nicht im Nachhinein am Computer bearbeiten.“

Besonders gerne fängt er mit seiner Kamera wilde Tiere ein. Zum Beispiel begleitet er seit Jahren eines der größten Wolfsrudel Europas, das im Wildpark Bad Mergentheim lebt, fotografisch. Etwa alle zwei Wochen ist er dort, die Tiere und ihre Verhaltensweisen kennt er mittlerweile sehr gut. „Man kennt alle Tiere im Rudel. Und man sieht auch mittlerweile genau, wie es ihnen gerade geht.“

Auf Tuchfühlung mit Bären, Luchsen und anderen wilden Tieren

Das komplizierte, aber zugleich sehr ausgeprägte Sozialverhalten der Wölfe im Rudel fasziniere ihn dabei besonders. Aber auch andere Tierarten kommen ihm vor die Linse, weite Fahrten sind dafür keine Seltenheit. Immer wieder fährt er zum Beispiel nach Tschechien, auf der Suche nach Bären in freier Wildbahn. Angst vor den Tieren habe er dabei nicht, auch wenn er ihnen zum Teil ganz schön nahe kommt. „Einmal hat sich ein Bär etwa vier Meter vor uns aufgestellt“, erinnert er sich an einen Ausflug nach Tschechien.

Gezielt reist er auch in Regionen, in denen Bären zu finden sind. Foto: Karlheinz Wöhrle

© Wöhrle

Gezielt reist er auch in Regionen, in denen Bären zu finden sind. Foto: Karlheinz Wöhrle

Zum Teil werden sogar Urlaube so geplant, dass ein oder zwei Tage Fotopirsch mit drin sind. Bei Ausflügen in den Schwarzwald sucht er zum Beispiel mit der Kamera nach Luchsen, wenn es nach Trentino in Norditalien geht, begibt sich der Fotograf auf die Suche nach Bären und anderen Wildtieren. „Oft ist dann ein Ranger dabei, der ungefähr weiß, wo man die Tiere eventuell finden kann.“ Trotzdem sind die Ausflüge manchmal auch vergeblich. „Manchmal liegt man den ganzen Tag irgendwo und kein einziges Tier kommt“, sagt Wöhrle. Besonders Wildkatzen seien schwierig. Allgemein haben es ihm die Wildtiere angetan, besonders gern fotografiert er auch Strauße. So wurde er auch schon von einer Straußenfarm zum Fotografieren gebucht. Auch sonst landen die Bilder nicht nur auf dem PC des 70-Jährigen. Zum Teil seien diese schon Teil von Ausstellungen gewesen, manchmal kaufen Jäger ihm Bilder ab und immer wieder reicht er sie auch erfolgreich bei Fotografiewettbewerben ein.

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Erstellt:
29. September 2023, 06:00 Uhr

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