Landespreis für Kunst an die Stuttgarterin Nevin Aladag
Von den Schaukelpferden auf der Königstraße in die große Kunstwelt
In der Türkei geboren, in Stuttgart aufgewachsen und heute in Berlin und mehr noch auf den großen Kunstbühnen zu Hause – Nevin Aladag erhält den Landespreis für Bildende Kunst 2025.
Von Nikolai B. Forstbauer
„Meine Eltern“ erzählte Nevin Aladag 2015 unserer Zeitung, „sind nach Stuttgart gezogen, als ich noch ein Säugling war. Ich bin in Stammheim und Korntal aufgewachsen, habe meine Jugend in Stuttgart verbracht. Dort hat auch meine kulturelle Erziehung stattgefunden“. Seinerzeit war Aladag eingeladen, für die Ausstellung zum Sparda Kunstpreis Kubus im Kunstmuseum Stuttgart mehrere Arbeiten zu präsentieren.
Neun Jahre später zählt Nevin Aladag, die seit 2002 in Berlin lebt, zu den international gefragtesten Künstlerinnen ihrer Generation. Wichtige Beiträge zur Weltkunstausstellung Documenta 14 2017 in Kassel und Athen sowie zur Biennale Venedig festigten ihren Rang ebenso wie Auftritte in internationalen Kunstmuseen. Immer waren und sind diese Präsentationen zugleich Ausstellungen und (Mit-)Handlungs-Parcours. Die Verwandlung der Dinge, von Alltagsgegenständen, zählt zu Aladags zentralen Themen. Stühle etwa werden Instrumente – und Aladag sagte 2015: „Musik und Tanz waren immer ein natürlicher Bestandteil meiner Arbeit und spielen selbst in skulpturalen Werken eine Rolle.“
Neun Jahre später würdigt das Land Baden-Württemberg Nevin Aladag mit dem mit 25000 Euro dotierten Landespreis für Bildende Kunst, und Kunststaatssekretär Arne Braun sagt: „Nevin Aladağ gilt als Wegbereiterin neuer künstlerischer Positionen, sie ist eine der einflussreichsten Künstlerinnen des Landes. Immer wieder schafft sie es, das Publikum durch Perspektivwechsel und Vielseitigkeit zu überraschen.“ Und weiter: „Skulpturen, Installationen, Fotografien oder Performance – ihr Stil ist einzigartig. Ihre Arbeiten sind fröhlich, einladend, machen durch ihren integrierenden Charakter eines sichtbar: Unterschiedlichste Kulturen können zusammenwachsen, Menschen zueinander finden.“
Ausstellung im Thoma-Museum
Die Verleihung des vormaligen Hans Thoma-Preises ist für den 20. Juli 2025 in Bernau im Schwarzwald geplant. Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe kuratiert und organisiert gemeinsam mit dem Hans-Thoma-Kunstmuseum Bernau aus Anlass der Preisverleihung im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst eine Ausstellung mit Werken von Nevin Aladag. Zur Ausstellung im Hans-Thoma-Kunstmuseum erscheint eine Publikation. In der Bergündung der Jury heißt es: „In ihren Arbeiten sind es oftmals die Betrachtenden, die das Kunstwerk aktivieren, wodurch die Künstlerin ihr Publikum in ihre Kunst miteinbezieht und soziale Konstruktionen mit künstlerischen Ideen vereint.“ Aladags Szenarien seien „Gesamtergebnisse“, heißt es in der Jurybegründung weiter.
Ein Kreis schließt sich
Für den Sparda Kunstpreis Kubus erarbeitete Nevin Aladag 2015 die Videoarbeit „Traces“, und Aladag sagte „In diesem Video wird die Stadt zum Musiker: Es zeigt nicht nur die Struktur der Stadt, sondern auch Elemente wie eine Laterne auf der Königstraße oder ein Kinderkarussell, die unterschiedliche Musikinstrumente zum Schwingen und Klingen bringen und der Stadt somit eine experimentelle Stimme verleihen.“ Und bis heute klingt dies nach: „Es ging mir um Orte, an denen ich mich früher als Jugendliche selbst aufgehalten habe: die Königstraße, die Weinberge, der Schlossplatz, der Feuersee. Sie waren mir wie ein zweites Zuhause. Die roten Schaukelpferde auf der Königstraße sind mir aus den 1980er Jahren in Erinnerung geblieben.“ Von den Schaukelpferden auf der Königstraße in die große Kunstwelt – dieser Kreis schließt sich für Nevin Aladag mit dem Landespreis für Bildende Kunst 2025.