Was geschah am . . . 21. März 1975?

Vor 50 Jahren wurde die Monarchie in Äthiopien abgeschafft

Vor rund 3000 Jahren soll Menelik I., Sohn von König Salomon und der Königin von Saba, den Grundstein für das spätere äthiopische Kaiserreich gelegt haben. Ein glanzvoller Auftakt. Das Ende unter Haile Selassie I. dagegen verlief schmählich.

Äthiopiens letzter Kaiser Haile Selassie I.

© Imago/ZumaPress

Äthiopiens letzter Kaiser Haile Selassie I.

Von Markus Brauer/KNA

Es ist eine Revolution in Raten, die sich ab Anfang 1974 in Äthiopien vollzieht. Am 21. März 1975 wird das letzte Kapitel aufgeschlagen. Medien berichten, dass die linksgerichtete Militärregierung die Gründung einer sozialistischen Republik vorbereite und die Monarchie abschaffen wolle. Damit endet die Geschichte der ältesten Regierungsinstitution der Welt.

Als deren Ahnherr galt Menelik I.. Der Sohn von König Salomon und der Königin von Saba – beides biblische Gestalten – soll vor 3000 Jahren den Grundstein für das spätere äthiopische Kaiserhaus gelegt haben. Dem am nächsten kommen noch die japanischen Tennos, die seit dem siebten Jahrhundert v. Chr. auf dem Chrysanthemen-Thron sitzen. Im Vergleich dazu wirkt der Kirchenstaat als Vorläufer des Vatikans wie ein Jungspund. Er nahm mit der auf 756 n. Chr. datierten Pippinschen Schenkung Konturen an.

Der „Auserwählte Gottes“ steckt in der Klemme

Haile Selassie I. wurde Mitte der 1970er-Jahre die zweifelhafte Ehre zuteil, der letzte in der langen Reihe der äthiopischen Kaiser zu sein. Faktisch befand sich der „Auserwählte Gottes“ schon länger auf dem absteigenden Ast.

„Der Kaiser hatte sich selbst überlebt“, urteilt dessen Großneffe Asfa-Wossen Asserate rückblickend. Zwar habe der Monarch zusammen mit anderen Äthiopien „aus dem tiefsten Mittelalter direkt ins 20. Jahrhundert gepusht“. Doch nach ersten Unruhen Anfang der 1960er-Jahre ignoriert er Rufe aus seinem Umfeld, einen Wandel hin zu Demokratie und zu einer gerechteren Verteilung von Land einzuleiten.

Defekte Wasserpumpe bringt das Fass zum Überlaufen

Es gärt schon länger in Äthiopien, als der Ausfall einer Wasserpumpe in Negele Borane, an der Grenze zu Kenia, im Januar 1974 das Fass zum Überlaufen bringt, wie Asserate in seiner Biografie „Der letzte Kaiser von Afrika“ schreibt.

„Die Offiziere der dort stationierten Einheit der Vierten Division verboten den durstigen Soldaten, sich aus dem Offiziersbrunnen zu bedienen. Die Soldaten rebellierten und setzten ihre Offiziere gefangen.“ Nach und nach übernahmen aufständische Militärs das Heft des Handelns. „Der Kaiser protestierte nicht, er schwieg“, schreibt Asserate.

Fernsehabend unter Zwang

Am 11. September 1974 sorgt die TV-Dokumentation des britischen Journalisten Jonathan Dimbleby über eine Hungerkatastrophe in dem nordostafrikanischen Land weltweit für Furore. Meuternde Soldaten zwingen den Kaiser, sich den Film anzusehen. Tags darauf wird der 82-Jährige in die Palastbibliothek geführt, wo ihm ein Offizier eine Proklamation vorliest.

Haile Selassie habe „die Autorität, die Würde und die Ehre des Throns für seine persönlichen Ziele missbraucht“, heißt es darin. „In der Folge herrschten in unserem Land Armut und Verfall. Nun ist der Monarch in ein Alter gekommen, in dem er nicht mehr in der Lage ist, seine Amtsgeschäfte auszuführen. Deshalb wird Seine Majestät, Haile Selassie I., mit sofortiger Wirkung des Amtes enthoben und durch eine provisorische Militärregierung ersetzt.“

Der erste Gast der „Bonner Republik“

Als der Kaiser auf dem Zenit seiner Macht stand, genoss er auch im Ausland höchstes Ansehen. Gern schmückte man sich mit dem späteren Mitbegründer der Organisation für Afrikanische Einheit – heute: Afrikanische Union – und Regierungschef einer der ältesten Nationen Afrikas.

Das zeigte sich beispielsweise am 8. November 1954, als Haile Selassie der noch jungen und vom Zweiten Weltkrieg gezeichneten „Bonner Republik“ als erster Staatsgast seine Aufwartung machte.

Tod durch fremde Hand

Das Ende der Monarchie überlebt der abgesetzte Kaiser nur um wenige Monate. Am 27. August 1975 stirbt der „erhabene Wohltäter“, vermutlich durch fremde Hand, im Alter von 83 Jahren. In den Folgejahren etabliert Mengistu Haile Mariam eine sozialistische Diktatur, die bis 1991 für Hunderttausende Äthiopier Tod und Terror bringen sollte.

Ein bizarres Nachleben beschert dem Kaiser eine religiöse Bewegung auf den karibischen Inseln. Die vor allem durch die Reggae-Musik bekannt gewordenen „Rastafari“ leiten ihre Bezeichnung vom ursprünglichen Namen und Titel des letzten äthiopischen Kaisers ab. Der Sohn eines kaiserlichen Gouverneurs („Ras“) war am 23. Juli 1892 als Tafari Makonnen zur Welt gekommen.

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Erstellt:
19. März 2025, 19:24 Uhr

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